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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 9 (1. Februarheft 1911)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0264
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Unternehmungen hängt es dann in
erheblichem Umfange ab, nach wel»
cher Richtung sie diesen ihnen ge-
lassenen Spielraum ausnutzen
wollen.

Das vorauszuschicken schien mir
unerläßlich, denn nur auf diesem
Hintergrunde bekommen die Ergeb-
nisse der Dresdner Untersuchung
das rechte. Kolorit. Natürlich be-
zogen die Fragen sich zumeist auf
die Vcrhältnisse innerhalb dcr Pro-
duktion, und wie es um den Be°
darf bestellt ist, das kommt nur
als Reflex in die Antworten hin-
ein. Dabei ist nun bemerkens-
wert, daß sämtliche Befragten
das geringe Verständnis der Käu-
fer oder Besteller für gute und
solide Erzeugnisse beklagen. Es
fehle die Sicherheit des Geschmacks,
man wisse den Wert individuell
gestaltcter Handarbeit gegenüber
maschincll hcrgestelltcr Massenware
nicht zu würdigcn, das Billige,
wenn auch Gcringwertige wcrde
bevorzugt, es solle aber äußer-
lich „nach etwas aussehcn" — na-
mentlich die Frauen seicn da
schlimm. Ohne Sinn und Notwen-
digkeit frage das Publikum nach
dem Neuestcn, auch habe es noch
immer eine Schwäche für aus-
ländische Erzeugnisse. Und in
den wohlhabcndern Kreisen gebe
man wohl unverhältnismäßig
große Summen für Antiquitäten
von zweifelhafter Echtheit aus, öffnc
den Gcldbeutel aber nur spärlich,
wenn es gälte, etwas Ncues anzu-
schaffcn. Um diese Außerungcn in
der richtigcn Weise abschätzen zu
können, müßte man allcrdings weit
genauer orientiert sein über die
Art der Bctriebe, von dcnen sie
herrührcn. Daß das Material dcr
Sächsischen Landesstelle darüber
nichts enthält, ist ein empfind-
licher Mangel, den ich schon in
meinen früheren Betrachtungen her-

vorhob. Immerhin läßt die Aber-
einstimmung der Klagen darauf
schließen, daß, was auch andre Be°
obachtungen bestätigen, uns Kon-
sumentenerziehung noch mindestens
ebenso not tut,, wie Produzentener»
ziehung. Was nach dieser Rich-
tung hin vorgeschlagen wird, ist
wohl gut und brauchbar: auf-
klärende Flugschriften mit Beispiel
und Gegenbeispiel, Vorträge, Be-
einflussung der heranwachsenden
Generation in den Schulen, gut
gesichtete Ausstellungcn, vorbild-
liche Leistungen bei Staatsbauten,
Aufklärung durch den Kleinhandel.
Dann: der Kunsthandwerker und
Industrielle muß auch unter
schwierigen Verhältnissen an der
soliden geschmackvollen Arbcit fest-
halten.

Wenn der Gewerbetreibcnde das
tun soll, dann hat er sich aber
nicht nur gegenüber den Wider-
ständen durchzusetzen, die von
außen, von seiten des Konsums
ihm in den Weg treten, er hat
auch innerhalb seiner Betriebe
allerhand Reibungen zu überwin-
den. Damit kommen wir zu den
Fragen, die im Mittelpunkt der
Lrhebung stehen.

Iohannes Buschmann
_ (Schluß folgt)_

Arbeiterbildung und Par>
tei

urch die bisher erschienenen
Selbstzeugnisse aus dem „vier-
ten Stande", auch durch die Bilder
dcr Arbeiterdilettanten, von denen
der Kunstwart einige gezeigt hat
(Kw. XXIII, (2) und noch mehr
zeigen wird, ist auch für die Ferner-
stehenden bestätigt worden, was An-
befangene längst beobachteten und
auch Angehörige der sozialdemo-
kratischen Partei selbst ausgespro-
chen: weite Kreise unsrer Arbeiter-
schaft beherrscht ein starkes Gefühl

^ (. Februarheft (M 2(7

Gesellschaft
 
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