folgender: kreuzgewölbte Seitenschiffe, darüber eine Triforiengalerie mit einer
Halbtonne, deren Scheitel sich an die Sargmauer anlehnt, darüber ein Lichtgaden
und als Einwölbung des Mittelschiffes eine Halbkreistonne1). Dieses System ent-
spricht den spätromanischen Bauten der provengalischen und auvergneatischen
Schule und stimmt genau überein mit St. Etienne in Nevers, einer vorgotischen
Konstruktion, in der schon die rationelle Verstrebung der Mittelschiffwölbung und
die Einfügung einer hohen Lichtquelle, die beiden Hauptpostulate der Gotik, ver-
sucht werden. Jedenfalls kann man diese Konstruktion nicht als „im direkten
Gegensätze“ zur Gotik bezeichnen. Es handelt sich eben in dem einen Fall um
eine Vorstufe, im andern um ein Rudiment. Bei der kümmerlichen Entwicklung,
die das Strebewerk in der ganzen italienischen Gotik gefunden hat, ist dieser zurück-
gebliebene Lösungsversuch um so weniger auffallend. Der Parallelismus der
Lösungen erklärt sich aber noch durch ein zweites übereinstimmendes Moment:
zu dem gotischen Konstruktionsempfinden, dort im ersten Erwachen, hier im
letzten Verklingen, kommt das antike Formgefühl, dort in der verebbenden Nach-
wirkung, hier in der Wiederbelebung, wie es sich in der einfachen geometrischen
Form der Halbkreistonnen und der einheitlichen Raumgestaltung äußert.
Diese Mischung ist ganz und gar unflorentinisch; sie weist im allgemeinen nach
Oberitalien. Wir finden dafür den Beweis bei Leonardo da Vinci. Unter seinen
Architekturstudien sind einige, die in der einschaligen Apsis- und Tonnenwölbung des
Mittelschiffes und der achtseitigen Vierungskuppel, ja sogar im Detail der schuppen-
förmigen Struktur der äußeren Wölbungsflächen genau mit dem Dom in Sebenico
übereinstimmen. Ein Einfluß dieser Skizzen auf den Ausbau des Domes ist aus-
geschlossen, da spätestens in den siebziger Jahren einzelne Teile (Apsisgewölbe)
in dieser charakteristischen Art bereits eingewölbt waren. Nun zeigen die Skizzen
Leonardos im ganzen Apparat der Detailformen die vollkommene Abhängigkeit von
der noch stark gotisch durchsetzten Frührenaissance Oberitaliens. Auch im Auf-
bau finden wir bei durchwegs renaissancemäßiger Raumgestaltung im Auf decken
des konstruktiven Gerippes sowie in der Verstrebung vielfach gotische Nachklänge.
Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich nur darum, die auffallende
Übereinstimmung gleichsam aus der Verbindung derselben Elemente zu erklären.
Diese typisch oberitalienische Durchdringung von Gotik und Renaissance finden wir
bei Niccolo nirgends. Er ist durchweg florentinisch sowohl in der Architektur als
auch in der Plastik2).
Aber auch das Technische der Aufführung spricht für die Projektierung durch
Giorgio. Folnesics betont mit Recht die eigentümliche Steinkonstruktion der Apsiden-
wände: zwischen den Eckpfosten sind einfache Platten in Falzen eingeschoben,
wie Füllungen in den Rahmen eines Türflügels. Wo sich Fugen ergeben, werden
sie wie bei einer Lattenwand durch Leisten verdeckt. Das Ganze ist eine Kon-
struktion, die das vorzügliche großbrüchige Steinmaterial Dalmatiens zur Voraus-
setzung hat. Ganz übereinstimmend sind nun die Wölbungen aus großen Stein-
(1) Zu der statischen Analyse von Folnesics ist zu bemerken, daß das Kippmoment durch die Halb-
tonne der Seitenschiffe nicht vergrößert, sondern im Gegenteil verringert wird; nur die Vergrößerung
des Durchbiegungsmoments (Knickgefahr) ist ein Nachteil dieses konstruktiven Systems.
(2) Bei der Besprechung eines Reliefs mit der Beweinung Christi an der Friedhofsmauer in Trau er-
wähnt Folnesics beiläufig eine Ähnlichkeit mit Tonplastiken Guido Mazzonis und Bigarellis. Die Be-
obachtung ist richtig, wird aber leider nicht weiter verfolgt, sonst hätte sich ergeben müssen, daß
das Relief überhaupt nicht von Niccolo sein kann, vielmehr einem Meister aus der Emilia angehört,
der unter dem Einflüsse der Tongruppe Niccolös dell’ Area in Bologna steht.
