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Weber, Ines [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ein Gesetz für Männer und Frauen: die frühmittelalterliche Ehe zwischen Religion, Gesellschaft und Kultur — Mittelalter-Forschungen, Band 24,1: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34905#0364

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XII. Die innere Logik von Sünde,
Schuld und Strafe

Lässt man zunächst die Möglichkeit von Kommutation und Redemption, von Buß-
aufrechnung und Bußstellvertretung^ außer Acht und betrachtet lediglich die in
den Bußbüchern verhängten Strafen unter der Voraussetzung, dass das Bußsystem
in sich kohärent ist, so müsste von der Höhe der Bußleistung auf die Schwere des
Vergehens rückgeschlossen werden können. Schließlich birgt die Logik dieses tari-
fierten Systems gerade in sich, dass die Buße nach der Tat ausgewählt ist und umso
höher ausfällt, je schwerwiegender die Sünde eingeschätzt wird. Die vorangegan-
genen Kapitel haben ja gerade gezeigt, dass die Konzilien, Kapitularien, Bußbücher
und Leges verschiedene Strafen nicht nur für die unterschiedlichen Vergehen, son-
dern auch für die beteiligten Personen bzw. Personengruppen benennen und so
Abstufungen erkennen lassen. Dieser Befund soll Anlass für zwei Fragen sein. Ers-
tens: Besteht ein Zusammenhang zwischen der Art des ehelichen Deliktes und dem
Bußmaß? Zweitens: Können Höhe und Art der Strafe - unterschieden nach Verge-
hen und beteiligten Personen - einen Schlüssel für das Bußverständnis bieten, so-
dass eine weitere Klärung der Frage nach einer Tat- oder Intentionshaftung bzw.
nach der Buße als Medizin oder Strafe möglich wird? Anders gesagt: Lässt sich von
den tarifierten Bußauflagen auf die Art des Bußdenkens des frühen Mittelalters
schließen?

1 Vgl. NiKOLASCH, Buße; vgl. ANGENENDT, Frühmittelalter, S. 335; im hiesigen Kontext: vgl. Judi-
cia Theodori U c. 2,16 (ed. FiNSTERWALDER), S. 291 [Anhang P 87, S. 226]; vgl. Paenitentiale
Pseudo-Egberti IV,48,11 (ed. WASSERSCHLEBEN), S. 344 [Anhang P113, S. 232]; vgl. Paenitentiale
Merseburgense a Mei c. 43 (ed. KoiTjE), S. 139 [Anhang P 246,2.3, S. 264]; vgl. Paenitentiale Mer-
seburgense a V23 c. 48 (ed. KoiTjE), S. 139 [Anhang P 247, S. 264]; vgl. Paenitentiale Vallicella-
num I c. 19 (ed. ScHMiiz 1), S. 274 [Anhang P 407, S. 306]; vgl. Paenitentiale Vallicellanum (E.
62) c. 34 (ed. WASSERSCHLEBEN), S. 561 [Anhang P 433,1.3, S. 312]; vgl. Paenitentiale Civitatense
c. 26 (ed. WASSERSCHLEBEN), S. 691 [Anhang P 479, S. 328].
 
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