Generalfeldmarschall von Hin--
denburg: „Die Manneszucht ist
das Resultat des Geistes und der
Moral, der Alkohol zerstört sie."
General von Bissing: „Wer
unsern Truppen Alkohol verabreicht,
schädigt die Interessen der Allge-
meinheit und versündigt sich an
unserm Vaterlande."
Nun haben so ziemlich alle ge«
sprocheN) die hier aus weiter Äber-
schau mitreden können. Das Rrteil
kann einstimmig gefälltwerden. 5m^>
Freiheit
o eines Sinnes, wie in den Tri-
umphliedern von unsrer Wieder-
geburt zu einem freien Volke, sind
wir noch nie gewesen. Betrachtet
die Großen, zu welchen der Schmuck
der alten Würden zurückkehrt, oder
die Geringsten, im gewohnten Gleise
ihrer Medrigkeit. Sehet euch um
in den Städten und unter den
gewerbetreibenden Klassen oder bei
euren Bachbarn, ihr Bewohner der
Flur! tzört Männer reden oder be-
merket, wie edle Familienmütter
empfinden! Eilet zu den hoffnungs-
vollen Iünglingen, die sich bereiten
zum schönen Kampf, oder nahet dem
ehrwürdigen Greise, der sie beneidet,
datz er nicht mehr blühet, wie sie.
Selbst die kleinen, die dem Mutter-
schotz kaum entwachsenen Knaben,
was treiben und spielen sie jetzt?
Freiheit, Freiheit lebt in allen.
G
Ist es nicht, als wären diese
Worte aus der Empfindung unsrer
Zeit gesprochen? Sie stammen aber
aus einer Predigt des Iahres M3.
Der sie sprach, ist heut vergessen,
obwohl er einer der berühmtesten
Prediger seiner Zeit war und neben
Schleiermacher genannt wurde. Es
war der Grotzvater des Komponisten
Draeseke, Iohann tzeinrich
Bernhard Draeseke, der in
Bremen für die Reformation des
deutschen Staatslebens predigte.
Seine drei Bände „Deutschlands
Wiedergeburt" brachten den Bun-
desrat in tzarnisch, er erhob beim
Bremer Senat Vorstellungen wegen
des der Demagogie verdächtigen
Kanzelredners. Später wurde Drae-
seke Domprediger und Bischof der
Provinz Sachsen in Magdeburg. Er
starb in Potsdam.
Unsre Bilder und Noten
)-
W
eltaufruhr bei Dürer^ — so habe ich unter das Blatt geschrieben,
das die Leser mitten im tzefte finden, um die Aufmerksamkeit gleich
für das zu erbitten, wovon ich sprechen möchte. Ist das nicht auch
ein Kriegsbild, das heute wie vor vierhundert Iahren „gilt"? Wir
brauchen gar nichts davon zu wissen, datz sich die Christenheit damals
unter dem Druck besonderer tzimmelzeichen sorgte, der Planeten-Konjunk-
tion von (50H, die wiederkehren sollte, ja, wir brauchen nicht einmal
den Text der Apokalypse zu vergleichen — und fühlen das Ewige eines
solchen Werkes doch. Obgleich es nur Ausschnitt aus einem tzolzschnitt
ist! Uns erscheint die Dirne vorn mit der Krone auf dem tzaupt, die mit
dem gleitzenden Becher lockt und auf dem Antier mit Teufelsköpfen,
Flammen hinter sich, reitet, als ein ganz und gar einleuchtendes Symbol
der Verderbnis durch Gold- und Genußgier, auch wenn wir nicht daran
denken, daß nach der Apokalypse die babylonische Dirne mit Königen
buhlte und in ihrem Goldbecher Schmutz trug. Die brennende Stadt mit
den ungeheuren (und großartig stilisierten) Flammen, der klagende Engel,
die Landschaft als Welt, das spricht alles mit seiner Furchtbarkeit frisch wie
am ersten Tag. Die Zeit der Not von heute und die Zeit der Not von
einst, sie fließen mit gleichem inneren Erleben zusammen.
