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Monatshefte für Kunstwissenschaft — 1. Halbband, Heft 1 - 6.1908

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Heft 5
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.70400#0469

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Rundschau 461

sam eingehen (1700 von 5000 Pfund bis Mitte
April). Das freiwillige Sammeln in solchen
Fällen hat doch auch seine Schattenseiten; aber
die Regierung hat für derlei Dinge hier eben
nichts übrig. Seltsam kontrastiert dazu die
Nachricht, daß einige auswärtige Staaten ihre
öffentlichen Mittel zur Beschickung des Kon-
gresses und der damit verbundenen Ausstellung
zur Verfügung stellen, so z. B. Österreich-Un-
garn, das alle Kosten seines Teiles tragen will.
Die Darstellung selber wird am 27. Juli in South
Kensington eröffnet werden und soll einen Monat
dauern. Deutschland, Österreich-Ungarn, Schweiz,
Holland, Belgien, die Vereinigten Staaten usw.
werden repräsentativ vertreten sein, ebenso
natürlich die britischen Inseln. Auch eine Retro-
spektive Ausstellung, die die besten Arbeiten
der letzten 10 Jahre umfassen soll, wird vor-
bereitet, um so eine Vergleichsgelegenheit zu
bieten. — Aus der Provinz möge Erwähnung
finden, daß in der Brighton Gallery, deren dies-
malige Jahresausstellung eine Reihe trefflicher
moderner Werke umfaßt, darunter Stücke von
Whistler, Harpignies, Peppercorn usw., jetzt 10
Porträts von Raeburn auf längere Zeit ausge-
stellt sind, die Mrs. Mackenzie der Galerie ge-
liehen hat. Einige darunter gehören zu des
Künstlers reifsten und dabei auch sozusagen
momentansten Werken, namentlich das monu-
mentale Bild „Colonel Alexander Mackenzie",
der neben einem herrlichen Pferde steht, und
„The Son of Colin Mackenzie" mit dem sicher
und kühn hingesetzten Gesicht des Knaben. —
Manche der alten Kathedralen Englands be-
dürfen sehr der Restaurierung, und oft genug
wird die Werbetrommel um freiwillige Beiträge
zu solchen Zwecken gerührt. Nicht immer kommt
das nötige Geld schnell genug ein, und mit Be-
trübnis muß man dann die Berichte der Archi-
tekten und Domvorstände lesen, die von Zer-
störungen an den herrlichen Bauwerken melden.
Die ehrwürdige Canterbury Cathedrale bedarf
in verschiedenen Teilen der Ausbesserung. Zwar
der „Bell Harry Tower" ist nun vollständig
restauriert worden, und das Gerüst, das ihn
drei Jahre umschloß, ist endlich verschwunden.
Aber nun hat es sich herausgestellt, daß die
„Western Towers" vor allem sofortiger Repa-
ratur bedürfen, denn schon sind sie für Passan-
ten gefährlich geworden. 25000 Pfund sind
alles in allem noch aufzubringen; aber keine
öffentlichen Fonds sind im Lande vorhanden,
um hier helfend beizuspringen! Und für was
wird die Privathilfe hier nicht alles in Anspruch
genommen. Ganz abgesehen von Werken der
Charitas, fordern alle möglichen Unternehmungen
innerhalb und außerhalb des Landes eifrigst

zur Unterstützung auf wie z. B. die British Ar-
chäological School in Egypt. usw. Und so müssen
der Stolz und der Ruhm des eignen Landes
leiden. Dabei ist man hier schnell genug mit
dem Tadel dabei, wenn mal in Italien etwas
ähnliches passiert, obwohl dies doch so viel
ärmere Land eine bedeutende Summe zur
Erhaltung seiner Kunstwerke ausgibt. Auch
die alte Winchester Cathedrale, eines der be-
deutsamsten Normannenbauwerke Englands be-
darf schleuniger Restauration, die 87000 Pfund
kosten wird. Davon sind erst ca. 27000 Pfund
gesammelt, und die Autoritäten des Domes be-
finden sich in der keineswegs beneidenswerten
Lage noch um 50000 Pfund betteln zu müssen.
Man geht von Pontius zu Pilatus, alle Geistlichen
der anglikanischen Kirche versucht man zu in-
teressieren; die ganze Diöcese soll in Gruppen
eingeteilt werden, um die Gelder schneller
herbeizuschaffen. So kommen denn auch 100
Pfund hier und 100 Pfund da zusammen;
aber Monate gehen darüber hin, und der Archi-
tekt hält sofortige Reparatur für unbedingt not-
wendig, da die Fundamente unsicher seien und
tiefe Mauerrisse sich schon zeigten. Man wun-
dert sich, daß die englischen Kathedralen über-
haupt noch stehen, liest man diese Stoßseufzer
in den Zeitungen. — Mr. James L. Caw ist zum
Direktor der National Gallery und National Por-
trät Gallery von Schottland, Mr. Alfred A.Long-
den zum Kurator der Aberdeen Art Gallery
ernannt worden. — Im Daily Telegraph läßt sich
Claude Phillips in einer seiner stets interessan-
ten vierzehntägigen „Art Notes" über den Fall
Tschudi in Berlin aus und zollt diesem darin
einen hohen Tribut der Achtung. Er spricht
dabei die Hoffnung aus, daß eine solche glän-
zende Laufbahn nicht derart plötzlich ihr Ende
finden werde, sondern daß ein Posten von
gleicher Bedeutung, sei er nun offiziell oder
nicht, für einen der tüchtigsten Männer Deutsch-
lands gefunden werden möge.
Bei der Jahreszusammenkunft des National
Art Collections Fund (der Gesellschaft, die dem
Kaiser-Friedrich-Museums-Verein in Deutschland
entspricht und durch ihren seinerzeitigen sen-
sationellen Ankauf der Valesquezschen Venus
mit dem Spiegel für die National Gallery weit-
hin bekannt geworden ist) am 6. Mai ver-
kündete Minister Harcourt, dem u. a. die Pflege
der öffentlichen Bauten, somit auch der Galerien
untersteht, daß das Haupt der bekannten Kunst-
handlung Messrs. Duveen Brothers der Nation
einen neuen Flügel zur Tate Gallery auf seine
Kosten erbauen wolle und daß er, der Minister
dieses erfreuliche Angebot im Namen der Re-
gierung und des Landes bereits angenommen
 
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