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Weber, Ines [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ein Gesetz für Männer und Frauen: die frühmittelalterliche Ehe zwischen Religion, Gesellschaft und Kultur — Mittelalter-Forschungen, Band 24,1: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34905#0146

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IV. Die Vermögenstransaktionen

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gam der Braut als Hochzeitsgeschenk überlassen, sondern vom Vater bzw. pater
/atrnüas als Aussteuer der Braut übereignet, nimmt sie im römischen Recht einen
anderen WegA Damit haben sich die Seiten des Gebers vom römischen zum früh-
mittelalterlichen Recht hin deutlich verschoben.
In einem vierten Punkt stimmen die Leges weitestgehend überein: Bei der
Braut- bzw. Ehegabe scheint es in allen Fällen vornehmlich um die Wahrung von
Besitzverhältnissen bzw. die Schaffung von wirtschaftlichen Grundlagen zu gehen.
So sollen sowohl die Brautleute zum Beginn der Ehe ökonomisch selbstständig wer-
den als auch die Witwe bzw. die Kinder nach dem Tod des Mannes nicht mittellos
Zurückbleiben. Ob auch die Werte, die zunächst an die Familie der Braut geflossen
sind, nach der Zusammenlegung der Wohnsitze dort bleiben oder zur ökonomi-
schen Grundlage der Ehe werden, wird von Lex zu Lex unterschiedlich gehand-
habt. Auf jeden Fall soll die Braut- bzw. Ehegabe mindestens in Teilen der Versor-
gung der Witwe dienen. Heiratet die Frau nach dem Tod des ersten Gatten jedoch
erneut, wird die Braut- bzw. Ehegabe, gerade weil die Frau nun neu abgesichert ist,
teilweise der Familie des ersten Gatten erstattet. Spätestens an dieser Stelle ist mit
Brigitte Pohl-Resl und Doris Hellmuth nochmals zu fragen, in welchem Verhältnis
die Vormundschaft über die Frau zur geleisteten Braut- bzw. Ehegabe steht. Anders
formuliert: Wie kann der Mann - wie lange Zeit behauptet - die Vormundschaft
über seine Frau mittels der Braut- bzw. Ehegabe aus den Händen des Vaters bzw.
ihres Vormunds erwerben, wenn die entsprechenden Vermögenswerte meistenteils
der Frau selbst ausgehändigt werden bzw. den Eheleuten gemeinsam zur Verfü-
gung stehen? Selbst wenn die Geburtsfamilie der Frau die Braut- bzw. Ehegabe bis
zum Eintritt des Erbfalls verwaltet, fällt es schwer, sie mit einem rechtlichen Vor-
mundschaftswechsel in Verbindung zu bringen. »Der Umstand, daß zum Beispiel
weder in der Lex Salica noch in der Lex Baiuvariorum der Begriff Munt ausdrück-
lich erwähnt wird, blieb im allgemeinen unberücksichtigt. Man ging einfach davon
aus, daß überall germanische Frauen von Geburt an der Gewalt des Vaters unter-
standen. Mit dem Zeitpunkt der Eheschließung gingen sie dann in die Gewalt des
Mannes über.« ' Mag solches Geschehen auch vorliegen - was nach den Ergebnissen
Doris Hellmuths zum Verfügungsrecht von Männern und Frauen über die famili-
äre Vermögensmasse mehr als fraglich isD -, allein an die Zahlung der Braut- bzw.
Ehegabe kann ein Vormundschaftswechsel nicht gebunden werden. Diese Zusam-
menhänge gilt es weiter zu verfolgen, um Verbindungen an anderer Stelle zu su-
chen, als bislang vermutet worden ist.

76 Vgl. KASER, Privatrecht 1, S. 332-336; vgl. DERS., Privatrecht 2, S. 127-130.
77 PoHL-RESL, Rechtsfähigkeit und Landbesitz, S. 203.
78 Vgl. HELLMUTH, Frau und Besitz, S. 235f.
 
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