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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,3.1910

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Heft 15 (1. Maiheft 1910)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9021#0235
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Stadt Ostfrieslands, nur die Moor-
kolonie Neupfalzdorf liegt noch
höher, und von dieser erhält sie ihr
Wasser durch den sogenannten
Moorkanal. Der speist ihre Stadt-
gräben, und je nachdem diese ge-
speist werden sollen, wird an be-
stimmter Stelle ein Wehr geöffnet
oder geschlossen. Macht man es auf,
so fließt das Wasser gerade in die
Ee, läßt man es zu, so geht es in die
Stadtgräben. Wer irgendwie ostfrie-
sische odcr holländische Städte solcher
Anlage kennt, der weiß, wie wich-
tig für das ganze Stadtbild die
Stadtgräben sind. In Aurich wird
die Stadt von ihnen umfaßt, und
was sie überhaupt von Schönheit
hat, das bringen sie. Nun ge°
schieht folgendes: man gibt dcn
Stadtgräben nicht genug Wasser,
reinigt sie auch nicht ordcntlich,
erhebt darauf eine Klage, daß sie
übel röchen und häßlich seien,
schließt aber daraus nicht etwa:
also müssen sie mehr gereinigt und
besser bewässert werden (obglcich
man sie ebenso gut wie früher
leichtest bcwässern könnte), sondern:
die Gräben müssen zugeschüttet wer-
den. Ob wieder, wie gewöhnlich
in solchen Fällen, Spekulanten
dahinterstecken, wissen wir nicht.
Latsache ist: die Gräben werden
beseitigt. Und zwar: nach dem
Prinzip, nach dem man dem Hunde
den Schwanz zur Milderung des
Abergangszustandes zollweise ab-
schneidet: sie werden allmählich ver-
ringert und eingepoldert und stück-
weise zugeschüttet. Nun vor den
Augen und mit Zustimmung
derRegicrung. Denn die Stadt
Aurich ist urkundlich ver-
pflichtet, an den Gräben nichts
zu ändern ohnc Zustimmung der
Regierung.

Für Lüdenscheid hat ein wohl-
meinender Geheimrat einen Brun-
nen gestiftet. Er soll „in vier

Reliefmedaillons die Eigenart des
sauerländischen Völkchens darstel-
len". Wie wird er nach des Erb-
lassers Tode heimatgerecht ausge-
führt? Gemacht wird er in Italien.

In Würzburg will man die
allbekannten Brückenheiligen auf
der alten Mainbrücke „durch freie
Kopien ersetzen", die aber „nach
Möglichkeit den Schwung der alten
Gestalten zu bewahren haben". Also
wird man auf Sockel mit Wappen
berühmter Fürstbischöfe Werke mo-
derner Kunst stellen — freilich
solcher, auf welche die kürzlich von
Cornelius Gurlitt an dieser Stelle
gegebene Charakteristik zutreffen
wird. Vgl. Kw. XXIII, (2: „Vom
Kunstsinn".

In Osnabrück gab es unter
andern eine besonders schöne alte
Mauer, die am Barfüßerkloster
mit ihrem zerfallenen Portal und
ihrer mit Sträuchern geschmückten
Krönung. Wie viele Maler- und
Künstleraugen mag sie außer denen
des Schreibers dieser Zeilen schon
erfreut haben, dem sie samt seinen
Neisegenossen wie eines der fein-
sten Bilder Osnabrücks erschien! Es
war eine rechte Lionardo da Vinci-
mauer, „um Bilder auf ihr zu
sehn". Ach, sie war's. Denn es
erschien vom Magistrat eine Ver-
fügung: sie böte „durch die
schmutzig gewordcnen Steine
einen unschönen Anblick", des-
halb (also nicht etwa aus Grün-
den der Sicherheit) sei ihre „Ab-
deckung" „auszubessern", die Mauer
selbst aber „abzuwaschen und aus-
zufugen". Widrigenfalls usw. Also
arbeiteten die Fachleute mit Ze-
ment und Lineal, um sie mit (50
Mark Kosten künstlich zu verhäß-
lichen — weil leider die maßgeben-
den herren keine Augen hatten, um
zu sehn.

In Tübingen ist das Ahland»
Haus zu verkaufen, in dem Ahland

(. Maiheft (9(0 20(
 
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