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Peust, Carsten
Das Napatanische: ein ägyptischer Dialekt aus dem Nubien des späten ersten vorchristlichen Jahrtausends ; Texte, Glossar, Grammatik — Göttingen, 1999

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31318#0333

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-328 -

Bei der Herausbildung des Napatanischen können wir den umgekehrten Fall verfolgen, was eine sprachhistorische
Seltenheit ist: Eine syntaktisch determinierte Wortstellung lockert sich, gleichzeitig bildet sich durch Grammatikali-
sierung von Personalpronomina zu Agreementmarkem eine umfangreiche Morphologie zum Ausdruck der syntakti-
schen Rollen heraus. Betrachten wir den folgenden Fall, in dem das indirekte Objekt dem direkten Objekt vorausgeht:
• di-j-sw m (= n) Trmn jw> hwi 12 “ich schenkte der Stadt Trmn 12 heilige Rinder” (N 41)
Das Pronomen -sw verweist auf die Phrase jwl hwi 12 und verrät uns, dass diese als direktes Objekt zu verstehen ist
(D®5 § 24.4.5). W'r sehen, wie die Agreementmarker Funktionen iibemehmen, die im vornapatanischen Ägyptisch die
Wortstellung erfüllt hatte. Einige weitere Beispiele für spezifisch napatanische Wortstellungen sind folgende:
Direktes Objekt vor Subjekt:
• jri-f dwn-nk nsw (...) Jrnri Npyt “Amun von Napata legt dir die Königsherrschaft (...) zu Füßen” (N 10)
Indirektes Objekt vor direktem Objekt:
• dd-j-nf Jmn Npyt pl-j jtj nfr md.t “ich führte mit Amun von Napata, meinem guten Vater, ein Gespräch” (N 14;
ähnlich N 17)
• di-j tjj p> wr p> ntj-jw-f s(nh n-jm-f nb “ich nahm dem Fürsten alles fort, wovon er sich ernähren konnte” (N 55)
Adverbialphrase vor direktem Objekt:
• di-j di m-hnw-n p>-f pr-wd> nbw “ich gab Gold in sein Schatzhaus” (H 3o)
• di-j-w j-jrj-n-k Jmn Npyt p>-j jtj nfr hbs “ich habe für dich, mein guter Vater Amun von Napata, Lampen bereit-
gestellt” (N 44; ähnlich N 43)
• di-j j-jr-n-k ktkt jt 6 jrtb “ich gab dir unverzüglich 6 Artaben Gerste” (N 49)
• di-j-sw hr-j h>q jw> 2a3iq6 mnmn 33oßo “ich gab in meinen Besitz eine Beute von 203146yW-Rindern und 33ogo
nmmn-Rindern” (N 55R)
Am Rande sei erwähnt, dass das Tok Pisin, eine auf dem Englischen basierende Kreolsprache in Papua-Neuguinea
und die größte Verkehrssprache des Landes, eine ganz ähnliche Entwicklung wie das Napatanische durchgemacht zu
haben scheint. Hier wird das Verb in der Regel von einem Element i (< he) begleitet und, wenn ein Objekt vorhan-
den ist, auch noch von einem Element im (< him), die beide schon als Kongruenzmarker und keineswegs mehr als
Pronomina zu verstehen sind. Diese Elemente sind im Tok Pisin genus- und numerusneutral. Beispiele:
Raka i intiviu-im wan-pela memba bilong band.
(< *Raka he interview-him one-fellow member belong band)
“Raka interviews a member of a band.” (Dutton 198g: i3o)
01 rabishman i no laik-im ol politisen.
(<* all rubbish-man he no like-him allpolitician)
“Poor people don’t like polititians.” (Dutton 1985: 68)
Ob diese Entwicklung auch im Tok Pisin mit einer Lockerung der Wortstellung einhergegangen ist, entzieht sich
meiner Kenntnis.

3± Nominalisierte Verbalformen und Nominalsatz

Der Infinitiv, der ebenfalls ein Verbalnomen ist, wurde schon in § 27.5 behandelt.

3i.± Partizipial- und Relativphrasen
3i.i.i Partizip und Relativform im Jüngeren Agyptisch
Partizipien und Relativformen, die ich im folgenden unter dem Terminus Verbaladjektive zusammenfasse,
sind adjektivische Transpositionen des Verbs. Im Ägyptischen werden je nach der Behandlung des Subjekts der Ver-
balhandlung drei Kategorien von Verbaladjektiven unterschieden: das aktive Partizip (das Subjekt der Ver-
balhandlung ist mit dem Bezugswort des Verbaladjektivs identisch), die Relativform (das Subjekt der Verbal-
handlung folgt auf das Verbaladjektiv als dessen Komplement) und das passive Partizip (das Subjekt der
Verbalhandlung bleibt unausgedrückt).
 
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