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Peust, Carsten
Das Napatanische: ein ägyptischer Dialekt aus dem Nubien des späten ersten vorchristlichen Jahrtausends ; Texte, Glossar, Grammatik — Göttingen, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.31318#0213

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-208 -

20 Namen von Personen, Göttern, Tempeln, Städten, Völkern und
Ländern

Wcb
Gebel Barkal (Berg bei Napata)
H 3
N z

Es scheint sich um eine Variante des bekannten Toponyms Qw-w'b “Gebel Barkal” zu handeln. Obgleich von dieser
Kurzform allein im Napatanischen schon zwei Belege existieren, nehmen Maspero (1875: 2o3 und 1876: 87), SchAfer
(1901: 90), Budge (1912: H7f.) und Eide et al. (1996: 441, 473) eine Emendation zu Dw-w‘b vor. Einfaches Wcb ist
außerdem noch einmal im Giebelfeld der Traumstele Tanwetamanis belegt (Grimal 1981b: 3). Man muss daher an
eine reguläre Variante des Namens, nicht an einen Schreibfehler denken.
Ähnliche graphische Verkürzungen gibt es von Ti-Stj “Nubien” (1®° unten).

Bhdtj
zu Edfu gehörig (Epitheton des Horus)
H a, c
N a, c
Bhyry
Gemahlin des Harsijotef
H f
Brw.t
Meroe (nubische Stadt)
H 101, 106, i38, 148
N 4, r5h 18, 22

Schreibungen:

(H 101, 106), Q(^]


(N 4> r5Ä 22),


*Tft (Hi38, 148), qqi | ^
(N 18). Wie besonders aus N 22, etwas weniger deutlich aus den übrigen Nastasen-Stellen hervorgeht, handelt es sich
um die Residenzstadt des Reiches. Somit lag es nahe, diese Stadt mit der aus zahlreichen antiken Quellen als MEpor) /
Meroe bekannten Metropole zu identifizieren. Schon Brugsch (1857/60: i63), der den Namen im Nastasentext als
Balwä / Barwä transkribiert, bemerkt, dass er “sehr bedeutend anMeroe, demotisch M e r ua erinnert”. Die Identi-
fikation mit Meroe wird von allen späteren Autoren als sicher akzeptiert, z.B. Mariette (1872: 3), Maspero (1874T:
297 und 1876: 93, Anm. 2), Schäfer (1901: 27), Zibelius (1972: io6f.), Eide et al. (1996: 45if., 455T, 475, 479h)-
Meroe wird erstmals im fünften vorchristlichen Jahrhundert erwähnt, und zwar annähemd gleichzeitig in der großen
Inschrift des nubischen Königs Irike-Amanote und bei Herodot, Historiai II, 29. An beiden Stellen tritt sie schon als
Residenzstadt in Erscheinung. In der Inschrift des Irike-Amanote taucht die Stadt als au^- ^eißt:
fw^n.j[n] hm-f [hr hms]i m-hnw-n sn.w-nsw m hwn nfr ndm mr.wt (.) m-hnw ch.t-f n.t Brhv.T
“Seine Majestät wohnte inmitten der Königsbrüder als schöner und beliebter Jüngling (.) in seinem
Palast von Meroe.” (Spalten 3-5 = Macadam 1949: 51 mit Anm. 11 auf S. 54; Tf. 17, 22)

Herodot beschreibt Meroe wie folgt und liefert dabei aufschlussreiche Informationen über die nubische Kultur, die
sich in den napatanischen Texten bestätigen:
(Im Bereich von Abu Hamad [vgl. Lloyd 1976/88: I, 121-123] wird der Nil wieder schiffbar), aiig 89
erepov nXoiov eoßdi; 8\xö8eKa ijpepac TtÄeuaeai, Kai ETteixa ij^ei5 eq no'kiv peyaXriv xrj obvopa eaxi Mepori'
Xeyexai 8e abxr| T] noXu; eivai pr|xpo7toXii; xräv dXXrov AiSiortmv. oi 8’ ev xauxg Aia 9e5v Kai Aiovuaov
pouvoui; aeßovxai, xobxorx; xe peyd/.aJ9 xipöai, Kai a<]n pavxrpov A109 KaxeaxriKe' axpaxebovxai 8e erteav
a<)>Eai; 6 9c6; ouxo; Ke/.ebij 81a Oeattiapdxrav, Kai xfj av KeXebr), eKEiae.
“(...) du musst wieder ein anderes Boot besteigen und zwölf Tage lang fahren. Dann gelangst du in eine
große Stadt namens Meroe; diese Stadt, heißt es, ist die Hauptstadt der übrigen (gemeint: der nicht-
nomadischen, vgl. Lloyd 1976/88: I, 121) Äthiopen. Sie verehren hier von den Göttern nur Zeus (-
Amun) und Dionysos (= Osiris), doch diese achten sie dafür ganz besonders, und bei ihnen besteht auch
eine Orakelstätte des Zeus. Kriegszüge unternehmen sie dann, wenn dieser Gott es ihnen durch
Orakelsprüche befiehlt, und dorthin, wohin er es befiehlt.” (Text nach Page 1957/60: I, 3o6, 3o8)

Im Meroitischen gibt es zwei Graphien, die mit Meroe identifiziert werden: medewi und bedewi. Da die meroitischen
Texte noch kaum verstanden werden, ist die Identifikation beider Namen miteinander bzw. mit Meroe keineswegs
gesichert. Grzymski (1982) diskutiert beide Namensformen und schließt, dass sie in dialektaler Distribution stünden:
medewi komme in den südlichen, bedewi in den nördlichen Texten vor. Im Demotischen und Ptolemäischen, d.h. im
nicht-napatanischen Ägyptisch, ist der Ort mehrfach als Mrw u.ä. mit anlautendem m- belegt (Gauthier 1925-1931:
III, 12; Erichsen 1954: 169). In einem altkoptischen Text ist Meroe anscheinend, allerdings in einem schwer
verständlichen Kontext, als nepO'ire erwähnt (Koenig 1987: 109). Der moderne Name des Ortes lautet Bag{a)rüw1ya
LÄ (arabische Schreibung aus Engelbach 1981: 14). Das inlautende -g- (^j) macht es eher wenig wahrscheinlich,
dass dieser auf das alte Meroe zurückgeht.
Diskutieren wir nun den Anlautkonsonanten des Namens. Dabei ist zu beachten, dass das phonemsprachliche Stan-
dardkorrelat des ägyptischen Graphems <b> nicht etwa /b/, sondern ein stimmhafter Frikativ /ß/ ist; dasselbe gilt für 6
im Koptischen und für <ß> im hellenistischen Griechisch. Die Evidenz lässt sich wie folgt zusammenfassen:
 
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