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Kunstwart und Kulturwart — 28,2.1915

DOI issue:
Heft 10 (2. Februarheft 1915)
DOI article:
Seeberg, Reinhold: Genie und Heldentum
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.14419#0156

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Genie und Heldentmn*

lle GeschichLe besteht darin, daß Menschen zusammenwirken und zu-
I sammenarbeiten, um Ideen und Ideale zu gewinnen. Was dann
^^eine Generation erworben hat, gibt sie an die nächste weiter. In
der Geschichte ist überall ein Fortpflanzen des einmal Erworbenen. Wie
die materiellen Güter und Künste weitergegeben werden von Geschlecht
zu Geschlecht, so auch die eigentlich treibenden Kräfte der Geschichte, die
Ideen und Ideale. Und jede alte Generation kennt kein heißeres Be«
mühen und SLreben, als dies, der jüngeren ihre Ideale weiterzugeben.
Die junge Generation nimmt sie an. Aber dennoch ist in der Geschichte
ein beständiger Fortschritt da. Man sollte meinen, daß ein solcher Fort-
schritt überhaupt undenkbar ist, daß, höchstens im einzelnen ein klein wenig
modifiziert, die alten Gedanken weiter getragen würden. Aber jede
Generation gestaltet nach ihrem Sinn das um, was ihr von der vorigen
übergeben wurde. Woran liegt das eigentlich?

Der Mensch schaut in die umgebende Welt in doppelter Weise. Einmal
lernt er. Wir erhalten Gedanken, Begriffe von den älteren Generationen
überliefert; sie beweisen uns die Richtigkeit dieser Gedanken; wir er-
proben diese Gedanken. Wir schreiten dann vom Einzelnen fort zum
Ganzen, wir ziehen Schlüsse von den Einzelerscheinungen auf die Ge-
samterscheinung und auf ihr Werden. Aber es gibt noch einen andern
Weg zum Weltverständnis, den Weg der Intuition. Da richtet sich
die Aufmerksamkeit zunächst nicht auf dieses oder jenes Einzelne, sondern
man erschaut irgendwie das Ganze. Wenn Sie in die Tierwelt blicken,
so finden Sie dort ein ganz rätselhaftes Etwas, das wir mit einem Worte
bezeichnen, aber nicht erklären können: den Instinkt. Warum ziehen im

* Aus einem Vortrage über Heldentum, den Geheimrat Seeberg am
5. Dezember auf Einladung des „Vereins Deutscher Studenten" im ^.uäitoriuiu
muxiiuuui der Aniversität Berlin gehalten hat. Gekürzt nach dem Stenogramm
der „Akademischen Blätter".


L.Februarhest 1916 (XXVIII, 10)
 
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