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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 5.1931

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Sörgel, Herman: Das Panropa-Projekt
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https://doi.org/10.11588/diglit.17293#0072

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LANDESPLANUNG UND STÄDTEBAU

DAS PANROPA-PROJEKT

von Herman Sörgel, München

Ein Buchenhochwald von einem Hektar Größe verdunftet täglich
durchfchnittlich 30000 Liter Wader. Wenn ein Wald in unlerem
verhältnismäßig kühlen Klima foviel Feuchtigkeit an die Luft ab-
gibt, was muh dann erft die über zweiundeinhalb Millionen
Quadratkilometer große Mittelmeerfläche verdunften? Wie wird
diefes Waffer, das ja nur zum Teil auf die Meeresfläche als Regen
herabfällt, erfetjt, (o daß die Küftenländer nicht austrocknen? Ein
Blick auf die geographifche Karte zeigt zu unferer überrafchung,
daß im fchroffen Gegenfaß zu anderen Meeren — z. B. dem
Schwarzen Meer — ins Mittelmeer nur ganz wenig größere Flüffe
münden. Außer Nil, Po, Rhone und vielleicht noch Ebro find
kaum nennenswerte Zuflüffe vorhanden, die den enormen Waller-
verbrauch unter der heißen Sonne der Mittelmeerländer erfeßen
könnten. Wie erklärt (ich das? Die Lölung gibt uns theoretifch die
Entflehung des Mittelmeeres (der wir hier nicht näher nachgehen
können), und rein praktifch eine Mellung der Strömungen in der
Straße von Gibraltar bezw. in den Dardanellen.
Es fließen in jeder Sekunde 88000 cbm Waffer vom Atlantik durch
die Straße von Gibraltar ins Mittelmeer. Mein Projekt will diefe
Kraft ausnüßen, um mit den daraus zu erzielenden 160 Millionen
Pferdekräften, - dem Taufendfachen des Walchenfeewerkes, —
Teile von Nordafrika zu kultivieren und zugleich Neuland im
Mittelmeerbecken durch die eintretende Senkung des Waffer-
fpiegels zu gewinnen. (Näheres darüber in: Sörgel, „Mitfelmeer-
lenkung und Saharabewälferung" Verlag J.M.Gebhardt, Leipzig).
Die Kultivierung der Sahara i(t ja ein alter Menlchheitstraum. War
doch fchon einmal der Nordrand Afrikas die Quelle des Reich-
tums und Luxus' für das römifche Weltreich. Aus der Provinz
Afrika bezog Rom die Mittel, um mit Söldnerheeren 200 Jahre
lang gegen Griechenland Krieg zu führen. — Seit 60 Jahren
werden Projekte über Projekte gemacht, die Sahara mit modernen
Mitteln der Kultur zu erfchließen: fie allemülfen Icheifern, (olange
die Kraft, die man dazu braucht, fehlt. Diefe enorme Kraft würde
das Stauwerk bei Gibraltar liefern, und mit feinen Elektri-
zitätskräften könnten große Teile Nordafrikas in blühende Plan-
tagen verwandelt, die Rohproduktenquellen eines ganzen Welt-
teils erlchlolfen und das auffauchende Neuland im Mittelmeer-
becken bewirtfchaftet werden.

Aber noch ein anderes, höheres Ziel fchwebt dem „Panropapro-
jekt" vor. Alle Menfchheitslorgen laden fich im Grunde auf ein
paar Elemenfe zurückführen. Der viel mißbrauchte und noch mehr
mißverftandene Ausdruck „Kampf ums D a f e i n" meint eigent-
lich zunächft Kampf um Raum, lagt Friedr. Raßel. Am Raum mißt

fich das Maß der anderen Lebensbedingungen, vor allem der
Nahrung. Weiter Raum wirkt lebenerhaltend, auf engem Raum
aber wird der Kampf verzweifelt. Nehmen wir zum Raum auch
noch die Kraft, jene Kraft, wie lie in der Natur in unerfchöpflicher
Fülle vorhanden ift und vom Menfchen mittels der Technik nuß-
bar gemacht werden kann, [o haben wir die beiden Faktoren, in
denen das Panropaprojekt verankert liegt. Falt eine halbe Million
Kubikkilometer geht jährlich durch die Maschine des irdilchen
Waflerkreislaufes; aber nirgends in der Welt man fucht ver-
geblich auf der Weltkarte bietet die Natur dem Menfchen
gewidermaßen auf dem Präfentierteller eine (olche Gelegenheit,
Energie und Land zu gewinnen. „Die Gelchichte lehrt, daß Europa
ein ungeheures Vermögen vor feinen Toren liegen hat und es
gleichfam nur aufzuheben braucht. Man lagt wahrlich nichts über-
triebenes, wenn man behauptet: die Wiederbegrünung der
Sahara fei die ausfichtsreichfte Kulturaufgabe, welche auf das
Europa des 20. Jahrhunderts wartet" (Raoul H. France).
Das Panropaprojekt will durch eine große gemeinfame Aufbau-
und Friedensarbeit, an der (ich alle Völker Europas beteiligen
follen, das in Zerfeßung befindliche Abendland wirtfchaftlich
heben und einigen. Zum Unterfchied von dem Coudenhovefchen

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DAS PANROPA-PROJEKT. Architekt Herman Sörgel, München ■ The Pan-
europe Project. Architect: Mr. Herman Sörgel, Munich ■ Le projet de la Pan-
europe. Architecte: M. Herman Sörgel, Munich

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