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Die Bußmaße für die ehelichen Vergehen
und Tarifierung< in die Forschungsliteratur eingegangen ist" und in hohem Maß an
die griechische Mönchsbeichte erinnert." Unter dem Einfluss verschiedener Missi-
onsbewegungen wird es zunächst nach England und später auf den Kontinent ex-
portiert.^ Indem die Mönchsbeichte »in abgeschwächter Form auf die Laien
ausgedehnt«" wird und die öffentliche Beichte immer mehr verdrängt," werden
fortan nicht nur die schweren Sünden vor dem Priester oder Bischof bekannt, son-
dern beliebig häufig und geheim jegliche Art der Verfehlung." Standard ist nicht
länger die einmalige, geheime Buße in besonders schweren Fällen vor dem Bischof,
die mit Exkommunikation und einer öffentlichen Rekonziliation verbunden ist,
sondern die mehrmalige, private Buße, auch für »geringfügige Delikte«." Mit Bern-
hard Poschmann gesprochen: »Der >Empfang der Buße< bedeutet nicht mehr den
Eintritt in den Büßerstand, sondern lediglich die Übernahme der Bußwerke.«"
Fortan hat allein der Priester »die Aufgabe, die Größe der Schuldbarkeit bei den
einzelnen Vergehen abzuschätzen, eine entsprechende Buße in der Form konkret
bestimmter guter Werke aufzuerlegen und schließlich die Rekonziliation zu
erteilen.«" Um das Maß abzuschätzen, wie schwer die Schuld wiegt, stellen die
Bußbücher »sozusagen einen Tarif dar, an dem die Buße abzulesen ist«", sodass sie
»Orientierungshilfe«" für den Beichtvater sind. »Der Wert der einzelnen Bußleis-
tungen wird grundsätzlich bestimmt durch den Grad der Abtötung und Selbst-
überwindung, von dem sie getragen sind.« Je extremer der Bußakt, desto »größer ist
seine sühnende Kraft«."
Für das Frühmittelalter werden diese Zusammenhänge von Sünde und Buße
in den Bußbüchern greifbar, dem Handwerkszeug für den Priester, mit dem er dem
Sünder nach dem Sündenbekenntnis die entsprechende Bußstrafe zumisst. Dass
überhaupt Bußbücher existieren, die exakt errechnete Bußmaße kennen, verweist
auf den Unterschied und damit auf die Veränderungen des frühmittelalterlichen
52 Bernhard Poschmann und Cyrille Vogel haben darauf gleichermaßen verwiesen; vgl. Poscn-
MANN, Kirchenbuße im frühen Mittelalter, S. 3-11; vgl. VOGEL, Libri Paenitentiales, S. 34-43;
ebenso vgl. KÖRNIGEN, Quellen der Bußbücher, S. 1.
53 Deshalb nimmt Karl-Josef Klär an, dass zunächst griechische Mönche die Christianisierung
Irlands beginnen, welche die im Orient übliche Bußpraxis mitbringen sowie weiterentwickeln,
und sich erst zu einem späteren Zeitpunkt auch lateinische Einflüsse manifestieren (vgl. KLÄR,
Bußinstitut, S. 142f); vgl. KÖRNIGEN, Quellen der Bußbücher, S. 252.
54 Vgl. ANGENENDi, Frühmittelalter, S. 210-215,334-336.
55 KLÄR, Bußinstitut, S. 144.
56 Wenn aber das neue Bußverfahren, dem die Öffentlichkeit fehlt, nicht mehr voraussetzt, dass
der reuige Mensch in den Büßerstand versetzt wird, verliert auch die Rekonziliation ihre Be-
deutung, sodass auch die »Unwiederholbarkeit« obsolet wird (PoscHMANN, Kirchenbuße im
frühen Mittelalter, S. 9).
57 Hinzu kommt, dass auch »kleinere Sünden«, welche die Bußbücher aufnehmen, künftig ge-
beichtet werden können (ebd., S. 10).
58 LuiiERBACH, Intentions- oder Tathaftung, S. 120; zum Gesamtkomplex vgl. KonjE, Bußbü-
cher, Sp. 1118; vgl. VoRGRiMLER, Buße, S. 97-99; vgl. PoscHMANN, Kirchenbuße im frühen Mit-
telalter, S. 8f; vgl. KonjE, Busspraxis, S. 369f, 393-395; vgl. KÖRNIGEN, Quellen der Bußbücher,
