Ganz andrer Art, und doch tref innerlich verwandt, ist der zweite „Schnitt",
den wir heute zeigen, der Schattenschnitt von Ernst Penzoldt. Es
wird sehr selten sein, daß echte, reife, innerliche Kunst so schnell nach
ihrem Lntstehen weiten Kreisen gezeigt werden kann. Der Bildhauer Pen-
zoldt ist als freiwilliger Krankenpfleger mit an der Front, als Ausdruck
dessen, wie er da Weihnachten erlebt hat, schickt er mir diesen Schnitt.
Ist das Blatt nicht in seiner Einfachheit so ergreifend schön wie ein edles
Volkslied? Mir scheint: Schmerz und Freude, Ergebenheit, Zuversicht,
Andacht und tiefer Glaube leuchten aus den paar Strichen wie aus einem
frommen Stern. Ich meine, diese kleine Schöpfung wird in ihrer Be«
scheidenheit still weiterleben.
Vor unser tzeft setzen wir in dieser Zeit, da der Nordseestrand so stark
ins Leben des Volkes hineinsieht, ein außerordentlich schönes SLrandbild
von Alfred Bachmann, der an diesem tzefte ja auch mit der Feder
mitgearbeitet hat. Wer die Abendstimmungen der Meer-Einsamkeit kennt,
der weiß, was hier gegeben ist. Ans schien das Bild so schön, und auch
die Wirkung des Zweiplattendrucks so gelungen, daß wir's von Kunstwarts
wegen in einem großen Vorzugsdrucke von gleicher Technik herausgegeben
haben.
. Kopfleiste und Schlußstück sind diesmal von I. V. Cissarz,
aus dem Spielmann-Bande „Wanderer^. A
H^it unsrer heutigen Notenbeilage bringen wir eines der jetzt in Deutsch--
^l'land am häufigsten gesungenen Lieder. Kaum eine Gesangsgröße, die
Georg tzenschels „Morgenhymne" nicht auf das Programm
ihrer Konzerte setzt oder sie doch als Zugabe den stets davon ergriffenen
Zuhörern bietet. Diese Vorliebe und diese Wirkungskraft erklären sich
unschwer aus der Schlußzeile des Robert Reinickschen Gedichtes: „tzerr, laß
uns kämpfen, laß uns siegen!" Ohne auf die gegenwärtige Zeit gemünzt
zu sein — auch die Komposition liegt über zehn Iahre zurück — passen
diese Worte vortrefflich in die uns alle beherrschende Stimmung, und
tzenschel hat ihnen einen weihevoll-inspirierten musikalischen Ausdruck ge-
geben, der am Schlusse in einer für den Sänger höchst dankbaren Weise
gipfelt. tzenschels schöpferische Begabung wurde zuerst von keinem Ge-
ringeren als Brahms anerkannt. Solange er als gefeierter Konzertsänger
unter uns weilte (namentlich die Liederabende mit seiner verstorbenen
Frau Lilian erfreuten sich großer Beliebtheit), wurden seine Lieder gern
gesungen. Später ließ er sich in London fesseln, wo er sich auch als Diri-
gent um die Einführung deutscher Musik verdient machte, und mehr und
mehr entschwand auch sein Schaffen unserm Gesichtskreis. Nun fügt es
sich, daß, während der Komponist selbst in Feindesland lebt, eine seiner
Weisen im Vaterlande als Symbol der Siegeszuversicht zu besonderer Volks-
tümlichkeit gelangt. Leopold Schmidt
tzerauSgeber: Qr. d. e. Ferd. Avenarius in Dresden-Blasewitz; verantwortlich: der Herausgeber —
Berlag von Georg D. W. Lallwey, Druck von Kastner L Lallwey, k. Hofbuchdruckerei in München —
In Vsterreich-Ungarn für HerauSgabe und Gchriftleitung verantwortlich: l)r. Nichard Batka in Wien XHl/t
den wir heute zeigen, der Schattenschnitt von Ernst Penzoldt. Es
wird sehr selten sein, daß echte, reife, innerliche Kunst so schnell nach
ihrem Lntstehen weiten Kreisen gezeigt werden kann. Der Bildhauer Pen-
zoldt ist als freiwilliger Krankenpfleger mit an der Front, als Ausdruck
dessen, wie er da Weihnachten erlebt hat, schickt er mir diesen Schnitt.
Ist das Blatt nicht in seiner Einfachheit so ergreifend schön wie ein edles
Volkslied? Mir scheint: Schmerz und Freude, Ergebenheit, Zuversicht,
Andacht und tiefer Glaube leuchten aus den paar Strichen wie aus einem
frommen Stern. Ich meine, diese kleine Schöpfung wird in ihrer Be«
scheidenheit still weiterleben.
Vor unser tzeft setzen wir in dieser Zeit, da der Nordseestrand so stark
ins Leben des Volkes hineinsieht, ein außerordentlich schönes SLrandbild
von Alfred Bachmann, der an diesem tzefte ja auch mit der Feder
mitgearbeitet hat. Wer die Abendstimmungen der Meer-Einsamkeit kennt,
der weiß, was hier gegeben ist. Ans schien das Bild so schön, und auch
die Wirkung des Zweiplattendrucks so gelungen, daß wir's von Kunstwarts
wegen in einem großen Vorzugsdrucke von gleicher Technik herausgegeben
haben.
. Kopfleiste und Schlußstück sind diesmal von I. V. Cissarz,
aus dem Spielmann-Bande „Wanderer^. A
H^it unsrer heutigen Notenbeilage bringen wir eines der jetzt in Deutsch--
^l'land am häufigsten gesungenen Lieder. Kaum eine Gesangsgröße, die
Georg tzenschels „Morgenhymne" nicht auf das Programm
ihrer Konzerte setzt oder sie doch als Zugabe den stets davon ergriffenen
Zuhörern bietet. Diese Vorliebe und diese Wirkungskraft erklären sich
unschwer aus der Schlußzeile des Robert Reinickschen Gedichtes: „tzerr, laß
uns kämpfen, laß uns siegen!" Ohne auf die gegenwärtige Zeit gemünzt
zu sein — auch die Komposition liegt über zehn Iahre zurück — passen
diese Worte vortrefflich in die uns alle beherrschende Stimmung, und
tzenschel hat ihnen einen weihevoll-inspirierten musikalischen Ausdruck ge-
geben, der am Schlusse in einer für den Sänger höchst dankbaren Weise
gipfelt. tzenschels schöpferische Begabung wurde zuerst von keinem Ge-
ringeren als Brahms anerkannt. Solange er als gefeierter Konzertsänger
unter uns weilte (namentlich die Liederabende mit seiner verstorbenen
Frau Lilian erfreuten sich großer Beliebtheit), wurden seine Lieder gern
gesungen. Später ließ er sich in London fesseln, wo er sich auch als Diri-
gent um die Einführung deutscher Musik verdient machte, und mehr und
mehr entschwand auch sein Schaffen unserm Gesichtskreis. Nun fügt es
sich, daß, während der Komponist selbst in Feindesland lebt, eine seiner
Weisen im Vaterlande als Symbol der Siegeszuversicht zu besonderer Volks-
tümlichkeit gelangt. Leopold Schmidt
tzerauSgeber: Qr. d. e. Ferd. Avenarius in Dresden-Blasewitz; verantwortlich: der Herausgeber —
Berlag von Georg D. W. Lallwey, Druck von Kastner L Lallwey, k. Hofbuchdruckerei in München —
In Vsterreich-Ungarn für HerauSgabe und Gchriftleitung verantwortlich: l)r. Nichard Batka in Wien XHl/t