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Itten, Johannes: Kunstunterricht
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.17293#0143
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ITTEN-SCHULE Berlin. Kompofitionsübungen ■ Uten School in Berlin: Compos-
ing exercises ■ L'ecole Ilten ä Berlin: excarcices de composition
Art des Unterrichts wechfeln und bald konduktive, bald exprelfive
und bald impreffive Löfungen von feinen Schülern verlangen.
Für Schüler, die Naturftudien treiben, wäre zur Ausbildung der
intellektuell-konftruktiven Anlagen etwa folgende analytilche Auf-
gabe zu ftellen. Gegeben ein Silleben.
1. Lineare Analyfe 2. Hell-Dunkel-Analyle
3. Formcharakter 4. räumliche Lage
5. Strukturen 6. Proportionen
7. Konftruktion des Gegenltandes 8. Analyfe der Bildakzente
9. Rhythmifche und 10. farbige Analyfe.
Zur Ausbildung des Expreffiven- oder Empfindungstemperaments
ift befonders die Wirkungsform zu (fudieren, alfo im realen Gegen-
ftand felbft nicht vorhandene, aber für (eine optifche Wirkfamkeit
als Kontrafterfcheinung entfcheidende Geftalt. Die Wirkungsformen
find die Träger der exprelfiven künftlerifchen Qualität der Geftalt.
Die dargeftellten Dinge der objektiven Welt bekommen in der
Empfindungsform ein eigentümlich fenlitives neues Ausfehen da-
durch, daß die Senfibilität und Schöpferkraft des Künftlers in ihr
zum Ausdruck kommt.
Als Gegengewicht zu den konduktiven Studien müffen Übungen
gemacht werden, die nur auf Löfung und Entwicklung des gefühls-
mäßigen Geftaltens hinzielen. Es gefchieht fonft allzu leicht, daß
Schüler mit ftark ausgeprägter intellektueller Anlage denken, mit
dem Konfluieren allein künftlerifch Wertvolles fchaffen zu können.
Sie unterdrücken ihr an und für fich nur fchwach regfames intuitives
Empfinden und ftellen es unter die Defpotie der Zahl. Ihre Schöp-
fungen werden immer kälter, leblofer, bis diefer Typus eines Tages
felbft die Unzulänglichkeit feiner Methoden feftftellt und fich für
untalentiert hält.
Der Intellekt ift feinem Wefen nach nicht das Schöpferifche felbft,
fondern das ordnende Prinzip.
Eine andere Gruppe von Schülern wird bei den konftruktiven
Übungen überhaupt mehr oder weniger verfagen, oder doch mit
dem Empfinden arbeiten, daß diefes Konfluieren der fchöpferi-
(chen Geftaltung wenig dienlich fei.
Das Maß an intellektueller, finnlicher oder gefühlsmäßiger Kraft
ift in feiner dreifachen Mifchung außerordentlich unterfchiedlich
verteilt bei den verfchiedenen Individuen. Im Ablauf des Unterrichts
muß der Lernende feine Stärke — die leicht durch allerlei Ge-
fahren — vor allem durch falfche pädagogifche Eingriffe — zur
Schwäche werden kann, erkennen und willen, welche Fähigkeiten
weniger ftark in feiner Anlage entwickelt find. Ift er fich in feiner
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ITTEN-SCHULE. Marianne Kat). Portrait
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ITTEN-SCHULE Berlin. Kompofitionsübungen ■ Uten School in Berlin: Compos-
ing exercises ■ L'ecole Ilten ä Berlin: excarcices de composition
Art des Unterrichts wechfeln und bald konduktive, bald exprelfive
und bald impreffive Löfungen von feinen Schülern verlangen.
Für Schüler, die Naturftudien treiben, wäre zur Ausbildung der
intellektuell-konftruktiven Anlagen etwa folgende analytilche Auf-
gabe zu ftellen. Gegeben ein Silleben.
1. Lineare Analyfe 2. Hell-Dunkel-Analyle
3. Formcharakter 4. räumliche Lage
5. Strukturen 6. Proportionen
7. Konftruktion des Gegenltandes 8. Analyfe der Bildakzente
9. Rhythmifche und 10. farbige Analyfe.
Zur Ausbildung des Expreffiven- oder Empfindungstemperaments
ift befonders die Wirkungsform zu (fudieren, alfo im realen Gegen-
ftand felbft nicht vorhandene, aber für (eine optifche Wirkfamkeit
als Kontrafterfcheinung entfcheidende Geftalt. Die Wirkungsformen
find die Träger der exprelfiven künftlerifchen Qualität der Geftalt.
Die dargeftellten Dinge der objektiven Welt bekommen in der
Empfindungsform ein eigentümlich fenlitives neues Ausfehen da-
durch, daß die Senfibilität und Schöpferkraft des Künftlers in ihr
zum Ausdruck kommt.
Als Gegengewicht zu den konduktiven Studien müffen Übungen
gemacht werden, die nur auf Löfung und Entwicklung des gefühls-
mäßigen Geftaltens hinzielen. Es gefchieht fonft allzu leicht, daß
Schüler mit ftark ausgeprägter intellektueller Anlage denken, mit
dem Konfluieren allein künftlerifch Wertvolles fchaffen zu können.
Sie unterdrücken ihr an und für fich nur fchwach regfames intuitives
Empfinden und ftellen es unter die Defpotie der Zahl. Ihre Schöp-
fungen werden immer kälter, leblofer, bis diefer Typus eines Tages
felbft die Unzulänglichkeit feiner Methoden feftftellt und fich für
untalentiert hält.
Der Intellekt ift feinem Wefen nach nicht das Schöpferifche felbft,
fondern das ordnende Prinzip.
Eine andere Gruppe von Schülern wird bei den konftruktiven
Übungen überhaupt mehr oder weniger verfagen, oder doch mit
dem Empfinden arbeiten, daß diefes Konfluieren der fchöpferi-
(chen Geftaltung wenig dienlich fei.
Das Maß an intellektueller, finnlicher oder gefühlsmäßiger Kraft
ift in feiner dreifachen Mifchung außerordentlich unterfchiedlich
verteilt bei den verfchiedenen Individuen. Im Ablauf des Unterrichts
muß der Lernende feine Stärke — die leicht durch allerlei Ge-
fahren — vor allem durch falfche pädagogifche Eingriffe — zur
Schwäche werden kann, erkennen und willen, welche Fähigkeiten
weniger ftark in feiner Anlage entwickelt find. Ift er fich in feiner
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