S. 1. "
59 PoscHMANN, Kirchenbuße im frühen Mittelalter, S. 9.
60 Ebd.
61 Ebd.
62 KonjE, Paenitentialia minora, S. VII.
63 PoscHMANN, Kirchenbuße im frühen Mittelalter, S. 18.
Die Bußmaße für die ehelichen Vergehen
und Tarifierung< in die Forschungsliteratur eingegangen ist" und in hohem Maß an
die griechische Mönchsbeichte erinnert." Unter dem Einfluss verschiedener Missi-
onsbewegungen wird es zunächst nach England und später auf den Kontinent ex-
portiert.^ Indem die Mönchsbeichte »in abgeschwächter Form auf die Laien
ausgedehnt«" wird und die öffentliche Beichte immer mehr verdrängt," werden
fortan nicht nur die schweren Sünden vor dem Priester oder Bischof bekannt, son-
dern beliebig häufig und geheim jegliche Art der Verfehlung." Standard ist nicht
länger die einmalige, geheime Buße in besonders schweren Fällen vor dem Bischof,
die mit Exkommunikation und einer öffentlichen Rekonziliation verbunden ist,
sondern die mehrmalige, private Buße, auch für »geringfügige Delikte«." Mit Bern-
hard Poschmann gesprochen: »Der >Empfang der Buße< bedeutet nicht mehr den
Eintritt in den Büßerstand, sondern lediglich die Übernahme der Bußwerke.«"
Fortan hat allein der Priester »die Aufgabe, die Größe der Schuldbarkeit bei den
einzelnen Vergehen abzuschätzen, eine entsprechende Buße in der Form konkret
bestimmter guter Werke aufzuerlegen und schließlich die Rekonziliation zu
erteilen.«" Um das Maß abzuschätzen, wie schwer die Schuld wiegt, stellen die
Bußbücher »sozusagen einen Tarif dar, an dem die Buße abzulesen ist«", sodass sie
»Orientierungshilfe«" für den Beichtvater sind. »Der Wert der einzelnen Bußleis-
tungen wird grundsätzlich bestimmt durch den Grad der Abtötung und Selbst-
überwindung, von dem sie getragen sind.« Je extremer der Bußakt, desto »größer ist
seine sühnende Kraft«."
Für das Frühmittelalter werden diese Zusammenhänge von Sünde und Buße
in den Bußbüchern greifbar, dem Handwerkszeug für den Priester, mit dem er dem
Sünder nach dem Sündenbekenntnis die entsprechende Bußstrafe zumisst. Dass
überhaupt Bußbücher existieren, die exakt errechnete Bußmaße kennen, verweist
auf den Unterschied und damit auf die Veränderungen des frühmittelalterlichen
52 Bernhard Poschmann und Cyrille Vogel haben darauf gleichermaßen verwiesen; vgl. Poscn-
MANN, Kirchenbuße im frühen Mittelalter, S. 3-11; vgl. VOGEL, Libri Paenitentiales, S. 34-43;
ebenso vgl. KÖRNIGEN, Quellen der Bußbücher, S. 1.
53 Deshalb nimmt Karl-Josef Klär an, dass zunächst griechische Mönche die Christianisierung
Irlands beginnen, welche die im Orient übliche Bußpraxis mitbringen sowie weiterentwickeln,
und sich erst zu einem späteren Zeitpunkt auch lateinische Einflüsse manifestieren (vgl. KLÄR,
Bußinstitut, S. 142f); vgl. KÖRNIGEN, Quellen der Bußbücher, S. 252.
54 Vgl. ANGENENDi, Frühmittelalter, S. 210-215,334-336.
55 KLÄR, Bußinstitut, S. 144.
56 Wenn aber das neue Bußverfahren, dem die Öffentlichkeit fehlt, nicht mehr voraussetzt, dass
der reuige Mensch in den Büßerstand versetzt wird, verliert auch die Rekonziliation ihre Be-
deutung, sodass auch die »Unwiederholbarkeit« obsolet wird (PoscHMANN, Kirchenbuße im
frühen Mittelalter, S. 9).
57 Hinzu kommt, dass auch »kleinere Sünden«, welche die Bußbücher aufnehmen, künftig ge-
beichtet werden können (ebd., S. 10).
58 LuiiERBACH, Intentions- oder Tathaftung, S. 120; zum Gesamtkomplex vgl. KonjE, Bußbü-
cher, Sp. 1118; vgl. VoRGRiMLER, Buße, S. 97-99; vgl. PoscHMANN, Kirchenbuße im frühen Mit-
telalter, S. 8f; vgl. KonjE, Busspraxis, S. 369f, 393-395; vgl. KÖRNIGEN, Quellen der Bußbücher,
S. 1. "
59 PoscHMANN, Kirchenbuße im frühen Mittelalter, S. 9.
60 Ebd.
61 Ebd.
62 KonjE, Paenitentialia minora, S. VII.
63 PoscHMANN, Kirchenbuße im frühen Mittelalter, S. 18.