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Die Bußmaße für die ehelichen Vergehen
1. Die Höhe der Bußleistung als Indikator für die
Schwere des Deliktes
a) Vor- und außereheliche Geschlechtsverhältnisse
In den verschiedenen Bußbüchern - irische, angelsächsische und kontinentale glei-
chermaßen - reichen die Bußen für ein außereheliches Geschlechtsverhältnis von
einem vierzigtägigen bis hin zu einem vierzehnjährigen Fasten bei Wasser und
Brot. Innerhalb dieser großen Spanne linden sich einzelne Abstufungen, die sich
über ein, zwei, fünf, sieben, acht, zehn und 14 Jahre Buße erstrecken. Sie können ih-
rerseits nochmals gegliedert sein, z. B. in fünf Jahre fasten, davon zwei bei Wasser
und Brot, oder zehn Jahre fasten, davon fünf bei Wasser und Brot. Insgesamt unter-
scheiden sich die Bußen für vor- und außereheliche Geschlechtsverhältnisse dem-
nach nicht von denen anderer Deliktfelder. Sie sind keineswegs singulär, sondern
können als typisch für die Textgattung der Bußbücher gelten. Darüber hinaus fin-
den sich Bußformen, die von der Fastenbuße abweichen. Zu nennen wäre das Ver-
bot, mit anderen zusammen zu essen, das der Trennung von Tisch und Bett gleich-
kommt, mit anderen überhaupt zu sprechen und das Verbot, christlich bestattet zu
werden. Inwieweit derartige Sanktionen auch im Gesamtkontext der Bußbücher
singulär sind, vermag wegen der entsprechenden noch ausstehenden Untersuchun-
gen nicht gesagt werden/
Der Versuch, die einzelnen Strafmaße auf die oben differenziert betrachteten
außerehelichen Delikte zu verteilen, gelingt nur zum Teil. In manchen Fällen lassen
sich allenfalls tendenzielle Aussagen treffen: Beim vor- und außerehelichen Ver-
hältnis eines Unverheirateten werden Bußen zwischen drei und zehn Jahren ver-
hängt/ Bekanntermaßen variieren die Strafen je nach Status des Unzuchtpartners.
Vergeht sich die entsprechende Person an einer Jungfrau, wird dies im Regelfall
höher bestraft als das Vergehen an der Witwe. Das Strafmaß für das außereheliche
Geschlechtsverhältnis von Verheirateten bewegt sich in ähnlichen Höhen. Es pen-
delt je nach Bußbuch zwischen einem und 14 Jahren/ Will man diese beiden De-
liktarten - des Unverheirateten und des Verheirateten - miteinander in Beziehung
setzen, fällt es schwer, eine Rangordnung abzuleiten. Verschiedene Bußbücher be-
strafen beide Vergehen in gleicher Höhe, andere messen dem außerehelichen Ver-
hältnis eines Unverheirateten eine höhere Bußleistung zu, wieder andere dem des
Verheirateten. Ein Richtmaß zu entwickeln, welches das eine Delikt höher ein-
schätzt als das andere, ist demnach nicht möglich. Wenn überhaupt, sind derartige
2 Die Rede ist hier weniger von grundsätzlichen Untersuchungen zu den Bußbüchern bzw. von
Studien zu bestimmten Vergehen als von Arbeiten zu Bußmaßen über Vergehensgrenzen hin-
weg. Da auch Hubertus Lutterbach diesen Aspekt außer Acht lässt, kann ein Vergleich mit an-
deren sexuellen Vergehen nicht geleistet werden.
3 Da die Kanones im Teil A, V S. 151-191 bereits eingehend erläutert worden sind, sei an dieser
Stelle nur auf sie verwiesen; vgl. Teil A, V.2.a, S. 159-163 und vgl. Teil A, V.2.b, S. 164-167.
