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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 5.1931

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Waas, Adolf: Bildung als Kraft im Lebenskampf
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https://doi.org/10.11588/diglit.17293#0191

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Der Leiter des Bunde, für Vorbildung: BILDUNG ALS KRAFT IM LEBENSKAMPF

Von Direktor Dr. Adolf Waas

In aller fozialpädagogifchen Arbeit ift ftets von den realen Gegebenheiten
der Menfchen, die wir erraffen wollen, und nicht von irgendwelchen Theorien
auszugehen. Die Befinnung auf das Wefentliche der Arbeit, die unter dem
Zwang der heutigen Verhältniffe überall eingelegt hat, hat auch in unferer
Arbeit zu diefer Grunderkenntnis geführt. Vor uns fteht heute Not, und zwar
materielle und geiftige Not aufs engfte miteinander verbunden, das heifjt in
unferem Falle: Gruppen von Menfchen, die von Aufgaben und Fragen
bedrängt, ja oft erdrückt werden, denen gegenüber ihre geiftigen Kräfte
nicht zu genügen fcheinen. Das ift das Bild des gefamten Europa angefichts
der Wirtfchaftskrife, das ift aber auch ein Bild, das fich immer wieder von
neuem im Kreife jeden Einzellebens wiederholt. Hier liegt der Einfatjpunkt
unferer Arbeit. Die notwendige Hilfe kann aber nicht ohne weiteres gegeben
werden; denn die Antworten auf alle diefe jedem einzelnen akuten Fragen
liegen nicht griffbereit vor, fondern müffen erft erarbeitet werden, und felbft
wenn fie fertig vorlägen, müfjten fie doch noch erworben werden, um wirkfam
fein zu können. In diefem Erarbeiten liegt die Aufgabe der Erwachsenen-
bildung, darin allein. Alle ererbten Kulturgüter find uns unter diefem Ge-
fichtspunkt nur darum und nur foweif wertvoll, wie fie bei dem Aufbau gei-
ftiger Kräfte zu helfen vermögen.

Darum heifjt es zunächft, die Menfchen fo zu faffen, wie fie vor uns ftehen in
ihrer foziologifchen und zeitlichen Gebundenheit, nicht als Menfchen an fich,
fondern als Arbeiter, als Angeftellte, als nach einer neuen Lebenshaltung
fuchende Mittelftändler u. a., als Menfchen unferer Tage belaftet mit der uns
allein eigentümlichen Not. Ihre fpeziellen akuten Probleme müffen die Frage-
ftellungen werden, von denen aus unfere Arbeit in gröfjere Tiefen vorzu-
ftoben hat. Das allein und nicht die Syftematik der Wiffenfchaft, nicht auch die
Senfation eines „intereffanten" Themas kann unfer Ausgangspunkt fein.
Die Notwendigkeit des Augenblicks hat uns gezwungen, in vielem eine
andere Stellung einzunehmen als die Arbeit der legten Jahrzehnte, ja auch
in manchem als die Arbeit vor zehn Jahren. Die politifche und wirtfchaftliche
Not unferer Tage, die Ratlofigkeit, die fich vielfach den Grundfragen des Le-
bens und der Lebensgeftaltung gegenüber zeigt, zwingt uns, diefen damit
gegebenen Fragen weiten Raum zu geben. Wir find fkeptifcher geworden
allen formulierten Zielferjungen gegenüber. Weil wir die Scheidung der
Wege von Wiffenfchaft und Bildung fchärfer fehen als in früheren Zeiten,
FrankfurterBundfürVolksbildung. Aus einem Kurs haben wir gröberen Abftand von der wiffenfchaftlichen Forfchungsarbeit,
der ßetriebsrätefchule-Frankfort LeagueofPopu- ebenfo aber auch von dem humaniftifchen Perfönfichkeitsideal. Wir ferjen

lar bducation : from a course of the Works Council

Schoo! • La Ligue francfortoise d'education popu- keine neue Formulierung an die Stelle. Aber wir wiffen, dafj folche Wand-

laire: vue prise dans un cours de l'Ecole des con- . . , . . . .. ■ . m ■ i- i •■ r- i

seils d'expioitation. Photo Mandello lungen nicht Willkür, londern zeitgebundene Notwendigkeit lind.

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