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Peust, Carsten
Das Napatanische: ein ägyptischer Dialekt aus dem Nubien des späten ersten vorchristlichen Jahrtausends ; Texte, Glossar, Grammatik — Göttingen, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.31318#0346

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-341 -

32.8

Js

In H 64 finden wir am Satzbeginn auf jw folgend eine Partikel fjj). Man denkt hier an das bekannte mittelägyptische
jst “indes, übrigens (o.ä.)” (Gardiner 1957: § 23±), welches vermutlich der etymologische Vorläufer der Partikel js(t)
des Neuägyptischen und Demotischen ist (Erman 1933: § 676^; Spiegelberg 1925: § 427; Erichsen 1954: 43 und 70)
und schließlich wohl auch des koptischen £IC, das traditionell mit “siehe” übersetzt wird.
kann im Napatanischen ein Pronomen der 3. Person sein (K§° § 24.4.3 und § 24.4.5). Es gibt jedoch in N 7 und
N 8 zwei ebenso geschriebene Elemente, die man mit dem Pronomen schwerlich identifizieren kann, da sie sich nicht
an ein Verb anschließen. Ich vermute an diesen Stellen ebenfalls die Partikel js(t).
Brugsch (1877: 23) übersetzt das scheinbare sw in N 7 als “während” und vermutet hier vielleicht schon die betref-
fende Partikel: “Ich ruhte aus. Während meines Auskleidens hörte ich (...)”. In N 8 ist seine Auffassung nicht recht
klar: “zur Stadt TA-KA, wo der große Löwe des Tempels von SA weilt”. Maspero übersetzt sw in N 7 überhaupt nicht.
Vermutlich hält er es für ein kataphorisches Objektspronomen, da er die folgende Nominalphrase als Objekt faßt: “je
revetis mon manteau royal” (Maspero 1874L: 297) bzw. “I put on my kingly garment” (Maspero 1875: 205). Die von
ihm angenommene Deutung des Zusammenhanges ist aber nicht zu halten. In N 8 verwendet er sw anscheinend zur
Einleitung eines Nominalsatzes: “Taheh(?), [cette ville] qui est un grand lion” (Maspero 1874T: 297) bzw. “Taheh,
which is the great Lion” (Maspero 1875: 205). Schäfer (1901: 99L) verallgemeinert die vielleicht schon von Maspero
für N 8 intendierte Analyse von siv als Subjekt eines Nominalsatzes auf beide Stellen, so in N 7: “Ich verbrachte dort
die Nacht, [denn] es ist mein-”, und in N 8: “[ich] erreichte bald darauf T-kL Das ist dergrosse Löwe (...)”. Diese
Analyse wird, soweit man es anhand der Übersetzungen beurteilen kann, von allen folgenden Forschern aufgegriffen:
Budge (1912: 143): “where I slept, [for there was my] home(?)” und “I arrived at the city of Tahehet(?), which is Pa-
maau-äat (i.e., the Great Lion house)”. Zyhlarz (1961: 233f.): “(da) liess ich übernachten. Das war meine (Traum)-
Erscheinung” und “zur Reise nach Nüri. Das ist die grosse Löwin”. Priese (1963: 24): “Da verbrachte ich die Nacht,
es war mein Lagerplatz(?)” und “ich erreichte «Die Höhe»(?), das ist der große Löwe”. Kacnel’son (1975: 66): “H
npoBeji ho'il, (t3m) öliji Haui otjiux(?)” (Ich verbrachte die Nacht, [dort] war unsere Rast[?]) und “.IfocTnr n Taxex.
3to BejiHKHH Jieß” (Ich erreichte Tachech. Das ist der große Löwe). Eide et al. (1996: 476L) folgen der Tradition nur
in N 8 und lassen sw in N 7 ganz aus: “I had my 1—1 pass the night” und “I reached Teqi. It is the great Tplace1”.
Die vorherrschende Analyse ist jedoch grammatisch ganz unzufriedenstellend. sw kann in keiner Periode der ägypti-
schen Sprachgeschichte das Subjekt eines Nominalsatzes bilden; hierzu dient vielmehr pw,p>j u.ä., das in dieser
Funktion auch bei Nastasen belegt ist (1®° § 3i.2). Man kann bei unveränderlichen Attributionen wie den angegebe-
nen auch nicht annehmen, dass sw etwa das Subjekt eines Adverbialsatzes mit ungeschriebener Präposition rn bildete.
Die vielleicht schon von Brugsch intendierte Ansprache von sw als satzeinleitender (nichtenklitischer) Partikel ist
daher vorzuziehen. In gewissen neo-mittelägyptischen Texten, so häufig im ‘Denkmal Memphitischer Theologie’, aber
auch in einer Inschrift Taharkas aus Kawa, findet sich gleichfalls eine satzeinleitende Partikel in der Schreibung
/X, (Priese 1972: 121, Gardiner 1957: §240, Grapow 1935). Auch hierbei wird es sich, so vermute ich, um eine
späte Schreibung des alten jsl handeln.
Wenn ich in N 8 “Dies aber ist die Gartenstätte” übersetze, so denke ich also an einen eingliedrigen Nominalsatz mit
sw - js(t) als Partikel, keineswegs an sw als Subjekt eines Nominalsatzes.

33 Negierter Satz, Fragesatz, komplexer Satz
33.1 Negation

Das Ägyptische kennt eine Reihe von Negationsmorphemen; zwei besonders wichtige, die durch die ganze Sprach-
geschichte bestehen bleiben, wechseln zwischenzeitlich ihre Graphie:

übliche Transkriptionen
Standard-Mittelägypt. Pianchi-Stele (nach Spalincer 1979) Neuägypt., Demotisch
Koptisch
n, bw
A
TLTl, Tljy 6/1
n r
» V /VÄAAMv
N

Wie allgemein im Jüngeren Agyptisch ist nn (bn, N) auch im Napatanischen die am weitesten verbreitete Negation.
Die meisten Belege betreffen das negierte Futur III, wo stets die neuägyptische Schreibung |! auftritt:
• bn jw-n sj “wir werden nicht gehen” (N 6)
• bn jw-f nfr “er wird keinen Erfolg haben” (H 15)
 
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