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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 4
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Voss, Hermann: Charakterköpfe des Decento: I. Massimo Stanzioni
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0281

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Voss. Charakterköpfe des Secento

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Abb. 5. GUIDO RENI: Susanna und die beiden Alten
Florenz, Uffizien □

Zur Vergleichung des Nackten eignet sich noch besser das erwähnte Bacchanten-
fest in Madrid. Auch für charakteristische Gewandmotive des Frankfurter Bildes findet
man hier sprechende Analogien, z. B. für das über Susannens Arm gelegte Gewand
in einer weiblichen Gestalt ganz rechts; die Haltung des vorderen Greises ähnelt der
einen Figur ganz links in Madrid: Vordrängen des Oberkörpers, Zurückstellen des
einen und Vortreten mit dem anderen Fuße. Die Art, wie sich die Hände Susannas
und des einen Greises berühren, entspricht der Handberührung zweier Bacchantinnen
ganz rechts auf dem Bilde im Prado. Im Helldunkel sind gleichfalls viele Berührungs-
punkte vorhanden: tiefe, oft strichartig scharf absetzende Schatten, starke Helligkeiten
unmittelbar neben tiefen, schwarzen Stellen: wie der rechte Arm der Susanna grenzt
der linke einer rechts vorn knienden Bacchantin direkt gegen die Dunkelheit — man
achte auch auf die weiche, feinempfundene Biegung, in der die Begrenzungslinie
verläuft.
Unser Frankfurter Bild hat in einem anderen, vielleicht noch bekannteren sein
unverkennbares Vorbild. Es ist Guido Renis Darstellung des gleichen Gegenstandes
in den Uffizien (Replik in der National Gallery, London). Man vergleiche die Kompo-
sition, die Bewegungen und Typen der beiden Alten, selbst ihre Gewänder, weiter die
Armhaltung der Susanna, den Blick usw. Es ist kaum anders zu interpretieren: Mas-
simo kannte jenes Gemälde Guidos, und somit möchte es mit der für uns etwas sonder-
baren Bezeichnung „Guido Reni von Neapel" doch noch in anderem Sinne seine Rich-
tigkeit haben. Es ist aber für den Neapolitaner und Riberesken bezeichnend, wie er
sich den Bolognesen zurechtlegt. Zunächst erweiterte er alles; aus den Halbfiguren
 
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