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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 9 (1. Februarheft 1911)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0217
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ökonomie. Selbstverständlich läßt eine so strenge Sichtung des übcr-
reichen Materials anch Sympathien unü Antipathien Richard Dehmels
durchspüren. Vielleicht auch hierin: in dem Friedrichs-Band sind über
den Kunstwart und scinen Heransgebcr mehrere äußerst dankbar-begeisterte
Außerungen wiedergegeben, bei Dehmel bestimnien den Ton ein paar feind-
selige Worte aus einer Epoche dcr Verärgerung.* Anüerseits macht es sich

* Dehmel gibt von den lobenden Briefstellen Liliencrons über mich
nur eine wieder: „Ich gestatte mir, Ihnen nächstcns einmal zahlreiche
Nummern des prächtigen Kunstwarts zn senden. Sie werden mit Begeiste-
rung manches darin lesen. Avenarius trifft, wenigstens mir konform,
vieles auf den Kopf. Er hat den Mut seiner Äberzeugung." Später heißt es,
ich hätte Falken auf irgend etwas „lümmelhaft" geantwortet. Falke er°
klärt jetzt auf meine Anfrage: „Ieder, auch Ihre Feinde, wissen, daß Sie
»lümmelhafte« Briefe nicht schreiben", das sei eben so Gepolter gewesen.
Bei Dehmel sagt Liliencron dann: warum schrieb Falke auch an mich, er
wußte doch, daß ich zn „dieser verdammten Sanfte-Heinrich-Vande" gehöre.
Woraus zu ersehen, daß ich ein lümmelhafter sanfter Heinrich war —
immerhin was Rares. Dann schreibt Liliencron zu dcr Nord und Süd-
Geschichte an Dehmel: „So sah ich auch, solang ich ihn kenne (persönlich hab
ich ihn nie gesehn), Herrn A. bis auf dcn Grund seiner Seele. Und wußte,
daß er einmal seine innigste Feindschaft gegen mich loslassen würde. Er
wartete nur auf die Gelegcnheit. Was hältst Dn von A's Satz: »Daß Det-
lev von Liliencron nach diesen Mitteilungen die Herausgeberschaft dieses
Iahresberichts niederlegen wird, bezweifle ich keinen Augenblick.« Wenn Du
kannst, gib mir schon heut nachmittag Nachricht." Das war also auf
die Enthüllung des Kunstwarts über die skandalösen Vorgänge, für die
sich die damaligen Verleger von „Nord und Süd" Liliencrons gutes
Namensschild als Deckung weiter mieten wollten. In der fünften von
Dehmel zitierten Stelle gegen mich grollt es aber noch nach: „Ich verlor
im Mai d. I. (000 Mark für dcn Katalog von Nord und Süd, weil
Av. dagegen war."

So also sieht das Kapitelchen: „Liliencron über Avcnarius" bei
Dehmel aus. Und wie war unser Verhältnis? Als mir, dem da-
maligen Neferenten der „Tägl. Rundschau", die „Adjutantenritte" als
Buch eines vollkommen Unbekanntcn auf den Tisch kamen, schrieb ich
unverzüglich einen Aufsatz, der begeistert für den neuen Mann warb,
also natürlich als einer unter den ersten. Liliencron war das so wichtig,
daß er allcin in den abgedruckten Briefen an Friedrichs diese Besprechung
nicht weniger als fünfmal erwähnt. Einem überschwänglichen Dank
folgten dann von ihm an mich mehr Briefe, als ich, der ich schon damals
ziemlich viel zu tun hatte, beantworten konnte, oft drei und vier mehrere
Foliobogen große wöchentlich. Sie sind bis auf wenige entweder bei
einem Umbau, der sich, während ich verreist war, in meiner Wohnung
notwendig machte, oder durch eincn auf Autographen fahndenden Haus-
dieb abhanden gekommen — aber auch in den wenigen erhaltenen spricht
Liliencron über mich als Menschen wie als Dichter in einer Weise, die
mir das Zitieren genau aus dem Grunde peinlich machen würde, aus dem
Dehmcl das Zitieren aus den Briefen an ihn pcinlich war: dcr Liliencron-
schen Äberschwänglichkeit wegen. Sehn wir uns also nach ruhigcren Zeug-

(70 Kunstwart XXIV, 9
 
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