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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 5.1931

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Pappenheim, Gertrud; Waas, Adolf; Beer, ...: Probleme des Aufbaues
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https://doi.org/10.11588/diglit.17293#0192

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L E M E

DES AUFBAUES

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Frankfurter Bund für Volksbildung. Aus einem Wochenendkurs für Mädchen
Frankfort League of Populär Education: from a Weekend course for girls
La Ligue francfortoise d'education populaire: vue prise dans un cours de se-
maine anglaise pour jeunes filles. Photo Mandello

Arbeifsgemeinlchaft und Wochenendkurfus

Es wäre verfehlt, ein ftarres und unbedingt gültiges Prinzip für
die Unterrichtsmethoden der Volksbildung aufltellen zu wollen.
Aber es darf doch trot) Ablehnung einer dogmatifchen Feftlegung
ausgebrochen werden, daß die Arbeitsgemeinfchaft, das heifjt
das lebendige Wechfelfpiel von Frage und Antwort, für die volks-
bildnerifche Aufgabe von befonderer Bedeutung ift. Diefe
arbeitsgemeinfchaftliche Methode ift nicht nur deshalb gefordert,
weil viele der in Frage kommenden Hörer, die in der Regel tags-
über in einem körperlich (ehr anftrengenden Arbeitsprozeß ftehen,
in Abendkurfen mit einem beträchtlichen Maß phyfifcher Müdig-
keit zu kämpfen haben und daher zu wirklicher Auseinander-
(efyung mit wiffenfchaftlichen Problemen eher durch Teilnahme an
gut geleiteten Ausfprachen als durch Entgegennahme rhetorifch
noch fo gefchickt aufgebauter Vorträge kommen können. Die
Entfcheidung für das Prinzip der Arbeitsgemeinfchaft hat auch noch
einen inneren Grund: Diefe Unterrichtsmethode vermag am deut-
lichften und fauberften das Verhältnis auszudrücken, das heute bei
der Erörterung zahlreicher Fragen zwifchen Dozenten und Hörern
befteht und dadurch gekennzeichnet ift, dafj unfer Willen über
entfcheidend wichtige Probleme in einer ernften und nicht mehr
zu bettreitenden Krile fteht. Diefem Tatbeftand, daß untere Ant-
worten auf viele Fragestellungen des perlönlichen und fozialen

Lebens unficher geworden find und nicht mehr als fefter und un-
erfchütterlicher Befiß ausgegeben werden können und dürfen,
trägt die Arbeitsgemeinfchaft, in der jeder einzelne und auch der
Dozent als Fragender und nicht nur als Antwortender erfcheint,
deutlicher als die Vortragsform Rechnung. Der Vortrag ilt deshalb
keineswegs für alle Fälle preiszugeben. Er behält feine Berechti-
gung bei allen Erörterungen, die ein Wiffen um folche Tatfächlich
keifen vorausfeßen, deren Kenntnis von den Hörern einfach nicht
erwartet werden kann und für deren Behandlung eine referierende
Darftellung daher viel wertvoller als eine künltlich durchgeführte
Arbeitsgemeinfchaft (ein wird.

Gegen die Anwendung der arbeitsgemeinfchaftlichen Methode
(cheinen im wefentlichen zwei Tatfachen zu fprechen: Einmal
werden lieh im Rahmen eines größeren Kreifes immer nur einige
wenige Teilnehmer an der Beantwortung der aufgeworfenen
Fragen aktiv beteiligen, (o daß die Arbeitsgemeinfchaft in vielen
Fällen eine lllufion zu bedeuten (cheint. Man hüte (ich aber,
aus richtigen Beobachtungen falfche Schlüffe zu ziehen. Es
ift nämlich zu bedenken, daß (ich viele Menfchen nur fehr fchwer
zur Formulierung und Mitteilung ihrer Gedanken entfchließen
und daß durch folche Hemmungen in vielen Arbeifsgemeinfchaften
die lebendigfte Mitarbeit nicht bei den zungenfertigften und in der
gewandteren Form in die Diskuffion eingreifenden Mitgliedern zu
fuchen ift. In Privatgefprächen, die fich an folche Arbeifsgemein-
fchaften anfchließen, läßt (ich gar häufig gerade bei den im großen
Kreis fchweigfam gebliebenen Beteiligten ein besonders ftarkes
Maß von Aufgefchloffenheit und Verftändnis den behandelten
Frageftellungen gegenüber wahrnehmen. — Es gibt aber noch

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