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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,1.1928-1929

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Heft 3 (Dezemberheft 1928)
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Bücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.8885#0251

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hundert gelangte die Malerei, die Ja-
pans Hanptknnst ist, anf ihren Höhe-
punkt. Jn mehr als Bildern tnt
sich eine großartige Märchenwelt anf,
die rn Jndien fast verwirrend wirkt, dvch
köstlichste Feinheiken zeigt; bewnnöe-
rungswürdig sind die chinesischen Wand-
bilder in Farbe und Zeichnung, von stil-
ler Erhabenheit ist die buddhistische Pla-
stik, verblüffend der japanische Jmpres-
sivnismuS — allenthalben ein weltberühm-
tes Kunstgewerbe in Gefäßen und Ge-
räten, Schnitzereien, Flechtereien, Webe-
reien und Metallarbeiten. Ebenso hoch
wie dieser Band stehen die beiden fol-
genden.

Rodenwaldt gibt „D ie Kunst der
Antike" in klaren Darstellungen ägäi-
scher, griechischer, ewuskischer und römi-
scher Kunst mit vielfach eigenen Anschau-
ungen, die aber teilweise umstritten find.
Leider wird einer Wertung der etruskk-
schen Kunst ausgewichen. Die Bildaus-
wahl erstrebte das Wesentliche in Stich-
proben und charakterisiert es mit Liebe
und feinem Verständnis. Sehr dankens-
wert ist, daß für die Plastik hervor-
ragende Stücke in mehrseitigen Auf-
nahmen gezeigt werden.

Ebenso ausgezeichnet ist die „Kunst des
Orients", der ägyptischen und baby-
lonisch-assyrischen Kunst, durch Schäfer
und Andrä. Namentlich die erstere
Kunst steht uns heute nahe und wird
von einem anerkannten Forscher muster-
gültig gewürdigt. Die bisher dem Laien
kaum zugängliche babylonisch-assyrische
Kunst ist im Text zu knapp gehalten,
weil jener für die ägyptifche Kunst den
verfügbaren Naum allzu sehr in An-
spruch genommen, aber dafür entschädi-
gen uns anßerordentlich interessante und
vielseitige Abbildungen. Das Werk ist
auch für Lehrzwecke höchst brauchbar.

Die „Architektur der deutschen
Renaissanc e", in den Loer und goer
Iahren deS vorigen JahrhundertS als
die „Kunst unserer Väter" hoch geprie-
sen und nachgeahmt, hat seit einer Ge-
neration immer mehr an Wertschätzung
verloren. Seitdem gar Wölfflin, bei
aller Anerkennung ihrer Eigenart, sie
im wesentlichen an der italienischen Kunst
doch zu einseitig beurteilte, hält sich
jeder Kunsthistoriker dritten Grades für
verpflichtet, hier die Nase zu rümpfen.
So ist es ein Verdienst um den deut-
schen Baugeist des 16. Jahrhunderts,

wie um die künstlerische Würdigung die-
ses StileS überhaupt, daß der Marbur-
ger Historiker C. Horst (Propyläen-Ver-
lag) in einer durchaus selbständigen, groß
angelegten, tief bohrenden Untersuchung
uns eine neue, vbjektivere und gründ-
lichere Einstellung über die deutsche Re-
naissancekunst vermittelt. Kirchen- und
Profanbau, private und öffentliche Bau-
werke wie das Städtebauliche werden
anschaulich geschildert; mit dem Geschicht-
lichen verbindet sich eine sachlich-künst-
lerische Emführung. Die hervorragend
schönen Abbildungen verblüsfen geradezu
in ihrer Auswahl und erwecken eine leise
Beschämung, daß wir dergleichen bisher
so wenig geschätzt. — Jn diesem Zu-
sammenhang möchte ich einer vortrcff-
lichen Schilderung der stadt- und kunst-
geschichtlichen Sä)icksale Hildesheims
von K. Steinacher (Deutsche Ver-
lagsanstalt) gedenken. Schade, daß nur
ein paar Grundrisse beigegeben.

Ein gehaltreiches Bilderbuch, dessen Text
über das Geschichtliche hinaus einiger
Winkc künstlerischer Art bedürfte, ist
der billige Band „V orgotischeMi-
niaturen" aus den „Blauen Büchern".
Heute versteht auch der kunstinteressierte
Laie, daß in diesen wirklichkeitsfernen
Darstellungen Kraft und Wucht der inne-
ren Anschauung, wie tief religiöses Er-
leben wirksam werden. Aus fünf Jahr-
hunderten hochstehender Buchmalerei sind
uns hier 66 Proben geboten.

Wilhelm Worringer, der immer
kampfbereite Problemjäger, der hiebei
keineswegs immer sehr erfolggekrönt ist,
überrascht uns schon wieder durch ein neues
Werk: „Griechentum und G o t i k"
(PiperL Co., München). Jch habe noch
keine Arbeit dieses geistreichen Autors
ohne starken inneren Widerspruch und
Bedenken zu lesen vermocht. DieSmal
aber hat er mich durch die faszinierendeArt
seiner Darbietung und die Beziehungen,
die er zn finden weiß — stark im Banu
von Strzygowöki—, so mitgerissen, daß
ich noch kein Endurteil wage. Es wird
der an sich bekannten Tatsache vom
Nachwirken des Byzantinismus in einem
weiten und eindringlichen Sinn nachge-
gangen, um so die These zu erweisen:
Gotik ist christianisierter Gräcismuö —
vielfach aufgezeigt an französischer
Plastik. Auch auf andere Gebiete fällt
bedeutsameö Licht. Mir scheint vieles
plausibel; sehr sympathisch ist mir die

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