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Peust, Carsten
Das Napatanische: ein ägyptischer Dialekt aus dem Nubien des späten ersten vorchristlichen Jahrtausends ; Texte, Glossar, Grammatik — Göttingen, 1999

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https://doi.org/10.11588/diglit.31318#0140

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Im heutigen sudanesisch-ägyptischen Raum kommen, wenn man diejenigen Rassen beiseite lässt, für die ein rezente-
rer Import vermutet wird, im wesentlichen vier Rinderrassen vor:
• “Egyptian”, vorwiegend auf dem Shorthorntypus basierend unter Beteiligung des Hamitic-Longhorn und des
Zebu, kurze Hörner, fallweise angedeuteter Halsbuckel (Legel 1989: 91)
• “Sheko”, auf dem Shorthorn-Typus basierend, kurze Hörner (Legel 1989: ioo)
• “Nilotic”, Langhorn-Typ mit kleinem Halsbuckel (Legel 1989: 106)
• “Nuba Mountain”, Zebu oder zeboider Typus mit kurzen Hörnern (Legel 1989: 109)
±3.2 Allgemeines zur ägyptischen Rinderterminologie
In den Zeichenlisten für das gewöhnliche Ägyptisch werden traditionell zwei Rinderhieroglyphen angeführt, nämlich
Ei und E2. Die Formenvielfalt ist aber in Wirklichkeit größer, denn das Zeichen Ei “is apt to vary in
form according to the sex and species demanded in the particular case” (Gardiner 1957: 458). Insofern ist die unten
von mir beschriebene Existenz von mindestens vier distinkten Rinderhieroglyphen im Napatanischen wahrscheinlich
keine eigentliche Besonderheit dieser Sprachform, es fehlen nur Untersuchungen für andere Sprachstufen des Ägypti-
schen. Nebenbei sei bemerkt, dass die napatanischen Rinderhieroglyphen deutlich magerer erscheinen als die ägypti-
sche Normalhieroglyphe Ei in den landläufigen Zeichensätzen, die ihre Gestaltung allerdings wohl nicht allein den
hieroglyphischen Originalen, sondern auch dem Körperbau europäischer Mastrinder der Neuzeit zu verdanken hat.
Was die Gleichsetzung ägyptischer Lexeme bzw. Hieroglyphenzeichen mit konkreten zoologischen Klassen angeht, so
bestehen gewisse grundsätzliche Probleme. Man darf nicht ohne weiteres unterstellen, dass eine innerhalb eines Gra-
phiesystems gültige Klassifikation eine Form von naturalistischer Abbildung ist. In den ägyptischen Bilddarstellungen
gibt es eine Tendenz, weibliche Rinder mit größeren Hörnern als ihre männlichen Gegenstücke darzustellen (siehe
hierzu Boessneck 1988: 69L mit Abb. 118). Dies scheint sich im napatanischen Schriftsystem zu bestätigen (k>
“Stier” gegenüber mnmn das vielleicht “Kuh” bedeutet, siehe unten). Diese Tatsache hat meines Wissens kein
biologisches Vorbild und kann wohl nur als eine kulturspezifische Darstellungskonvention zur Geschlechterdifferenzie-
rung verstanden werden. Ganz ähnlich dient bekanntlich die Hautfarbe in der ägyptischen Kunst als Geschlechtsindi-
kator bei Menschen, was in dieser Form ebenfalls nicht naturalistisch ist.
Eine Zuordnung ägyptischerTermini zu bestimmten Rinderrassen ist bisher nicht überzeugend gelungen. Man beachte
etwa, dass das manchmal als “Langhornrind” beschriebene jw> im Alten Reich sowohl Rinder mit langen Hörnern des
/T^-Typs als auch ganz hornlose Exemplare bezeichnen kann (Montet 1954: 45). Wenn jw> häufig als Masttiere
belegt sind (Ghoneim 1977: 70L), so ist daraus auch nicht automatisch zu schließen, dass es sich um “Ochsen”
handelt, wie es Boessneck (1988: 68) tut.
Während der vielleicht aus dem Verb mnmn “sich bewegen” (Wb II 8of.) abgeleitete Begriff mnmn.t im Ägyptischen
generell “Herdenvieh” bezeichnet, das auch andere Tiere als Rinder umfassen kann (Wb II 81), scheint es sich bei
dem napatanischen mnmn doch offenbar um eine spezifische Rinderbezeichnung zu handeln.

i3.3 Die napatanischen Rinderhieroglyphen und ihr Verhältnis zu einzelnen
Lexemen
Betrachten wir nun, welche Differenzen auf der napatanischen Graphemebene bestehen und inwieweit sie mit
lexikalischen Kategorien korreliert werden können.
(1) Bei den napatanischen Rindergraphemen kann man drei deutlich voneinander differenzierte Hornformen unter-
scheiden, nämlieh Zeichen mit langen, nach außen gebogenen Hörnern solche mit mittellangen, nach
innen gebogenen Hörnern (ff^) und solche mit kurzen Stummeln die entweder kurze Hörner, vielleicht
aber auch bloß Ohren abbilden. Bei scheinen gelegentlich zusätzlich zu den Hörnern noch beide
Ohren erkennbar zu sein (so in k> ptpt in N 1).
In H 1 und N 1 steht die Form mit nach innen gebogenen Hörnern als Logogramm für k> in der bekannten
Verbindung k> nht “starker Stier”. In A 1 ist der Vorderteil des betreffenden Zeichens unleserlich. In N 1 steht
noch ein weiteres Mal als Logogramm und ist hier sicherlich ebenfalls k> zu lesen. Dasselbe Zeichen wird in N 40 als
Phonogramm k in dem Toponym Krt gebraucht, was die Lesung k> stützt. Das Zeichen steht aber auch einmal (N
20) als Determinativ zu jw>. Ansonsten erscheint als Determinativ zu jw> in N stets die Form mit kurzen Hörnern
((vj? ~ ^aI'er wlr<^ man aucI* d’e bßidnn Instanzen in N 38, wo die letzteren Zeichen logographisch gebraucht
 
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