Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 34.1991

DOI Heft:
Nr. 3
DOI Artikel:
Zur Diskussion gestellt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35875#0083

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
zumal es z.Z. etwas Vergleichbares nicht gibt. Das Beste sind sicher, wie der Herausgeber selbst
($.11) bemerkt, die Abbildungen: alle Inschriften sind gut lesbar, während freilich die Gestaltung
der Steine und ihr figürlicher Schmuck durch die starken Helligkeitskontraste oft nicht so gut zu
erkennen sind (man vergleiche Nr. 90 — Tuttius — mit der Publikation des gleichen Steines in der
Kölner Römer-Illustrierten I 1974, S. 84). Auch die Beschreibungen sind auffällig knapp — vergli-
chen etwa mit F. Koepp, Germania Romana III. So interessante Dinge wie die doppelte Ausfüh-
rung des Telesphoris-Steines (Nr. 120) bleiben unerwähnt.
Wer sich nun der Führung Walsers anvertraut, der bedarf freilich einer ganz anderen Empfehlung
als der oben zitierten, nämlich der klugen Warnung des alten sizilischen Freundes: va(})E
Da stolpert man zunächst über ,,Kleinigkeiten" wie 21, 141 populi Romani Quiritibus (populo
R.), 47 collegius (erklärt als collega), 61 innocentia (innocentiam), 62 Cai (Caio), 63 et (falsch er-
gänzt), 12 und 65 Distychen (!), 106 corporis (corpori), 107 Tetrameter (Dimeter); oder das Be-
denken zu 19 principis (Nominativ wie sacerdotis in 35), 110 ,,Grammatikfehler" (annis für an-
nos). Aber lassen wir die Kleinigkeiten und kümmern uns auch nicht um die zahlreichen Druck-
fehler wie 27 posuerung, 43 socar, 65 quear, Flüchtigkeiten in der Umschrift oder Inkonsequen-
zen im Gebrauch des Leidener Klammersystems (z.B. 113).
Es muß jedoch gesagt werden, daß durch erstaunliche sprachliche Mißverständnisse sowohl Tat-
sachen als auch Gedanken und Worte jener Menschen, die aus den Steinen zu uns sprechen,
schlichtweg entstellt sind.
Gab es jemals ein ^regelmäßiges Opferfest, Sacrum Matratus genannt", welches W. aus Nr. 29
erschließt? — Die Stifterin weihte einen Altar ob honorem sacri matratus, ,,wegen der Ehre des
heiligen Mutter-Amtes", das ihr zuteil geworden war. (Die richtige Erklärung bei Cumont, Die or.
Religionen — von W. im Literaturverzeichnis zitiert — S. 119.)
Aus Nr. 12 zaubert W. gar eine ,,Aspasia aus Baiae" hervor, ,,eine Schönheit des mondänen Ba-
destrandes", und dem hinterbliebenen Mann Atimetus wird auf diese Weise unterstellt, er habe
diese Vergangenheit seiner mit 19 Jahren verstorbenen Frau noch stolz auf dem Grabstein ver-
merkt. Der sagte freilich bloß, Homonoia sei dem — offensichtlich älteren — Atimetus schon
,,von klein auf lieb" gewesen: aunacYT) ßattjq ano. — Die Inschrift ist damit ganz etwas an-
deres als W. will: ein Zeugnis gegen das überständige Vorurteil, im Altertum seien nur Hetären
unterhaltsame Frauen gewesen.
Nr. 33 ist ein Altar für Mercur und Maia, auf dem ein gewisser M. Herennius bekundet, er habe
für die beiden Götter einen Tempel und duo signa cum imagine Ti. Augusti gestiftet. W. schließt
daraus, der Mercur habe die Züge des Kaisers getragen. Aber dann zwingt der Wortlaut anzuneh-
men, auch Maia habe wie Tiberius ausgesehen. Sollte nicht eine dritte Statue gemeint sein? (Tibe-
rius wäre auch kaum erbaut gewesen: Tac. ann. 1,74)
Überhaupt das Verständnis der Texte, sobald sie von den üblichen Stereotypen abweichen.
Da heißt es in Nr. 12 b von der bereits erwähnten Homonoia:
cui formam Paphie, Charites tribuere decorem,
nach W., der ohne Komma druckt, ,,der die Chariten die Wohlgestalt der paphischen Aphrodite
zugeteilt haben". Daß das sprachlich falsch ist, versteht sich; aber es erweckt auch eine ganz ver-
schrobene Vorstellung vom Verhältnis der Chariten zu Aphrodite und beider zu dem beschenk-
ten Menschen.
Der Betrachter des Grabes spricht (immer noch 12 b):
sit tibi terra levis, mulier dignissima vitae,
quaeque tuis olim perfruere bonis. (So die Umschrift; der Stein hat vita und perfruerere)

73
 
Annotationen