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Kunstwart und Kulturwart — 28,2.1915

DOI Heft:
Heft 9 (1. Februarheft 1915)
DOI Artikel:
Düsel, Friedrich: Die Berliner Volksbühne im eignen Hause
DOI Artikel:
Zum Wiederaufbau Ostpreußens
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.14419#0117

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lingschaft herausgekehrt und eine unglückliche dramaturgische Bearbeitung,
die sich viel zu sehr von Goethes eigner übelberatener Theatergestaltung
beeinflussen ließ, der herrlich stürmenden Dichtung die Flügel gebrochen hätte.
Vielleicht auch muß fich Emil Lessing, der neugewonnene künstlerische Leiter
der Bühne, erst in die neuen Äufgaben hineinarbeiten, die sie von ihm
verlangt. Er kommt aus Brahms Reich, wo der „Fuhrmann tzenschel" und
die „Wildente" mehr galten als „Faust" und „Wallenstein"; aber er ist
jung und elastisch genug, um von einer neuen Zeit neue Weisen zu lernen.
Alles hängt von dem Spielplan ab, den sich diese Bühne, die verant-
wortungsvollste in ganz Berlin, schaffen wird. Das ist Sache des Vor-
standes und des Künstlerischen Ausschusses. In ihre tzände ist ein gut Teil
künstlerischer Volkserziehung gelegt. Mögen sie sich dessen bewußt bleiben!

Friedrich Düsel

Zum Wiederaufbau Oftpreußens

/sM^er Wiederaufbau der vom Feinde zerstörten Städte, Dörfer und
^DIGehöfte in Ostpreußen ist eine deutsche Kulturangelegenheit. Diese
klare Erkenntnis zieht sich durch die Fülle der zu der Frage laut
gewordenen Stimmen und gibt zugleich den Grundton der ersten behörd«
lichen Maßnahmen ab. Die große Zeit mußte dazu führen, daß die An-
schauungen in allen Lagern und unter den verschiedenartigsten Voraus-
setzungen auf diese großen einheitlichen Gedanken hinausliefen. Damit
wird von vornherein der großen Aufgabe von den Grundzügen bis fast
in die Linzelheiten jegliche willkürliche Auslegung genommen. Der sreie
Künstler und der Beamte werden ein Ziel vor Augen sehen. Iener wird
seine Phantasie ganz den durch die Verhältnisse gebotenen Leitgedanken
unterordnen. Dieser wird den Blick freier machen und mehr denn je eine
auf die besonderen Vorbedingungen gegründete Durchgeistigung der Arbeit
als ersten Grundsatz anerkennen.

Wir Deutschen haben so etwas noch nie erlebt, wie diese Friedensarbeit,
deren Vorbereitung schon mitten in den Krieg fällt. Doch haben wir von
uns selbst viel Kraft und Ginmütigkeit zu verlangen, um die Keime auch
weiter zu entwickeln und bei der Verwirklichung klar erkannter Möglich-
keiten nicht zu versagen.

Auf den in Aussicht genommenen behördlichen Maßnahmen
läßt sich aufbauen. Geplant sind: beschleunigte Durchsicht der kwstehenden
Bauordnungen, in gegebenen Fällen Linsetzen von Ortsstatuten, gleich-
mäßiges Einschränken der Stockwerkszahl, im Bedarfsfall Anwenden des
Amlegungsverfahrens und vereinheitlichtes Baustoffbeschaffen. Ferner wird
eine tzauptstelle für die ganze Organisation eingerichtet. Ihr sollen ein-
zelne bezirksweise oder nach Städten verteilte staatliche Berater unter-
geordnet sein. Für diese Beratungsstellen werden zu dem Zweck beurlaubte
Beamte und auch freie Architekten hinzugezogen werden, die beide auf
sogenannten Privatdienstvertrag für die nötige Anzahl von Iahren ver-
pflichtet werden.

Der Erfolg auch der besten Organisation hängt von der Wahl der
richtigen Persönlichkeiten ab. Da weht durch die ersten Vorarbeiten ein
frischer Zug. Man wird zu den Beratungsstellen in erster Linie jüngere,
doch schon fachlich und wirtschaftlich erprobte Kräfte hinzuziehen, die sich
jetzt die Sporen verdienen wollen. Die schöne Vaterlandsarbeit, die sie
 
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