IX. Konkurrierende Interessengruppen:
Plausibilitäten vermeintlich einschränkender
Eherechtsbestimmungen
Bei aller Gleichheit sowohl von Abhängigen und Herren als auch von abhängigen
Männern und Frauen im Blick aut das Recht einer Eheschließung, welche die konzi-
liare bzw. paenitentiale Gesetzgebung und über weite Strecken auch das Eherecht
der Leges zutage haben treten lassen, ist doch spätestens an dieser Stelle nach dem
>Warum< einiger Regelungen zu tragen, die dem heutigen Leser in jedem Fall als
Sanktion und damit keinesfalls als Besserstellung der abhängigen Personen oder
gar als Humanisierung ihrer Lebensbedingungen innerhalb der frühmittelalterli-
chen Gesellschaft erscheinen müssen. In erster Linie ist der Statusverlust zu nen-
nen, den der je standeshöhere Partner erfährt, wenn er einen standesniederen Part-
ner heiratet. Wie eingangs bereits erläutert, muss der Grund in der sozialen und
rechtlichen Verflechtung der Eheschließung innerhalb der frühmittelalterlichen Le-
benswelt gesucht werden. Vergegenwärtigt man sich nochmals diese Verhältnisse,
so sind grundsätzlich drei Gruppen zu nennen, auf die sich eine Eheschließung
zwischen ungleichen Partnern auswirkt. Weil ihre Interessen nicht selten miteinan-
der konkurrieren, sind hier die Problematiken einer solchen Heirat zu suchen.
An erster Stelle ist der jeweilige dowüwMS der Abhängigen zu nennen, dessen
Besitz- und Verfügungsrecht sowohl über die Personen selbst als auch in einzelnen
Fällen über deren Vermögen und/oder über die bewirtschaftete Hof stelle betroffen
ist. Möglicherweise liefe er je nach Lage der rechtlichen Verhältnisse Gefahr, eine
Arbeitskraft zu verlieren, wenn der Abhängige außerhalb des eigenen Herrschafts-
bereichs heiratet und es dadurch zu einem Vormundschafts- oder Rechtszugehö-
rigkeitswechsel käme. Das Ganze zöge so erhebliche Nachteile nach sich, dass eine
Zustimmung zur Heirat nicht vorstellbar wäre, weil die Wirtschaftlichkeit, viel-
leicht sogar das Fortbestehen des Hofes gefährdet wäre. Mit der Verwandtengruppe
des freien Partners kommt eine zweite Gruppe ins Spiel, die aufgrund des eheli-
chen Güter- und Erbrechts ebenfalls Vermögen und Besitz nicht minimiert wissen
will. Auch hier könnte, bedingt durch einen Vormundschafts- oder Rechtszugehö-
rigkeitswechsel, Kapital abfließen. Drittens sind die Nupturienten selbst zu nennen,
die auf ihr eigenes Vermögen bedacht sein müssen. Bei einem Wechsel der rechtli-
chen Zuständigkeiten müssten auch sie gegen den Verlust von Geld- und/oder
Sachwerten geschützt werden. Die Interessen dieser Gruppierungen zusammenge-
nommen lassen einen Statuswechsel des zunächst rechtlich besser gestellten Gatten
dann sinnvoll erscheinen, wenn mit ihm die genannten Schutzbestrebungen er-
reicht wären. Demnach sind bei der Eheschließung von ungleichen Partnern nicht
nur rechtliche und wirtschaftliche Verflechtungen innerhalb der jeweiligen Herr-
Plausibilitäten vermeintlich einschränkender
Eherechtsbestimmungen
Bei aller Gleichheit sowohl von Abhängigen und Herren als auch von abhängigen
Männern und Frauen im Blick aut das Recht einer Eheschließung, welche die konzi-
liare bzw. paenitentiale Gesetzgebung und über weite Strecken auch das Eherecht
der Leges zutage haben treten lassen, ist doch spätestens an dieser Stelle nach dem
>Warum< einiger Regelungen zu tragen, die dem heutigen Leser in jedem Fall als
Sanktion und damit keinesfalls als Besserstellung der abhängigen Personen oder
gar als Humanisierung ihrer Lebensbedingungen innerhalb der frühmittelalterli-
chen Gesellschaft erscheinen müssen. In erster Linie ist der Statusverlust zu nen-
nen, den der je standeshöhere Partner erfährt, wenn er einen standesniederen Part-
ner heiratet. Wie eingangs bereits erläutert, muss der Grund in der sozialen und
rechtlichen Verflechtung der Eheschließung innerhalb der frühmittelalterlichen Le-
benswelt gesucht werden. Vergegenwärtigt man sich nochmals diese Verhältnisse,
so sind grundsätzlich drei Gruppen zu nennen, auf die sich eine Eheschließung
zwischen ungleichen Partnern auswirkt. Weil ihre Interessen nicht selten miteinan-
der konkurrieren, sind hier die Problematiken einer solchen Heirat zu suchen.
An erster Stelle ist der jeweilige dowüwMS der Abhängigen zu nennen, dessen
Besitz- und Verfügungsrecht sowohl über die Personen selbst als auch in einzelnen
Fällen über deren Vermögen und/oder über die bewirtschaftete Hof stelle betroffen
ist. Möglicherweise liefe er je nach Lage der rechtlichen Verhältnisse Gefahr, eine
Arbeitskraft zu verlieren, wenn der Abhängige außerhalb des eigenen Herrschafts-
bereichs heiratet und es dadurch zu einem Vormundschafts- oder Rechtszugehö-
rigkeitswechsel käme. Das Ganze zöge so erhebliche Nachteile nach sich, dass eine
Zustimmung zur Heirat nicht vorstellbar wäre, weil die Wirtschaftlichkeit, viel-
leicht sogar das Fortbestehen des Hofes gefährdet wäre. Mit der Verwandtengruppe
des freien Partners kommt eine zweite Gruppe ins Spiel, die aufgrund des eheli-
chen Güter- und Erbrechts ebenfalls Vermögen und Besitz nicht minimiert wissen
will. Auch hier könnte, bedingt durch einen Vormundschafts- oder Rechtszugehö-
rigkeitswechsel, Kapital abfließen. Drittens sind die Nupturienten selbst zu nennen,
die auf ihr eigenes Vermögen bedacht sein müssen. Bei einem Wechsel der rechtli-
chen Zuständigkeiten müssten auch sie gegen den Verlust von Geld- und/oder
Sachwerten geschützt werden. Die Interessen dieser Gruppierungen zusammenge-
nommen lassen einen Statuswechsel des zunächst rechtlich besser gestellten Gatten
dann sinnvoll erscheinen, wenn mit ihm die genannten Schutzbestrebungen er-
reicht wären. Demnach sind bei der Eheschließung von ungleichen Partnern nicht
nur rechtliche und wirtschaftliche Verflechtungen innerhalb der jeweiligen Herr-