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Kunstwart und Kulturwart — 28,2.1915

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Heft 7 (1. Januarheft 1915)
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Stapel, Wilhelm: Nordschleswig und die Weltpolitik
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14419#0022

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Möglichkeit eines Zusamrnengehens der germanischen Staaten, halten wir
es für unerläßlich, daß er im richtigen Zusammenhang nnd in der richtigen
Weise behandelt wird. Was ist wertvoller sowohl für uns Deutsche wie
für die ganze Organisation der Welt: die äußerliche „Eindeutschung"
einiger Dausend Dänen, die sich doch nicht als Deutsche fühlen, sondern
als Gegner der Deutschen — oder ein germanisches Staatenbündnis?
Was erleidet das Deutsche Reich für Einbuße an seiner Macht und an
seinem Ansehn, wenn in ein paar Landkreisen seines Nordens dänische
Sprache und Kultur gedeihen? Ansre deutsche Kultur ist von dort her
ganz gewiß nicht bedroht. Im Gegenteil, wir haben alle Ursache, uns
einer blühenden dänischen Kultur zu freuen, gleichviel, ob sie soundso
viel Ouadratkilometer weit in deutsches Reichsgebiet hineingreift oder nicht.

Ietzt, wo wir den stärksten Mächten der Weltgeschichte erfolgreich Lrotzen,
könnte freilich in uns Deutschen wohl jenes englische Gefühl aufkommen:
wir sind stark genug, unsre Kultur zu schützen, mögen die andern blei-
ben, wo sie wollen. Aber wir wissen, daß wir Deutschen mit unsrer
Kultur nicht allein stehn, daß wir mit den andern germanischen Kulturen
zusammen erst ein rechtes Ganzes bilden und daß erst die gegen-
seitige Ergänzung und Befruchtung der germanischen Kulturen jene freie
und reiche tzöchstkultur zeitigen kann, die wir alle ersehnen.

Kein überlegender Däne kann daran denken, daß das Deutsche Reich Lan-
desteile jetzt an Dänemark abtrete. Ganz abgesehen davon, daß das im Aus-
lande jetzt als ein Preisgeben aus Schwäche oder Angst erscheinen müßte:
keine deutsche Regierung dürfte in irgendeine politische und militärische
Schwächung des Staates bei einer Weltlage willigen, die uns mit Rußlands,
Frankreichs und Englands tzeeren und Flotten bedroht. Eine politische
Abtretung nordschleswigscher Landesteile käme erst dann in Frage, wenn
sich etwa ein starker und bis ins lehte verbürgter militärischer Bund mit
Dänemark durchführen ließe. Der ist aber schon deshalb höchst unwahr-
scheinlich, weil er für Dänemark das Aufgeben seiner Äeutralität bedeuten
müßte. Doch brauchen wir Frieden in Nordschleswig. Wird aus der
Ferne die gemeinsame Germanenkultur bedroht, so ist das bedeutsamer, als
all die Belästigungen und Neibereien, die dem, der sie am eignen
Leibe spürt, viel wichtiger scheinen mögen. Wir Deutschen vor allem,
die doch die stärkeren sind, sollten ohne Aufrechnen und Bachrechnen das
Vergangene vom Tische streichen und dafür sorgen, daß nichts Unerquick-
liches wieder darauf kommt. ^m^ Wilhelm Stapel

Lose Blätter

Etwas von Kürnberger

^Klar und rund gab er, schon M8, die Parole aus: „Preußen i n
Deutschland und Ssterreich mit Deutschland!" „Vesiegt waren wir nur
auf dem Präsidentenstuhl zu Frankfurt am Main; seit wir auf diesem
unseligen Armensünderstuhle nicht mehr sitzen, ist unser Verhältnis zu
Deutschland erst rein, gesund und vernünftig geworden." Deutsches Aus-
land? Bittern Tones hat man, wenn es Brüdern um Kopf und Kragen
ging in diesem halben Iahrhundert, hüben und drüben das Wort ge-
prägt. Nun blieb in Österreich ein wenig verwunderte, halb grollende
innerlich fremde und fremdere Neugier, doch Liebe und Sehnsucht. „Öster-

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