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Kunstwart und Kulturwart — 28,2.1915

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Heft 8 (2. Januarheft 1915)
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"Die Rache der Gefangenen"
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Schmidt, Leopold: Mimik auf dem Podium
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https://doi.org/10.11588/diglit.14419#0075

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Im schottischen Hochland liegt der Loch Loinond, ein netter und beliebter
Gebirgssee. Anser Walchensee würde lächeln, wenn man ihn mit ihm
vergleichen würde. Daß aber ein Schotte, der öffentlich vorschlüge, diesen
See der Industrie zu opfern, sich je wieder in seinem Klub sehen lassen
könnte, bezweifle ich. Mit welcher Eifersucht wird dort im Seenbezirk die
Ilrsprünglichkeit der Berge und Moore geschützt!

Verlören wir den Krieg, dann würde unser Anglück nicht geringer,
weil es uns vor dem Einbruch des Feindes in unsern Gauen noch ge--
lungen wäre, den letzten Geviertschuh deutschen Wildlandes unter den
Dampfpflug zu zwingen. Da wir ihn aber gewinnen werden, laßt uns
doch in Gottes Namen den scheinbaren „Luxus" treiben — in Wirklich-
keit handelt sich's um viel Wichtigeres — diese letzten Stückchen schöner
Wildnis zu erhalten. HüLen wir uns, daß unsre Nachkommen, wenn sie
Bilder aus Dachau, vom Walchensee, aus Worpswede und der Lüneburger
Heide kennen, und dann sehen, wie wir ihnen zuliebe all die Schönheit
verwüstet haben, nicht ausrufen: Gute Soldaten waren unsre Voreltern,
tüchtige Bürger und fleißige Geschäftsleute. Aber eines muß ihnen
doch gefehlt haben: „Sie hatten der Liebe nicht." Sonst hätten sie uns
das nicht antun können.

Zwergern am Walchensee A l s r e d B a ch ma nn

Soweit Bachmann. Wie wir zur Sache stehn, wissen die Leser aus
älteren Beiträgen: möglich, daß noch allerhand deutsches Ödland ohne
Schaden urbar gemacht werden könnte. Unbestritten, daß dies für die
Versorgung von Getreide aus Eigenbau wichtig wäre, obgleich da wieder
allerhand hinein greift. Aber ganz unwahrscheinlich ist, daß es ohne
schwere Mißgriffe abginge, wenn man jetzt in notgedrungen eiliger Ent-
schließung die Gefangenen damit „nützlich beschäftigen" wollte. Wer die
gar nicht zu überschätzende Bedeutung der Ödländereien gerade für die
Aufgaben der deutschen Volkstumpflege begriffen hat, der wird ein
unbedingtes „Hände weg" zum mindesten so lange wünschen, bis der
Frieden alle Kräfte frei macht und alle Verhältnisse klärt.

Mimik auf dem Podium

^rv^er unser Konzertwesen aufmerksam verfolgt, dem kann die starke
V ^Veränderung nicht entgehen, die seit etwa einem Iahrzehnt oder
länger im Charakter der Gesangskonzerte eingetreten ist. Da wo
einst nur der Innerlichkeit des Vortrags Berechtigung zuerkannt wurde,
nimmt man immer häufiger und immer ungenierter die Mittel äußerer
Gebärdensprache, die sonst nur auf der Bühne geduldet waren, zu Hilfe.
Zu einem Teil hängt das mit der allgemeinen Vorliebe unserer Zeit für
alles Theatralische zusammen; zum andern aber kennzeichnet sich darin
das Verlangen nach möglichster Steigerung und Verlebendigung des Aus-
drucks. Es rechtfertigt sich wohl, einmal danach zu fragen, ob in dieser
Entwicklung zum Theatralischen wirklich ein Fortschritt der Vortragskunst
schlechthin, also auch des Liedgesanges, zu erblicken ist, oder ob nicht auch
gewisse Gefahren damit verbunden sind.

In früheren Zeiten stand der Liedersänger, das Notenblatt in der Hand,
regungslos da. Er begnügte sich damit, die Teilnahme der Hörer durch
die Mittel des rein gesanglichen Ausdrucks und der Textbehandlung zu
erwecken. Gewiß geschah das bei innerlich empfindenden Künstlern nicht
 
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