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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 1.1890

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Pabst, Arthur: Aus dem Kunstgewerbemuseum zu Köln, [1]: Gotische Holzschnitzereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.3941#0146

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AUS DEM KUNSTGEWERBEMUSEUM ZU KÖLN.

der Natur zu schöpfen und ihre Formen zu Zier-
formen umzugestalten steht er unerreicht da. Die
halb stilisirten, halb naturalistischen Formen, lebendig
gezeichnet und meisterlich in flachem Reliefe gehalten
kamen in Holz weit besser zur Geltung als in Stein.
Die Formen der heimischen Flora: Distel, Rose,
Hopfen, Wein etc. geben dem gotischen Holzreliefe
einen besondern Reiz; ihre geschickte Verbindung
mit Wappen, Fabelwesen und vorzügliche Einpassung
in gegebene Felder machen sie zu bleibend muster-
gültigen Vorbildern, — auch für Nicht-Gotiker. .

Eine zweite Gruppe bilden die Füllbretter mit
dem eigentümlichen Ornament, von denen die Tafel
bezeichnende Beispiele gibt. Breite Bänder mit
profilirten Rändern, innen öfter mit Rosetten und
Blättern besetzt, gliedern das Füllbrett durch grosse
oder sich schneidende kleine Kreise oder Halbkreise,
Parallelstreifen, die oben und unten symmetrisch nach
aussen ausbiegen oder in ähnlicher Weise geord-
net; der Grund ist im übrigen mit stilisierten Blumen
und Blattwerk gefüllt. Was bedeutet dies Ornament?
Wo kommt es her? Es kommt scheinbar nur am
Niederrhein in Westfalen vor, häufig in Täfelungen,
grossen Gestühlen, Schränken, und wird heute wie
ich glaube, ganz willkürlich als „Bockkornornament"
bezeichnet.

Ebenso dunkel wie die Herkunft dieses Orna-
ments ist die der bekannten als Pergamentrollen
bezeichneten Füllungen, die uns ausser am Nieder-
rhein auch in Frankreich begegnen. Lichtwarks Er-
klärung, dies Ornament sei „die Bewegung der
Fläche in so allgemeiner Form wie die Spirale die
der Linie", scheint das Richtige zu treffen, ohne
dass dadurch Licht in die Herkunft dieser Zierform
käme. Die Mannigfaltigkeit in der Ausbildung der
sogenannten Pergamentrollen ist bei genauer Be-
trachtung überraschend gross, namentlich haben die
freien Endigungen nach oben und unten eine reiche
Ausgestaltung erfahren.

Alle die Gruppen gotischer Schnitzerei sind in
reicher Zahl und ausgesuchter Qualität im Kölner
Kunstgewerbemuseum wie nur an wenig anderen
Stellen vertreten. Das Streben, diese kostbare Samm-
lung möglichst nutzbar zu machen, legte den Ge-
danken einer Veröffentlichung der wichtigsten Stücke
nahe. Dieselbe in Lichtdrucken von Anselm Schmitz
hergestellt, wird in zwei Heften zu je 12 Tafeln er-
scheinen; das erste Heft wird in kurzer Zeit zur
Ausgabe gelangen. Die Autotypien dieses Heftes
sind nach Probedrucken der Publikation hergestellt.

Gestühlwanga mit aem Kölner Wappen. Köln 1520.
 
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