4 Vgl. Teil A, V.2.a, S. 159-163 und vgl. Teil A, V.2.b, S. 164-167.
Die Bußmaße für die ehelichen Vergehen
1. Die Höhe der Bußleistung als Indikator für die
Schwere des Deliktes
a) Vor- und außereheliche Geschlechtsverhältnisse
In den verschiedenen Bußbüchern - irische, angelsächsische und kontinentale glei-
chermaßen - reichen die Bußen für ein außereheliches Geschlechtsverhältnis von
einem vierzigtägigen bis hin zu einem vierzehnjährigen Fasten bei Wasser und
Brot. Innerhalb dieser großen Spanne linden sich einzelne Abstufungen, die sich
über ein, zwei, fünf, sieben, acht, zehn und 14 Jahre Buße erstrecken. Sie können ih-
rerseits nochmals gegliedert sein, z. B. in fünf Jahre fasten, davon zwei bei Wasser
und Brot, oder zehn Jahre fasten, davon fünf bei Wasser und Brot. Insgesamt unter-
scheiden sich die Bußen für vor- und außereheliche Geschlechtsverhältnisse dem-
nach nicht von denen anderer Deliktfelder. Sie sind keineswegs singulär, sondern
können als typisch für die Textgattung der Bußbücher gelten. Darüber hinaus fin-
den sich Bußformen, die von der Fastenbuße abweichen. Zu nennen wäre das Ver-
bot, mit anderen zusammen zu essen, das der Trennung von Tisch und Bett gleich-
kommt, mit anderen überhaupt zu sprechen und das Verbot, christlich bestattet zu
werden. Inwieweit derartige Sanktionen auch im Gesamtkontext der Bußbücher
singulär sind, vermag wegen der entsprechenden noch ausstehenden Untersuchun-
gen nicht gesagt werden/
Der Versuch, die einzelnen Strafmaße auf die oben differenziert betrachteten
außerehelichen Delikte zu verteilen, gelingt nur zum Teil. In manchen Fällen lassen
sich allenfalls tendenzielle Aussagen treffen: Beim vor- und außerehelichen Ver-
hältnis eines Unverheirateten werden Bußen zwischen drei und zehn Jahren ver-
hängt/ Bekanntermaßen variieren die Strafen je nach Status des Unzuchtpartners.
Vergeht sich die entsprechende Person an einer Jungfrau, wird dies im Regelfall
höher bestraft als das Vergehen an der Witwe. Das Strafmaß für das außereheliche
Geschlechtsverhältnis von Verheirateten bewegt sich in ähnlichen Höhen. Es pen-
delt je nach Bußbuch zwischen einem und 14 Jahren/ Will man diese beiden De-
liktarten - des Unverheirateten und des Verheirateten - miteinander in Beziehung
setzen, fällt es schwer, eine Rangordnung abzuleiten. Verschiedene Bußbücher be-
strafen beide Vergehen in gleicher Höhe, andere messen dem außerehelichen Ver-
hältnis eines Unverheirateten eine höhere Bußleistung zu, wieder andere dem des
Verheirateten. Ein Richtmaß zu entwickeln, welches das eine Delikt höher ein-
schätzt als das andere, ist demnach nicht möglich. Wenn überhaupt, sind derartige
2 Die Rede ist hier weniger von grundsätzlichen Untersuchungen zu den Bußbüchern bzw. von
Studien zu bestimmten Vergehen als von Arbeiten zu Bußmaßen über Vergehensgrenzen hin-
weg. Da auch Hubertus Lutterbach diesen Aspekt außer Acht lässt, kann ein Vergleich mit an-
deren sexuellen Vergehen nicht geleistet werden.
3 Da die Kanones im Teil A, V S. 151-191 bereits eingehend erläutert worden sind, sei an dieser
Stelle nur auf sie verwiesen; vgl. Teil A, V.2.a, S. 159-163 und vgl. Teil A, V.2.b, S. 164-167.
4 Vgl. Teil A, V.2.a, S. 159-163 und vgl. Teil A, V.2.b, S. 164-167.