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denburg: „Die Manneszucht ist
das Resultat des Geistes und der
Moral, der Alkohol zerstört sie."
General von Bissing: „Wer
unsern Truppen Alkohol verabreicht,
schädigt die Interessen der Allge-
meinheit und versündigt sich an
unserm Vaterlande."
Nun haben so ziemlich alle ge«
sprocheN) die hier aus weiter Äber-
schau mitreden können. Das Rrteil
kann einstimmig gefälltwerden. 5m^>
Freiheit
o eines Sinnes, wie in den Tri-
umphliedern von unsrer Wieder-
geburt zu einem freien Volke, sind
wir noch nie gewesen. Betrachtet
die Großen, zu welchen der Schmuck
der alten Würden zurückkehrt, oder
die Geringsten, im gewohnten Gleise
ihrer Medrigkeit. Sehet euch um
in den Städten und unter den
gewerbetreibenden Klassen oder bei
euren Bachbarn, ihr Bewohner der
Flur! tzört Männer reden oder be-
merket, wie edle Familienmütter
empfinden! Eilet zu den hoffnungs-
vollen Iünglingen, die sich bereiten
zum schönen Kampf, oder nahet dem
ehrwürdigen Greise, der sie beneidet,
datz er nicht mehr blühet, wie sie.
Selbst die kleinen, die dem Mutter-
schotz kaum entwachsenen Knaben,
was treiben und spielen sie jetzt?
Freiheit, Freiheit lebt in allen.
G
Ist es nicht, als wären diese
Worte aus der Empfindung unsrer
Zeit gesprochen? Sie stammen aber
aus einer Predigt des Iahres M3.
Der sie sprach, ist heut vergessen,
obwohl er einer der berühmtesten
Prediger seiner Zeit war und neben
Schleiermacher genannt wurde. Es
war der Grotzvater des Komponisten
Draeseke, Iohann tzeinrich
Bernhard Draeseke, der in
Bremen für die Reformation des
deutschen Staatslebens predigte.
Seine drei Bände „Deutschlands
Wiedergeburt" brachten den Bun-
desrat in tzarnisch, er erhob beim
Bremer Senat Vorstellungen wegen
des der Demagogie verdächtigen
Kanzelredners. Später wurde Drae-
seke Domprediger und Bischof der
Provinz Sachsen in Magdeburg. Er
starb in Potsdam.
Unsre Bilder und Noten
)-
W
eltaufruhr bei Dürer^ — so habe ich unter das Blatt geschrieben,
das die Leser mitten im tzefte finden, um die Aufmerksamkeit gleich
für das zu erbitten, wovon ich sprechen möchte. Ist das nicht auch
ein Kriegsbild, das heute wie vor vierhundert Iahren „gilt"? Wir
brauchen gar nichts davon zu wissen, datz sich die Christenheit damals
unter dem Druck besonderer tzimmelzeichen sorgte, der Planeten-Konjunk-
tion von (50H, die wiederkehren sollte, ja, wir brauchen nicht einmal
den Text der Apokalypse zu vergleichen — und fühlen das Ewige eines
solchen Werkes doch. Obgleich es nur Ausschnitt aus einem tzolzschnitt
ist! Uns erscheint die Dirne vorn mit der Krone auf dem tzaupt, die mit
dem gleitzenden Becher lockt und auf dem Antier mit Teufelsköpfen,
Flammen hinter sich, reitet, als ein ganz und gar einleuchtendes Symbol
der Verderbnis durch Gold- und Genußgier, auch wenn wir nicht daran
denken, daß nach der Apokalypse die babylonische Dirne mit Königen
buhlte und in ihrem Goldbecher Schmutz trug. Die brennende Stadt mit
den ungeheuren (und großartig stilisierten) Flammen, der klagende Engel,
die Landschaft als Welt, das spricht alles mit seiner Furchtbarkeit frisch wie
am ersten Tag. Die Zeit der Not von heute und die Zeit der Not von
einst, sie fließen mit gleichem inneren Erleben zusammen.
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