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Peust, Carsten
Das Napatanische: ein ägyptischer Dialekt aus dem Nubien des späten ersten vorchristlichen Jahrtausends ; Texte, Glossar, Grammatik — Göttingen, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.31318#0016

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durch gewöhnlichen Sprachwandel entstanden ist. Wenn er auch von Korruption spricht, so ist dies keine besonders
markierte Aussage, sondem entspricht der Terminologie, mit der man Sprachwandel zu jener Zeit eben beschrieb:
“(...) the inscription thereon (der Nastasentext, C.P.) is mixed from the beginning to the end with many
forms peculiar to the Egyptian dialect of Ethiopia. Since the days of early colonisation by the great
sovereigns of the XII**1 Dynasty, and even since the less remote times of Thotmes III and Ramses II, the
pure Egyptian first spoken by the settlers had been sadly corrupted, both by a slow but steady infiltration
of alien words and by the natural work of years. (...) when communications between the lands to the
north and the lands to the south of the first cataract became scarce and difficult enough (...), the literary
and grammatical traditions were soon put aside, and ended in being utterly forgotten : new words drawn
from the popular stock of words filled up the place of the old unintellegible vocables, new idioms super-
seded the turns and shades of expressions in which the scribes beaux-esprits of Thebes had delighted,
hundreds of years before.”

1.2 Anlage der Arbeit im Überblick
Die vorliegende Arbeit möchte einen ersten Gesamtüberblick über das Napatanische als eigenständiges Sprachsystem
bieten. Sie enthält eine Textausgabe, die die bisherigen Textausgaben der drei hauptsächlichen Textzeugen — mit
Ausnahme der publizierten Photographien — ersetzen soll, des weiteren eine Beschreibung, eine Transkription und
Übersetzung der Texte, verschiedene Abschnitte über das späte Nubien und seine Sprachen, eine Zeichenliste aller
vorkommenden Hieroglyphen, eine Diskussion ausgewählter Fragen des napatanischen Schriftsystems. Es folgen
Glossare der Appellativa sowie der Orts- und Personennamen. Diese Glossare sind der Ort, an dem ich mich haupt-
sächlich mit der Sekundärliteratur zu den napatanischen Texten auseinandergesetzt habe. In den anderen Abschnitten,
insbesondere in der Grammatik und der Zeichenliste, stelle ich in der Regel nur mein System dar, ohne die
alternativen Analysen zu diskutieren, die es zu einzelnen Stellen gegeben hat. Wenn man beispielsweise erfahren
möchte, weshalb ich an der Stelle bn jw jp-nk (H 70) in jp ein Verb sehe und die Konstruktion eines Futur III vermute,
und wie diese Stelle von anderen aufgefasst worden ist, so findet man die entsprechenden Angaben also nicht etwa in
der Grammatik im Abschnitt über das Futur III, sondem im Glossar unter dem Eintragyp.
Die auf die Glossare folgende Grammatik ist deskriptiv gehalten und verzichtet auf einen spezialisierten Beschrei-
bungsapparat. Ich bin etwas eklektisch vorgegangen und habe nicht alle Teilbereiche der Grammatik in gleicher
Tiefe abgehandelt. Teils diskutiere ich ausführlich die synchron napatanischen wie auch die sonst aus dem Jüngeren
Agyptisch bekannten Verhältnisse und versuche zu zeigen, wie sich jene aus diesen haben entwickeln können; teils
beschränke ich mich auf knappe kontrastive Aussagen, die nur die Unterschiede zum nichtnapatanischen Agyptisch
benennen. Über einige Teilbereiche der Grammatik, in denen ich keine wesentlichen Abweichungen vom bekannten
Agyptischen erkannt habe oder die in dem Material nicht belegt sind, äußere ich mich überhaupt nicht. Die
grammatische Darstellung fußt auf den drei hauptsächlichen napatanischen Textzeugen, wobei die Stelen des Harsijo-
tef und des Nastasen im Vordergrund stehen, während die Stele des Ari wegen ihres wesentlich geringeren erhaltenen
Textumfangs deutlich unterrepräsentiert ist. Man kann summarisch feststellen, dass die “Napatanismen” bei Nastasen
stärker ausgeprägt sind als bei Harsijotef und oft auch als bei Ari.
In einem abschließenden Kapitel vor dem Literaturverzeichnis werden alle bisherigen Ubersetzungsvorschläge für
dreizehn besonders schwierige Stellen einander gegenübergestellt.

2 Über die napatanischen Texte
2.1 Die drei hauptsächlichen Textzeugen
2.1.1 Stele des Harsijotef
Die Harsijotef-Stele wurde zusammen mit der berühmten Pianchi-Stele, der Traumstele des Tanutamun, der Königs-
wahlstele des Aspelta und der Exkommunikationsstele im Jahre 1862 von einem ägyptischen Offizier an einer nicht
genau überlieferten Stelle im Amun-Tempel am Gebel Barkal gefunden. Die Geschichte der Auffindung wird in
Mariette (1872: 1) nacherzählt. Reisner (1981: 88f.) vermutet, dass diese Stelen ursprünglich entweder im Vorhof des
Großen Tempels (B 501) oder vor dem ersten Pylon aufgestellt waren, da er dort auf leere Stelensockel sowie auf
 
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