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Halbtonne, deren Scheitel sich an die Sargmauer anlehnt, darüber ein Lichtgaden
und als Einwölbung des Mittelschiffes eine Halbkreistonne1). Dieses System ent-
spricht den spätromanischen Bauten der provengalischen und auvergneatischen
Schule und stimmt genau überein mit St. Etienne in Nevers, einer vorgotischen
Konstruktion, in der schon die rationelle Verstrebung der Mittelschiffwölbung und
die Einfügung einer hohen Lichtquelle, die beiden Hauptpostulate der Gotik, ver-
sucht werden. Jedenfalls kann man diese Konstruktion nicht als „im direkten
Gegensätze“ zur Gotik bezeichnen. Es handelt sich eben in dem einen Fall um
eine Vorstufe, im andern um ein Rudiment. Bei der kümmerlichen Entwicklung,
die das Strebewerk in der ganzen italienischen Gotik gefunden hat, ist dieser zurück-
gebliebene Lösungsversuch um so weniger auffallend. Der Parallelismus der
Lösungen erklärt sich aber noch durch ein zweites übereinstimmendes Moment:
zu dem gotischen Konstruktionsempfinden, dort im ersten Erwachen, hier im
letzten Verklingen, kommt das antike Formgefühl, dort in der verebbenden Nach-
wirkung, hier in der Wiederbelebung, wie es sich in der einfachen geometrischen
Form der Halbkreistonnen und der einheitlichen Raumgestaltung äußert.
Diese Mischung ist ganz und gar unflorentinisch; sie weist im allgemeinen nach
Oberitalien. Wir finden dafür den Beweis bei Leonardo da Vinci. Unter seinen
Architekturstudien sind einige, die in der einschaligen Apsis- und Tonnenwölbung des
Mittelschiffes und der achtseitigen Vierungskuppel, ja sogar im Detail der schuppen-
förmigen Struktur der äußeren Wölbungsflächen genau mit dem Dom in Sebenico
übereinstimmen. Ein Einfluß dieser Skizzen auf den Ausbau des Domes ist aus-
geschlossen, da spätestens in den siebziger Jahren einzelne Teile (Apsisgewölbe)
in dieser charakteristischen Art bereits eingewölbt waren. Nun zeigen die Skizzen
Leonardos im ganzen Apparat der Detailformen die vollkommene Abhängigkeit von
der noch stark gotisch durchsetzten Frührenaissance Oberitaliens. Auch im Auf-
bau finden wir bei durchwegs renaissancemäßiger Raumgestaltung im Auf decken
des konstruktiven Gerippes sowie in der Verstrebung vielfach gotische Nachklänge.
Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich nur darum, die auffallende
Übereinstimmung gleichsam aus der Verbindung derselben Elemente zu erklären.
Diese typisch oberitalienische Durchdringung von Gotik und Renaissance finden wir
bei Niccolo nirgends. Er ist durchweg florentinisch sowohl in der Architektur als
auch in der Plastik2).
Aber auch das Technische der Aufführung spricht für die Projektierung durch
Giorgio. Folnesics betont mit Recht die eigentümliche Steinkonstruktion der Apsiden-
wände: zwischen den Eckpfosten sind einfache Platten in Falzen eingeschoben,
wie Füllungen in den Rahmen eines Türflügels. Wo sich Fugen ergeben, werden
sie wie bei einer Lattenwand durch Leisten verdeckt. Das Ganze ist eine Kon-
struktion, die das vorzügliche großbrüchige Steinmaterial Dalmatiens zur Voraus-
setzung hat. Ganz übereinstimmend sind nun die Wölbungen aus großen Stein-
(1) Zu der statischen Analyse von Folnesics ist zu bemerken, daß das Kippmoment durch die Halb-
tonne der Seitenschiffe nicht vergrößert, sondern im Gegenteil verringert wird; nur die Vergrößerung
des Durchbiegungsmoments (Knickgefahr) ist ein Nachteil dieses konstruktiven Systems.
(2) Bei der Besprechung eines Reliefs mit der Beweinung Christi an der Friedhofsmauer in Trau er-
wähnt Folnesics beiläufig eine Ähnlichkeit mit Tonplastiken Guido Mazzonis und Bigarellis. Die Be-
obachtung ist richtig, wird aber leider nicht weiter verfolgt, sonst hätte sich ergeben müssen, daß
das Relief überhaupt nicht von Niccolo sein kann, vielmehr einem Meister aus der Emilia angehört,
der unter dem Einflüsse der Tongruppe Niccolös dell’ Area in Bologna steht.
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