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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 5.1931

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Das Neue Frankfurt
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Rede zur Eröffnung der Loos=Au$ftellung in Frankfurt
am 31. Januar 1931

von Stadtrat Dr. Max Michel.

Ich bin der Aufforderung, die Frankfurter Ausltellung des Archi-
tekten Adolf Loos zu eröffnen, gerne gefolgt. Diefe Ausltellung
wurde vorbereitet von der Zeitfchrift Das Neue Frankfurt und dem
Frankfurter Kunftverein. Sie ilt das Ergebnis der Zusammenarbeit
einer vorwärts (trebenden Gemeinlchaft junger Ichaffender Men-
Ichen und einer verdienten, für das Frankfurter Kunltleben feit einem
Jahrhundert bedeutfamen Bürgerorganifation. Sie bildet mithin
eine wichtige Brücke zwifchen dem Werdenden und dem Ge-
wordenen und darf in diefer Hinlichtals richtunggebend bezeichnet
werden. In ähnlicher Weile bildet das Werk von Adolf Loos
die Brücke zwischen dem Gewordenen und dem auf dem Ge-
biete der Baukunft in Flufj Befindlichen und Werdenden. Es führt
an die geiltigen Fundamente delfen heran, was wir heute als zeit-
gemäß empfinden und was wir in diefer Stadt „neues Frankfurt"
nennen.

Diefes neue Frankfurt hat in der Welt einen guten Klang dort,
wo die Kämpfe, die die Vertreter des Geltern gegen das Wer-
dende führen, nicht hinübertönen, und wir Itaunen oft, daß dieles
neue Frankfurt, das erlt vier Jahre alt, aber kräftig und enwicklungs-
fähig ift, fo viel von fich reden macht. Man fpricht von ihm, weil es
ein Gelicht hat, das Gelinnung verrät; eine Gefinnung, die dem
Unwefentlichen abhold ift und Ueberflüffiges ablehnt, indes Ge-
fühl für Qualität mitbringt und den Willen, das Erkannte durch-
zulesen und dafür zu kämpfen.

Wenn wir diefe Charakteriftik für das neue Frankfurt geben, fo
können wir fie für Adolf Loos und fein Werk wiederholen. Die
ArbeitendesSechzigjährigen haben Geficht. Siezeigen klareForm,
den Blick auf das Ganze gerichtet, einerlei ob man an das viel-
umftrittene Haus am Michaeler Plafj in Wien denkt oder an Sied-
lungen oder Landhäufer. Sie haben Gefinnung, lehnen das Ueber-
flüffige ab in dem Streben nach Wahrheit und Echtheit, das die
junge Generation um 1900 in Abkehr von der der Gründerjahre
erfüllte. Er zeigt ein Gefühl für Qualität nicht nur in (einer Arbeit,
fondern weit darüber hinaus auf allen Gebieten der künftlerifchen
Befruchtung des Lebens. Höchft eindrucksvoll ift es, zu fehen, wie
er Kokofchka frühzeitig erkannt und für ihn gekämpft hat. Die
gegenwärtig in der Mannheimer Kunfthalleveranftaltete Ausltellung
des Lebenswerkes diefes Künftlers zeigt, dafj dies allein eine Tat
war, für die fein Name dauernd genannt zu werden verdiente.
Und wir wiffen, Loos kämpft für fein Werk, für die Reinheit der
Gedanken mit der Unbeffechlichkeit des wirklich geiltigen Men-
Ichen, der (ich nicht durch Wortfchwall und unklare Sentimenfs oder
Pfychofen beirren läßt. Menfchen, die fich felbft gegenüber kritifch
bis zum legten find und daher auch allem anderen um lie her
gegenüber kritifch bleiben, brauchen wir heute mehr als je. Men-
fchen, deren Leben für die Heranwachfenden Beifpiel dafür ift, dafj

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ARCHITEKT WILLI CAHN, Frankfurt. Neubau der Flersheim-und-Sichel-Stif-
tung; New building ofthe Flersheim and Sichel Foundation; Le noveau bä-
timent de la Fondation Flersheim et Sichel; Phot. Rosenbauer

nur opfervolle Einzelarbeit, die klar und unbeirrbar ihren Weg
geht und höchfte Leiftung fordert, zum Erfolg führen kann und nicht
das „Wunder" oder die blaue Blume der Romantik, die jedem
„das Seine" in den Schoß legt.

Klarheit fehen wir hier, Streben erkennen wir und einen Menfchen,
der hierfür gekämpft. Seiner Leiftung, die Fortgang und keine
Unterbrechung mehr findet, danken wir. Sein Werk mag nun für
ihn (prechen.

Das Frankfurter Regifter.

Mit dem vorliegenden Hefte nehmen wir die Veröffentlichung von
Blättern des Frankfurter Regilters, die feit September 1 930 mit Blatt
15 unterbrochen war, wieder auf, und wir freuen uns, unfern Lefern
in den kommenden Heften eine ganze Reihe neuer Blätter vor-
legen zu können.

Das „Frankfurter Regifter" ift durchaus das geworden, was wir mit
[einer Publikation bezweckt haben : eine fehr ftreng gewählte über-
ficht über die allerbelten Erzeugniffe der Serieninduftrie für die
Wohnungseinrichtung. Wir haben viele Angebote, die uns gemacht
wurden, abgelehnt und werden den Grundfat) (trengfter Auswahl
entfprechend der klaren, kompromißlofen Tendenz unferer Zeit-
fchrift, auch in Zukunft durchhalten.

Das „Frankfurter Regilter" wird bereits in vielen Bau- und Ge-
werbefchulen, Ateliers ulw. öffentlich ausgehängt. Um (eine Wir-
kung in die Öffentlichkeit zu erhöhen, haben wir uns entlchlolfen, in
Zukunft auch folche Gegenftände aufzunehmen, welche bei der
Einrichtung von Haus und Wohnung als eigentliche Bauteile
vom Architekten gewählt werden, wie Türen, Fenfter ufw. Die letjte
Entfcheidung über die Aufnahme treffen die Herausgeber. Gtr.

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