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Das neue Frankfurt: internationale Monatsschrift für die Probleme kultureller Neugestaltung — 5.1931

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Pappenheim, Gertrud; Waas, Adolf; Beer, ...: Probleme des Aufbaues
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https://doi.org/10.11588/diglit.17293#0195

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Das (ind aber nicht die einzigen Typen. Da kommt der Arbeiter
oder Angettellte, der [ich in (einem Beruf fortbilden will, und ein
anderer, dem es um Literatur zur Pflege (einer Liebhaberei (Tier-
zucht u. a.) zu tun ift, während es anderen um reine Bereicherung
ihres Wittens von fernen Ländern oder fremden Zeiten geht. Jeden-
falls ein ungeheuer mannigfaltiges Bild verfchiedenffer Typen und
ein noch mannigfaltigeres Bild verfchiedenfter Menfchen, in denen
die genannten und andere Typen fich mannigfach vermifchen.

Waas

Arbeitslofigkeit

Die Arbeitslofigkeit hat uns in den letjten Jahren vor ganz be-
fondere Aufgaben geftellt. Denn es galt, für die Erwerbslofen be-
fondere Möglichkeiten geiffiger Arbeit oder, wo das nicht möglich
war, doch geiftiger Inanlpruchnahme zu fchaffen. Und fo ift aus
dieler Aufgabe in den letjten Wintern eine neue Inftitution, eine
Volksbildungsarbeit für Arbeitslofe, in Tagesftunden entftanden,
die aber von der betonderen Aufgabe aus ihr eigenes Gepräge
hat. Die Veranlagungen waren oft von mehr als 1000 Arbeits-
lohn, meift Männern, befucht. Das Wichtigfte waren Vortrags-
woche als gefchloffene Reihe von Vorträgen, dazwifchen einge-
ftreut Konzerte, Filmvorführungen, Theaterveranftaltungen. Dank
dem Entgegenkommen der (tädtitchen Bühnen konnten häufig
Karten für Erwerbslofenvorftellungen der Bühnen durch den Bund
vermittelt werden. Daneben vereinigten belondere Nachmittage
Jugendliche beim Bafteln und bei gemeinfamen Befprechungen,
und ebenfo Frauen beim Handarbeiten, Nähen und gemeinfamen
Reden über Frauenfragen (letjteres gemeinfam mit dem Verband
deutfcher Staatsbürgerinnen). Zur beruflichen Weiterbildung im
Mafchinennähen wurden Kurfe gemeinlam mit dem Arbeitsamt
veranftaltet. Vor allem verfuchten auch die Büchereien durch Lek-
türe zu helfen, doch war der Andrang der Arbeitslofen zu den
Büchereien fo groh, dafj Bücherfchrank und Perfonal diefer ge-
(teigerten Inanfpruchnahme gegenüber zu klein waren. Aber wir
wilfen, dafj alle diefe Arbeit, die (ich ergänzt durch die Arbeit
vieler Verbände und Vereine, in Frankfurt der gefamten geiftigen
Not der Arbeitslofen gegenüber nur eine allzu geringfügige Hilfe
bedeutet. Waas

Kinder lefen

Im Schulbuch tritt heutigen Tages das altgewohnte Lelebuch immer
mehr zurück gegenüber der fogenannten „Ganzfchrift". Die mo-
derne Schulpädagogik hat erkannt, dafj das Unorganifche in der
Zufammenordnung von Ausfchnitten aus gröfjeren Werken, ein-
zelnen Auflägen und Gedichtproben den jungen Menfchen dem
Wefen des Buches und dem fprachlichen Kunfiwerk nicht näher-
bringt, dafj alfo das Lefebuch auf die (ich entwickelnden Erlebnis-
wünfche, auf das entgehende Formgefühl und auf den Drang nach
Wahrheit, Echtheit, Lebensnähe, Gefchloffenheit und Weite zu-

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Aus einem Kinderlelefaal • From a Children's Reading Room. Vue prise dans
un Cabinet de lecture pour enfants. Photo Mandello

gleich, wie fie während der Entwicklung des Kindes zum Jugend-
lichen auftreten, nur hemmend wirken kann.

Der Schule (ind bei diefem neuen Unterrichtsweg Grenzen ge-
(etjt; Grenzen, die auch durch den Ausbau der Schülerbüchereien,
der augenblicklich nach Kräften gefördert wird, nicht genügend
ausgeweitet werden können.

Hier tritt die Volksbücherei ein, die die Formen für die Einglie-
derung des Kindes und des Jugendlichen in ihren Organismus
immer konlequenter herausgebildet hat. Dabei wird belonderer
Wert darauf gelegt, das Kind uneingefchränkt die „Welt des
Buches" erleben zu laden, und zwar fo, dafj es (ich in der Ufer-
lofigkeit der Leleltoffe nicht verliert und doch in der Befriedigung
(einer echten und ungebrochenen Phantatiebedürfniffe nicht ge-
hemmt wird.

Das Kind (oll mit zunehmendem Alter zugleich in die Gliederung
der Bücherbeftände und in die Mittel zu ihrer Ertchliefjung (Kata-

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