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Kunstwart und Kulturwart — 27,3.1914

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Heft 17 (1. Juniheft 1914)
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Sprechsaal
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14289#0373

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lautesten jene an sich durchaus berechtigte Forderung erheben, an> daß
sie es waren, die dem Wandervogel zuerst Tendenzen aufzuzwingen ver-
suchten. Die Frankfurter Erklärung ist im Grunde nichts, als die gesunde
Abwehr dagegen.

Direktor Or. N e u e n d o r f f - Mülheim a. d. Nuhr,
Bundeslöiter des Wandervogels L. V.

Lose Blätter

Airs Kutters Schristen

^Von tzermann Kutter, Pfarrer am Neumünster in Zürich, erschienen
im Verlag von Eugen Diederichs in Iena folgende Bücher: V02 „Das
Rnmittelbare. Eine Menschheitsfrage" (geheftet 6, gebunden 7,20 M.),
(90^ „Sie müssen! Lin offenes Wort an die christliche Gesellschaft" (geheftet
2,50, gebunden 3,50 M.), V05 „Gerechtigkeit. Ein altes Wort an die
moderne Christenheit^ (geheftet 2,50, gebunden 3,50 M.), (907 „Wir
Pfarrer!" (geheftet 2, gebunden 3 M.), (908 „Die Revolution des Christen-
tums" (geheftet 3, gebunden ^ M.). Die Titel lassen den Geist der Schriften
ahnen.

Die folgende Ausles-e bringt Stücke aus allen fünf Büchern in eigener
Reihenfolge. Sie sucht, ohne ein v 0 lles Bild der Kutterschen Gedanken-
und Willenswelt zu geben, dem Leser eine Empfindung von dem gewaltigen
Leben zu vermitteln, das da aus religiösen Tiefen quillt. Die tzaupt-
masse der mitgeteilten SLücke stammt aus den beiden jüngsten Büchern,
jenem, in dem Kutter seine Amtsgenossen zu neuen Aufgaben ruft, und
dem andern, in dem er von der weltenstürzenden Macht Gottes und der
echten Liebe redet. Der unvorbereitete Leser, aus welchem Lager er auch
immer komme, erhält, scheint mir, durch diese beiden Werke die beste
Einstellung auf das Ganze. Wer von der Philosophie oder überhaupt
von theoretischen Interessen herkommt, greift vielleicht am besten zuerst
zu dem „Rnmittelbaren", worin Kutter von den Abstraktionen zum wirk-
Lichen Leben leitet. Aber auch, wer die übrigen Bücher kennt und die
Gedanken Kutters daraus genauer verstehn will: wie er sie sich aus der
vorhandenen Gedankenwelt und vor allem gegen sie erarbeitet, kann das
erste Werk nicht ungelesen lassen. „Sie müssen!" ist dann das erste Buch
der sozialen Polemik, voll von Auseinandersetzungen mit den reichsdeutschen
christlich - sozialen Bestrebungen. Die Sozialdemokratie wird als eine
Bewegung im Dienste des Reiches Gottes angesehn — von Gott gegen ihr
eigenes Wissen und Wollen gezwungen und getrieben. Dem ersten An-
sturm auf die soziale tzalbheit und Lauheit folgte bald der zweite, um-
fassendere, der das „Leben der Gerechtigkeit" im paulinischen Sinne (nicht
im Sinne der üblichen Auslegung der Paulusbriefe) forderte. St.^

^Selbstanklage^

^rotz aller gegenteiligen Behauptungen unserer eingefleischten Kirchen-
-^politiker bleibt es eine furchtbar ernste Wahrheit, was man so oft hört:
Nehmet die Kirchen fort — die meisten werden es nicht einmal merken.
Wo Kirchen gestanden, da wächst nun Gras oder erheben sich Mietshäuser
und Wirtschaften, das ist alles. „Wir können" — so tönt diese leiden-

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