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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,1.1928-1929

DOI Heft:
Heft 4 (Januarheft 1929)
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Pechmann, Alice von: Die Frau und die moderne Wohnung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8885#0296

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Berater sein. Mag, wie einige kritische Beurkeiler meinen, die allzu ratio-
nalisierte Kleinküche neue Schwierigkeiten bringen — und sicher ist das der
Fall, wo kleine Kinder zu beaussichtigen sind und von der Küche aus nichk gut
ein daneben liegender Raum überwachk werden kann —, so ist doch jeder Ver-
such, die bisherige Küchenwirtschast rationeller zu geslalken, mik Dank zu
begrüßen. Die sleks wachsende Zahl der Frauen, die ihr Heim neben der
Berussarbeil bewirtschaflen müssen, sordert eine Haushaltsührung, bei der
mit dem kleinslen Aufwand an Kraft und Zeit die lebensnotwendigen Wirt-
schaftsbedürsnisse des Haushalts befriedigt werden können.

Die Lüchtige Hausfrau der guten alten Zeit hatte noch keine Ahnung von
dem täglich wiederkehrenden Frondienfl, zu dem der Staub und der Schmutz
der Großflädke und mehr noch der Znduflriezentren heute Legionen von
Frauen zwingen. Iede Möglichkeit einer leichteren und vollkommeneren Rein-
haltung der Wohnung durch zweckentsprechendere Einrichtnng, durch tech-
nische und gesundheitliche Vcrbesserungen muß bei der Planung und Ein-
richtung des Hauses an erster Stelle berücksichtigt werden. Denn sie ver-
mindern den Aufwand für Krankenpflege und Fürsorge und sparen der Nck-
tion schwerwiegende Ausgaben. Jn Amerika, wo die Dienstboken schwer zu
haben sind und bei den hohen Arbeikslöhnen sehr teuer zu slehen kommcn,
stellt man für technifche Einrichtungen eine für unsere Begrisfe ungewöhnlich
hohe Summe beim Hausbau ein. Nach einer Berechnung vom Iahre 1920
betrugen die Koflen für Grund und Boden und maschinelle Einrichtungen
fast die Hälfte der gesamten Kosten beim einfachen Wohnhaus, bei Miets-
kasernen, Bürohäusern und Fabriken fallen sie noch weit flärker ins Gewicht.
Das wirkliche Leben soll immer gefragt werden bei jedem Problem dcr Form-
gestaltung. Der Kampf um das flache Dach z. B. als formales Prinzip
mag die Frau weniger inkeressieren. Aber sicher wird die Frage nach der
Benuhung dieses flachen Daches als Dachgarten ihr von allergrößker Be-
deutung scin: freie Luft, Licht und Sonne für sich und die Kindcr. Die
herrliche Möglichkeit eines Sonnenbades, die wird sie würdigen. Wie das
Haus, so soll auch der Gartcn den Erfordernisscn des Lebens dienen. Er muß
so angelegt sein, daß seinc Pflege nichk alle Krafk raubk, ihn zu genießen.
Auch hier wird der Wunsch nach Repräsentation, der so viele deutsche Vil-
lengärten ihres ganzen Zaubers cnLkleidek, sich dem Wunsch nach Lebensraum
unterordnen müssen. Der Garten des kleinen englischen Klein- und Rcihen-
hauses isl eine vorbildliche Lösung für das dortige Klima. Für deutsche
Bedürfnisse hak sich ein Typus noch nicht herausgebildet, auch nichk für
dic einzeluen Landflriche. Auch die letzten vielbesprochenen experimenkellen
Ausstellungen haben dcm Garten, der Gartengestaltung nichk die Beachkung
gcschcnkt, die er verdienke, und diese Aufgabe einer Lösung noch nichk näher-
geführt.

Die Inneneinrichtung des Hau,es ,oll uns zu einer schöneren Lebens-
form führcn. Edle Verhälknisse sind wichtiger als reicher Schmuck. Da, wo
Raum und Mittel knapp sind, bedarf es besonders großer Zucht; Schlichtheik
und Ordnung müssen herrfchen. Die Befreiung der Wohnung von allem
Lebensballasl isl das crste Gebok. Nakürlich springcn da gleich Konflikte
auf; AnhänglichkeiL an Erlcbtes, Pietäk und Liebe zum Besih ftchen dem
 
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