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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0037

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Einleitung

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tum dar."" Doch gerade spezifisch moderne Fragen nach der Verfasstheit der
vormodernen Monarchien, der »Staatlichkeit« des Mittelalters, den soziologi-
schen, ökonomischen und ideengeschichtlichen Grundlagen der Herrschaft,
der Institutionalisierung, der Sakralität bzw. ihrer Verkörperung durch den Kö-
nig führten dazu, das zur Verfügung stehende Material spezifisch zu befragen
und auszuwerten. Angesichts der Verschiedenartigkeit der spätmittelalterlichen
Herrscher und ihrer Machtgrundlagen wie auch der Pluralität der möglichen
Betrachtungsperspektiven sind allgemeingültige Erwägungen genauso wie
punktuelle Aussagen immer nur von begrenztem Erklärungswert für die da-
malige Lebens- und Vorstellungswelt. So formulierte Reinhard Schneider für
das Mittelalter: »Und doch läßt sich die Frage, was ein König sei, wohl kaum
beantworten«/""
Einige Grundkonstanten ergeben trotz vieler Ungereimtheiten gleichwohl
einen Rahmen dieses Verfassungsinstituts. Spätmittelalterliche Vorhaben, neue
Königtümer zu erschaffen, wurden nur auf Initiative einer der beiden Uni-
versalgewalten für möglich erachtet/"" Von Seiten des Kaisertums wären die
Pläne Friedrichs II. und wesentlich später Maximilian II. zu erwähnen, Öster-
reich zum Königreich zu erheben, der Vorstoß Ludwigs des Bayern, 1335 die
Dauphine zum lehnabhängigen Königreich zu ernennen,'"" oder das Projekt
Kaiser Sigismunds von Luxemburg im Jahre 1429, den Großfürsten Witold von
Litauen zum König krönen zu lassen, um damit die polnisch-litauische Union
zu trennen."" Burgund sollte 1447'" wie auch 1473"" zu einem Königtum erho-
ben werden, doch verliefen auch hier beide Versuche erfolglos. Von päpstlicher
Seite gab es ebenso verschiedene Anläufe, Königreiche zu erschaffen, die dabei
zu lehnabhängigen Reichen werden sollten."* Bestrebungen von Fürsten und
Herzogen, die königliche Würde zu erlangen, bezogen und stützten sich auf
die eine oder die andere universelle Macht, um dem Ziel einer Krone näher zu
kommen/ " Doch nicht nur bei der Neuschaffung königlicher Reiche, sondern

106 MiETHKE, Die Legitimität der politischen Ordnung im Spätmittelalter, S. 643-674; DERS., Die
Frage der Legitimität rechtlicher Normierung.
107 SCHNEIDER, Königtum in der Krise?, S. 290.
108 HiRscH, Das Recht der Königserhebung im hohen und späten Mittelalter, S. 209-249.
109 FouRNiER, Le royaume d'Arles et de Vienne (1138-1378), S. 417f.
110 HoENscH, Kaiser Sigismund, S. 33-37; PFiTZNER, Großfürst Witold von Litauen als Staatsmann,
S. 195-207.
111 VAUGHAN, Philip the Good, S. 288f.; während nach den Plänen von Caspar Schlick ein dem
Reich lehnabhängiges Königreich entstehen sollte, war die burgundische Forderung immer
ein reichsunabhängiges Königreich gewesen.
112 EHM, »Und begehret ein kunig zu werden«; MÜLLER, Um 1473: Warum nicht einmal die Her-
zoge von Burgund das Königtum erlangen wollten und konnten; PARAViciNi, Karl der Kühne,
S. 34-37; SCHENK, Friedrich III. in Besangon 1442 und in Metz 1473 oder: Von geglückten und
gescheiterten Herrschertreffen mit dem Burgunderherzog, im Druck.
113 Vgl. dazu HiRscH, Das Recht der Königserhebung im hohen und späten Mittelalter, S. 209-
249.
114 Zu Königtumsplänen von Giangaleazzo Visconti: CoGNASso, I Visconti, S. 300f.; ELZE, Segni di
Potere, S. 290; die Pläne von Mastino II. della Scala: SiMEONi, Le origini del conflitto veneto-fio-
rentino-scaligero, S. 83f.; dagegen wertet ELZE, Könige im spätmittelalterlichen Italien S. 128
Mastinos Bestrebungen als ernstes Ansinnen, das Königtum zu erlangen, für das bereits die
 
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