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Peust, Carsten
Das Napatanische: ein ägyptischer Dialekt aus dem Nubien des späten ersten vorchristlichen Jahrtausends ; Texte, Glossar, Grammatik — Göttingen, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.31318#0141

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werden, yW zu lesen haben. Das Zeichen mit langen, nach außen gebogenen Hörnern (j^^) finden wir in N dem-
gegenüber als Determinativ bei mn{mn). In H dagegen wird nun gerade eine dem ähnliche langhornige Form als
Determinativ zu jwi gebraucht (H 60, 92) sowie in H 66 als Logogramm, wo man dann wohl ebenfalls jw> zu lesen
haben wird. In H 87 stehen aufeinanderfolgend zwei Logogramme, die am ehesten als und fr:;.?' wiederzugeben
sind, wobei allerdings die Hörnerformen auf der Photographie (Grimal 1981b: Tf. 19) nicht ganz klar herauskommen.
Wenn man davon ausgeht, dass die Rinder hier in der in N häufigen Abfolge jw> — mnmn aufgezählt werden, müssten
dann die Zeichen für beide Termini in H im Verhältnis zu N gerade umgekehrt gebraucht sein.
(2) Es können zwischen den beiden Hinterbeinen die Hoden der männlichen Tiere durch einen senkrechten Strich
dargestellt werden. Obgleich dieser Strich nicht immer klar erkennbar ist und ein zufälliger Kratzer einen ähnli-
chen Eindruck hervorrufen kann, scheint es mir bei der Kollation doch unzweifelhaft, dass dieses Merkmal in N
im Prinzip bewusst geschrieben wurde. Von Eutern ist nichts zu erkennen.
In N zeigt das Zeichen k> durchgehend Hoden (in N 1 auf der Photographie bei Schäfer 1901: Tf. 1 gut sichbar),
das Zeichen mnmn nie. Bei jw> sind neben einer Anzahl von Fällen, in denen auch nach Inspektion des Originals
keine klare Entscheidung möglich ist, sowohl Formen mit Hoden belegt N 3i, 3j, 38, 41, 44, 56) wie auch
Formen ohne solche N 38, 50, 58). In H und A sind die Geschlechtsmerkmale nicht klar erkennbar.
(3) Während ich auf die beiden vorangehenden Merkmale genau geachtet habe, war mir die mögliche Relevanz des
Zebubuckels zum Zeitpunkt der Kollation leider noch nicht bewusst. Daher kann ich dieses Merkmal nur nach-
träglich aufgrund der Photographien untersuchen, die für diese Zwecke jedoch recht unzureichend sind. Die Rin-
derhieroglyphen werden in dieser Arbeit grundsätzlich ohne Buckel wiedergegeben.
In N ist auf den Photographien ein Zebubuckel an keiner Stelle eindeutig zu sehen. In H erkennt man diesen Buckel
zumindest bei jw> in H 60 auf der Photographie recht deutlich (Grimal 1981b: Tf. 16). Es ist also denkbar, dass hier
ein weiteres distinktives napatanisches Graphiemerkmal vorliegt.

±3.4 Ergebnisse
Zusammenfassend kann man folgendes feststellen:
• Es sind vier distinkte Hieroglyphen zu unterscheiden: das mögliche Vorhandensein
eines Zebubuckels noch nicht eingerechnet.
• Das Zeichen ist typisch für k>, ist zumindest in N typisch für mnmn. Der Begriff jw> kann mit unter-
schiedlichen Hieroglyphen kombiniert werden.
Welche Schlussfolgerungen lässt dies für die zoologische Identifikation zu? Die traditionelle Interpretation von k> als
“Stier” lässt sich mit den napatanischen Fakten gut vereinbaren. Demgegenüber ist nicht recht klar, ob mnmn eine
bestimmte Rindersorte (etwa eine langhornige Rasse wie den “Nilotic”-Typus) oder doch eher generell weibliche
Tiere (“Kühe”) bezeichnet. Der Terminus jw> ist im Napatanischen insgesamt am häufigsten und könnte ein allgemei-
ner, nach Rasse und Geschlecht unspezifizierter Begriff für Rinder sein. Hierfür sprechen die variablen Determinati-
ve, aber auch die Tatsache, dass in N 38 die jw> dd> “(domestizierten) Mastrinder” den jw> nw “jagdbaren (= wilden)
Rindern” gegenübergestellt werden, die kaum ein und derselben Rasse angehört haben dürften. Bei den wilden Rin-
dern kann es sich um Wildformen der eigentlichen Rinder (Bos), möglicherweise aber auch um afrikanische Büffel
(Syncerus) gehandelt haben.
Wie man sieht, ist eine zuverlässige Bestimmung der jw>- und der mnmra-Rinder derzeit nicht möglich. Ich lasse die
ägyptischen Termini in der Übersetzung daher als solche stehen.
 
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