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Peust, Carsten
Das Napatanische: ein ägyptischer Dialekt aus dem Nubien des späten ersten vorchristlichen Jahrtausends ; Texte, Glossar, Grammatik — Göttingen, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.31318#0142

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±4 Die Quellen des napatanischen Wortschatzes

jh “was?” (klassisch m)
cn “auch, noch”
s>c “bis, von”
srj “Sohn” (klassisch z>)

Das Napatanische ist durch erhebliche grammatische Abweichungen vom gewöhnlichen Ägyptischen gekennzeichnet,
die sicherlich großenteils dem Einfluss einheimischer Substratsprache(n) zuzuschreiben sind. Demgegenüber bleiben
lexikalische Übernahmen aus nichtägyptischen Sprachen auffällig begrenzt. Der Wortschatz lässt sich fast durchgän-
gig aus dem Ägyptischen erklären, zeigt aber insgesamt einen sprachgeschichtlich weitaus jüngeren Zustand, als wir
es von hieroglyphischen Königsinschriften aus dem Mutterland kennen. Wir finden im Grundwortschatz zahlreiche
Elemente, die erst mit dem Neuägyptischen gebräuchlich werden, beispielsweise (zu Einzelheiten iiber diese und die
folgenden Wörter Kä5 § 16):
• jbr “heraus” • h>.lj “erster” (klassisch tpj)
• hdb “töten” (klassisch srnl) • mn “es gibt nicht” (klassisch nn)
• rj.t “Seite” (klassisch gs) • jrm “mit” (klassisch hnc)
• sdr (< drjj “stark” • sm>‘ “preisen”
Eine Reihe napatanischer Wörter kommt sogar erst im Demotischen auf. Hieroglyphische Schreibungen sind für
diese sonst entweder nur aus besonders späten Texten oder überhaupt nicht bekannt. Hierher gehören:
• djs “siehe” (Partikel) • gm “Kraft” • hr->.t- (status pron. von hr “auf”)
• krr “Krug” • mc “Ort” • mtw- (second-tense-Konverter)
• nhr “Schrecken” • jpd “Becher” • j-jr “zu”
• jrdb “Artabe” • sh(n) “Krone” • t>i “von”
Oder es sind Wörter, die zwar schon früher in der einen oder anderen Form existierten, aber mit der im Napatani-
schen vorliegenden Semantik erst im Demotischen oder Koptischen geläufig werden, z.B.:
• d>y “Schiff’ • h>i “fallen” (urspr. “hinabgehen”) • hrp “früh sein” (urspr. “leiten”)
• ktkt “schnell” • m-ss “sehr” (urspr. “gut”) • nmt.t “Kraft” (urspr. “Schritt”)
• pnc “entwenden” (urspr. “wenden”) • qnqn “kämpfen” (urspr. “schlagen”) • jri shr “herrschen”
• rd “pflanzen” (urspr. “wachsen”) • thm “vorwärtseilen” (urspr. “äoßen”) • tp-n-j>w.t “Tier”
Ein Wort kennt man außer im Napatanischen überhaupt nur aus dem Koptischen:
• n-tnw “wann?” (NTN<\'fi')
In selteneren Fällen leben im Napatanischen Wörter fort, die nur im Neuägyptisehen gebräuchlich waren und danach
im Mutterland ausgestorben zu sein scheinen:
• kt “Tasse” • p>-wn “dann” • pd.t “Truppe von Bogenschützen”
Immerhin benutzt das Napatanische auch gewisse Ausdrücke, die charakteristisch für das ältere Ägyptisch sind. Sie
entstammen vielfach dem Wortfeld der ägyptischen Königsideologie und werden im Napatanischen zum Teil auch nur
in stereotypen Wendungen benutzt. Beispiele:
• iw.t-jb “Freude” • wd’w “Amulett” • dd “Dauer”
• dcm “Elektron” • hm “Majestät” • hnt (Präposition)
• pd.t-p “die Neun-Bogen-Völker” • w>s “Erfolg” • sqr “Gefangener”
• s’r.t “Weisheit”
Ein Wort kommt außer im Napatanischen vorwiegend im Ptolemäischen vor, was an sich ein untypischer Zustand ist:
• t>r “Feind”
Gewisse Wörter sind schließlich auf das Napatanische beschränkt. Dabei handelt es sich teils um solche, die sich
etymologisch aus dem Ägyptischen ableiten lassen:
• msn “hämmern (?)” • cbcb “Ruhm (?)”
sowie einige Verben, die im Napatanischen eine sonst unbekannte Reduplikation zeigen (ES* § 27.2).
Nur in zwei Fällen ist ein Wort als Entlehnung aus einer einheimischen Sprache zu erweisen:
• srhs (ein Priestertitel), aus dem Meroitischen • tgr “Kette”, aus dem Nubischen.
Die im Hintergrund stehenden Substratsprachen offenbaren sich außer in Entlehnungen auch darin, dass der Lautwert
gewisser phonetischer Determinative sich auf dieser Basis erklärt:
• Das Toponym Mh wird mit determiniert wegen altnubisch A£KK- “klein sein”.
• Das Toponym Jsd-rs wird mit """" determiniert wegen nubisch ast- “Wasser”.
In einigen verbleibenden speziell napatanischen Wörtern, deren Bedeutung dann naturgemäß mehr oder weniger un-
sicher bleiben muss, ist keine Etymologie festzustellen, z.B.:
• bdj “Thron” • jbrkr, vielleicht “Perle” • >bys “Schatz (o.ä.)”
• jdn, vielleicht “Aussteuer” sowie zahlreiche Gefäßbezeichnungen.
Auch hier ist afrikanischer Ursprung wohl zu vermuten, aufgrund unserer beschränkten Kenntnis der betreffenden
antiken Sprachen jedoch nicht nachweisbar.
 
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