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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 5.1931

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Pappenheim, Gertrud: Betriebsräteschule des Frankfurter Bundes für Volksbildung und der freien Gewerkschaften
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https://doi.org/10.11588/diglit.17293#0201

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FRANKFURTER ORGANISATIONEN

Betriebsrätefchule des Frankfurter Bundes für Volksbildung und der freien Gewerkfchaften
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Kurs in der Betriebsrätefchule ■ Course in the Works Council School • Cours
dans l'Ecole des Conseils d'exploitation. Photo Mandello

Aus der gemeinfamen Bildungsarbeit des Bundes für Volksbildung
und der freien Gewerkfehaffen ift im Winterquartal 1930/31 die
Frankfurter Betriebsrätefchule hervorgegangen. Die geiftige Hal-
tung diefer Schule, die hauptfächlich den Aufgaben der Arbeiter-
bildung zu dienen bemüht ift, verfucht der folgende Beifrag zu
fchildern.

Gegen die Arbeiterbildung

I. Politifche Gegner

Angefichts der tiefen Zerriffenheit, die durch untere Nation geht,
ift es oberlte Pflicht aller (ich ihrer Verantwortung bewußten Bil-
dungsarbeit, der Idee der Volksgemeinfchaft und insbefondere

der geiftigen Zufammenführung und Annäherung der fonlt im Für die Arbeiterbildung

wirtfehaftlichen, politifchen und fozialen Leben getrennten Grup- Z u I.: Es ift verhängnisvoll, die Möglichkeiten des pädagogifchen
pen und Klaffen zu dienen. Wir erblicken deshalb in allen Bil- Wirkens zu überfchäfjen. Die fo folgenfehwere Zerfförung der
dungsbeftrebungen, die fich nicht dem Ganzen des Volkes, Volksgemeinfchaft ift die Folge eines unerbittlich fortfehreitenden
fondern nur (einen einzelnen Teilen zuwenden, eine ernfte ökonomifchen und fozialen Prozetfes, dem man nicht auf dem
Gefahr und ftehen jeglicher Volksbildung, die (ich z. B. lediglich Wege pädagogifcher Einwirkung beliebig Einhalt gebieten kann,
auf bürgerliche, bäuerliche oder wiedieArbeiterbildung — nur
auf proletarifche Schichten erftreckt, mit entfehiedener Ablehnung
gegenüber.

II. Pädagogifche Gegner Zu II.: Die Trennung von Bildung und Alltag fcheint uns den
Das Reich der Bildung fängt dort an, wo der Bezirk des Alltags Aufbau eines wirklichen Kulturlebens nicht zu fördern, fondern zu
zu Ende geht. Die Bildungsidee wird ihrer Weihe und ihres Adels hemmen. Nicht im weihevollen und von dem realen Gefchehen
unwiederbringlich beraubt, wo (ie in die kleinlichen und fchmutzi- abgewandten Erlebnis, fondern im alltäglichen Leben voll-
gen Kämpfe des alltäglichen Gefchehens hineingeftellt ift. zieht fich das, was Bildung heifjt. Nicht die Flucht vor dem Alltag,
Bildungsfähig ift der Menfch nur dann, wenn die ihn fonft erfüllen- fondern feine Bejahung und die Auseinanderfetjung mit (einen
den Leidenlchaften verftummt find. Aus diefem Grunde ftehen Nöten und unabweisbaren Fragen fcheint uns die Erfüllung der
wir der Arbeiterbildung, in deren Mittelpunkt die Erörterung Bildungsidee zu bedeuten. Man darf nicht vergelten, dafj die
aktueller Fragen des politifchen und gefellfchafflichen Alltagsie- Beantwortung aktueller Problemffellungen weit mehr als eine
benszu ftehen pflegt, und die daher der Leidenfchaffslofigkeitdes nur äußerlich bleibende und lediglich die Vermehrung pofitiver
Erkennens hemmend in denWeg tritt, aus Gründen des pädagogi- Kenntniffe anftrebende Schulung vorausfetjt. Denn auch in vor-
fchen Gewiffens mit großer Skepfis gegenüber. Außerdem haben wiegend praktifchen Kurfen, beifpielsweife über den Kampf um
diewertvollftenGeftaltenausderdeutfchenGeiftesgefchichteimmer die Lohnpolitik, die Entwicklung der Kommunalpolitik u. a., tau-
wieder die Einficht ausgebrochen, daf} wahre Bildung nur uni- chen immer wieder Kontroverfen auf, hinter denen fehr grundfäfy-
verfellen Charakter tragen kann und daher eine möglichft har- liehe und über den Alltag hinausweifende Fragen, wie etwa nach
monifche und allfeitige Entfaltung der im menfch liehen Individuum dem Sinn des Lebens, nach der Freiheit des Willens, nach der Macht
fchlummernden Kräfte und Fähigkeiten zur Aufgabe hat. Im Ge- der Idee, ufw. ftehen.

genfafj dazu ift die Arbeiterbildung, die (ich keineswegs an die Gewih, zu diefen Problemen wird im Rahmen der Betriebsräte-
Gefamtperfönlichkeit wendet, im welentlichen als Funktionärbil- fchule und der Arbeiterbildung von einer beftimmten Weltan-

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