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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 5.1931

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Schroeder, Gerhard: Die regionale Planung im Rhein-Main-Gebiet
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https://doi.org/10.11588/diglit.17293#0269

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DIE REGIONALE PLANUNG IM RHEIN-MAIN-GEBIET

Von Gerhard Schroeder

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Durchbrüche in der Innenltadt Frankfurf-M um 1904
Demolitions inthe centralpartof Frankfort-on-Main
about 1904

Percees aux quartiers centraux dela villedeFranc-
forf-sur-le-Mein vers 1904

1. Teil

Von der deutfchen Gefamtbevölkerung wohnen rund 65 Prozent in den
Städten und rund 25 Prozent allein in den Grofjftädten. Die Urbanifierung
Deutfchlands hat erfchreckend zugenommen. Wir zählen heute in Deutfch-
land faft 5 Millionen Erwerbslofe, und zwar in der Hauptfache in den Städten.
Sieht man da keine Zufammenhänge ? In rafendem Lauf hat fich die Induftria-
lifierung Deutfchlands erfüllt und der Bevölkerungsnachwuchs ift faft aus-
fchliefjlich in die Grofjftädte abgewandert. Es ift wichtig zu unterfcheiden:
Nicht die Induftrialifierung ift falfche Entwicklung —fie ift vielleicht überftürzte
Entwicklung—, fondern die einfeitige Tendenz zur Grofj-Stadt-Bildung und
die Entvölkerung des platten Landes find bedenklich. Grofjftädte koften Geld!
Man hat errechnet, dafj die jährlichen Verwaltungskoften fteigen
von 140,00 RM pro Kopf bei 100 000 Einwohnern
bis 177,70 RM „ „ „ 200 000 „ „ und mehr.
Weltftädte koften eine Propaganda-Extrazulage! Kleinftädte und Dörfer
find billig in Verwaltung und Verkehr! Das Ueberwiegen der ftädtifchen Be-
völkerung hat die gefunde Relation zwifchen Stadt und Land geftört. Und
trotzdem Unrenfabilität der Landwirtfchaft ?—Alles fortfchrittliche Intereffe in
Deutfchland hatte fich dem wachfenden Teil unferes Landes, den Städten und
der Induftrie zugewandt. Kein Wunder, wenn das vernachläffigte Organ ver-
kümmerte, wenn die Landwirtfchaft der rafenden Entwicklung nicht nachkam
und fich nicht auf die Bedürfniffe von Stadt und Induftrie umftellte. Deswegen
werden wir in Deutfchland unfer Intereffe der Landwirtfchaft und dem platten
Land zuwenden, wir werden in induftrieller Entwicklung kurz treten und die
Modernifierung und Rationalifierung der Landwirtfchaft mit allen Mitteln för-
dern müffen.Denn wir dürfen über technifchem und ftädtifchem Fortfchrift nicht
vergeffen, dafj der Kopf nicht ohne den Körper leben kann.
Kein Wunder, dal} heute, wo die Not der Erwerbslofen an allen geheiligten
Kulturgütern der Grofjftädte rüttelt; fich die Stimmen mehren, welche nach
planvoller Wirtfchaft, nach einem Wirtfchaftsplan rufen.
Zufammenfaffende Planung ift notwendig.

Für Städtebau, Regional-und Landesplanung wird ein folcher Wirtfchaftsplan
wenn er kommt, ficher die allgemeine Grundlage abgeben. Ich kann aber
Dr. Martin Wagner nicht beiftimmen, wenn er in feinem letzten Frankfurter
Vorfrag fagte, dafj ohne einen folchen allgemeinen Wirtfchaftsplan jede ffädte-
bauliche Planung zwecklos fei. Zugegeben, dafj etwa in Rufjland ftädtebau-
liche Planung fich nach einheitlichem Wirtfchaftsplan vollzieht, und dafj der
volkswirtfchaftliche Nutzeffekt in diefem Fall prozentual wefentlich höher ift,
als ohne einen folchen, aber jede Regional- und Landesplanung wird zu-

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