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Weber, Ines [Hrsg.]; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Ein Gesetz für Männer und Frauen: die frühmittelalterliche Ehe zwischen Religion, Gesellschaft und Kultur — Mittelalter-Forschungen, Band 24,1: Ostfildern, 2008

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34905#0159

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144

Die Ehe im Kontext der frühmittelalterlichen Gesellschaft

5. Die Art und die Höhe der geschenkten Güter

a) Die Höhe der arÜM
In welchem Umfang und in welcher Höhe das Verlobungsgeschenk in Form der
arÜM gemacht wird, lässt sich aus den Leges nur indirekt ableiten. Das Antwort-
schreiben des Papstes hatte ebenso wie die obige Textanalyse nahegelegt, als solche
lediglich kleinere Vermögensgegenstände (z.B. einen Ring""") als Ausdruck einer
symbolischen Handlung anzusehen, die den geschlossenen Vertrag besiegeln. Geht
man davon aus, dass die Bußauflagen, die folgen, wenn die Verlobung nicht einge-
löst wird, einer Rückzahlung der Verlobungsgabe entsprechen, wie es das burgun-
dische und zum Teil auch die langobardischen Gesetze ausdrücklich formulieren,"""
so handelt es sich auch in den Leges um eher geringere Vermögensgegenstände mit
umso größerem Symbolwert.
Auch in den Formulae sind es allenfalls kleinere Beträge, die der Braut überge-
ben werden und die die Verträge symbolisch bestätigen sollen. Als solche fungieren
entweder relativ geringe Summen von einem Schilling und einem Denar' ' bzw. 13
Goldstücken""" oder der Ring'"". Was die Leges also offenlassen und was sich bei
Papst Nikolaus bereits nahelegte, benennen die Formulae eindeutig: Die arÜM gilt
der Bestätigung der Verlobung, gerade wenn keine schriftlichen Hochzeitsverträge
gemacht werden und wenn die Verlobung lediglich in Form von mündlichen Ver-
einbarungen unter Zeugen geschlossen wird.""^

b) Die Höhe der Braut- bzw. Ehegabe
Was die Höhe der Braut- bzw. Ehegabe angeht, so ist sie einigen Leges zufolge kei-
neswegs beliebig. Genauso wie die Morgengabe auf ein Viertel des Vermögens des
129 Davon spricht vereinzelt die Lex Visigothorum (vgl. Lex Visigothorum 111,1,3 (MGH.LNG 1),
S. 124 [Anhang L 88,3, S.22f]).
130 Vgl. Teil A, IILl.b, S. 89-92: Die orrlm ist bis zum Mehrfachen zurückzuzahlen, wenn die Verlo-
bung nicht zur Hochzeit führt.
131 Vgl. Formulae Salicae Lindenbrogianae 7 (MGH.Formulae Merowingici et Karolini aevi), S. 271
[Anhang F 31,5, S. 120]; Korbinian Ritzer kann diese Geldstücke für die Franken als allgemein
üblich nachweisen (vgl. RiTZER, Eheschließung, S. 204); auch Stefan Chr. Saar stellt die Verlo-
bungsgebühr in Höhe von einem soMus fest, wenngleich er es unter der dos abhandelt (vgl.
SAAR, Ehe, S. 119f).
132 Vgl. Formulae extravagantes 1,12 (MGH.Formulae Merowingici et Karolini aevi), S. 540f [An-
hang F 49,4, S. 138].
133 Vgl. ebd. 1,9 (MGH.Formulae Merowingici et Karolini aevi), S. 538f [Anhang F 46,5, S. 134]. Im
Rom der Kaiserzeit bestand die ordm noch aus einem Eisenring, der dann bei Tertullian als
Goldring erscheint (vgl. RiTZER, Eheschließung, S. 22).
134 Diese Auskünfte erhält der Leser jedoch nicht, weil Urkunden eigens für die orrlm ausgestellt
werden, sondern weil ihre Übergabe Voraussetzung für das Ausstellen einer Schenkungsur-
kunde ist und das Geschehen demnach im einleitenden Passus genannt wird. Erst diese form-
gerecht verlaufene Initiation des Eheschließungsprozesses macht eine Schenkung im Folgenden
möglich (vgl. Teil A, IILl.b, S. 89-92).
 
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