Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,3.1910

DOI issue:
Heft 16 (2. Maiheft 1910)
DOI article:
Unsre Bilder und Noten
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9021#0328
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
würde er beim Vergleich im einzelnen wohl nur an den Unterschieden
haften bleiben. Die Friesenkultnr, die an dcr Nordsecküste im Holländischen
beginnt und bis ins Dänische hinerngeht, ist trotz allerlei Zusammenhängen
eine Sache für sich, und sie hat zudem in ihren noch erhaltenen Formen
eine Menge von dem aufgefischt, was mit den Zeiten draujzen vorüber--
schwamm: Renaissance, Barock, Rokoko, Empire ließen wie bei mancher
andern Volkskunst so auch bei dieser ein und das andre zurück, was uns
Heutigen nun an diesem Straude von den Dingen in Mitteleuropa zeugt.
Trotzdem gibt es von Ostfriesland bis zur nördlichsten Spitze Europas nur
noch ein Wandeln, kein Abreißen mehr, kein Einsetzen vou Andersart.

Und wer die skandinavische Landschaft kennt, wird finden, daß Karl
Ernst Morgensterns schönes Bild aus dem Riesengebirge ebcnsowohl
irgendwoher aus Norwegen stammen könnte. Die Bergpflanzen, die mit
ganz verwandten Formen gleichsam „Sprünge machen" von den Alpen
zur Sudetenkette und wieder zum Nordland, wissen, sozusagen, warum.
Morgensterns Bild empfehlen wir übrigens aufmerksamer Betrachtuug nicht
nur, weil die Reproduktion weich und kräftig gelungen ist. Das stille
Schattenreich vorn, aus dem der See blinkt, die lichten schneeigeu Höhen im
Hintergrund droben, das schafft eine der oft wiederkehrenden Schönheiten
in unsern Gebirgsländern, die man erst recht genießt, wenn man einmal
ihrer bewußt geworden ist. So kann ein Kunstwerk zum Genuß von
hundert Naturbildern gleichsam der Erwecker werdcn.

Auch das graphische Blatt nach Otto Ubbelohdc gibt, was in
einem Björnson-Hefte kaum stören wird. Dem landschaftlicheu Motiv
nach so gut nordländisch wie mitteleuropäisch und auch wohl italienisch,
ist das kleine Werk dem gestaltenden Gefühle nach heroisch. Einfach
gesehn, auf das Große gesehn, auf das Epischc gesehn. Der Wind,
der die Bäume bewegt und die Vögel trägt, führt seine Linien zunächst durch
den Himmel, aber das Streben von rechts nach links geht mit den Linien
und Formen durchs ganze Bild. Geht auch durch dieses Gelagerte da,
daß uns die uraltcn Steine fast zu gefalleuen Recken werden, denen das
Sausen droben in ihren ewigen Schlaf von grauer Vorzeit singen mag.
Rein als Zeichnung ist das Blatt in der Gehaltenheit und Gemessenheit
der gauz beherrschten Kunstmittel überaus vornehm. A

Die acht Gartenbilder unsrer Beilage sind dem Bande meiner
„Kulturarbciten" entnommen, der unter dem Titel „ergänzende Bilder zu
Band 2" vom Kunstwart herausgegeben worden ist und von dem uächstcns
eine neue, um zwanzig Bilder vermehrte Auflage erscheincn wird. Bei
den Vorarbeiten zu diesen Büchern mußten manche Studien und Auf--
nahmen entstehen, die in den Tcxtbänden keine Vcrwcndung finden konnteu,
da diese Bände nicht mehr Bilder enthalten durften, als der Text not-
wendig machte. Da die so entstandenen Bilder aber ein umfangreiches
Anschauungsmaterial darstellen, das wohl geeignet scheint, den Wert
guter einfacher Gestaltuugen von neuem erkennen zu lehren, so eutschlossen
wir uns, zu jedem der Textbände einen oder mehrere ergänzende
Bilderbäikde herauszugeben.

Was vom Prinzipiellen zu den Bildern gesagt werden muß, ist im
Textbande gesagt worden, so daß es hier nur eine Wiederholung be--
deuten würde. Es genügt deswegen, wenn ich kurz einigc Bemerkungen
an die hier gezeigten Bilder anknüpfe. Die Bilder des Buches zeigen

278 Kunstwart XXIII, s6
 
Annotationen