Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Repertorium für Kunstwissenschaft — 5.1882

DOI Heft:
Literaturbericht
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.62026#0281

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Litteraturbericht. 255

Litteratur beschränkt; nur ausnahmsweise wird die Besprechung etwas ein-
gehender. Wir halten diese Beschränkung für ganz angemessen. Das grössere
Publikum erhält die wesentlichen Winke zum Verständniss und zur Würdigung
der einzelnen Stücke, ohne durch einen allzu ausführlichen Text von der
Betrachtung des Kunstwerkes abgezogen oder durch das fremde Urtheil ge-
fangen genommen zu werden. Dem Jünger der Archäologie wird das nöthigste
Material für ein eingehenderes Studium geboten, er sieht sich aber nicht die
eigene Arbeit vorweggenommen. Der sachkundige Leser vermag trotz der
Kürze der Darstellung die Ansichten des Verfassers und meist auch seine Gründe
zu erkennen, ausser wo der Verf. es für angezeigt erachtet hat, nur die bis-
herigen Deutungsversuche anzuführen. Neue Erklärungen zu bieten ist nicht
die Aufgabe eines solchen Verzeichnisses. Im Einzelnen wird es an Zweifeln
und Widerspruch nicht fehlen. Dass z. B. der farnesische Diadumenos (Nr. 147)
der lysippischen Schule zugewiesen wird, erscheint weder an sich gerechtfertigt,
noch damit vereinbar, dass der nächstverwandte Kasseler Kopf (Nr. 148) als
attisch anerkannt wird. Die matteische Amazone (Nr. 153) kann nicht füglich
als bloss ausruhend aufgefasst werden; dem widerspricht die‘ angezogene Hal-
tung des linken Beines. Warum ist die »Promachos« (Nr. 9) nicht lieber als
Polias bezeichnet? Hinsichtlich der Bauzeit des olympischen Tempels (S. 28)
hätten Furtwängler’s scharfsinnige Ermittelungen nicht übergangen werden
dürfen; bei gewissen »Apollon«bildern (Nr. 45) hätte etwa Waldstein’s Zurück-
führung derselben auf Pythagoras Erwähnung verdient. Dergleichen Kleinig-
keiten verschwinden übrigens gegenüber der Leistung im Ganzen. Nur die
barbarische Unform »milonische Venus« (Nr. 158) hätte in einem wissen-
schaftlichen Buche selbst in Parenthese keine Gnade finden dürfen; warum
dann nicht auch »medicinische Venus«?

Eine sehr willkommene Beigabe bilden die vier von J. Brunner in Winter-
thur ausgeführten Lichtdrucktafeln, welche die aus Kekule’s Prachtwerk Taf. 4,
5, 11 bekannten reizenden Thonfiguren von Tanagra wiedergeben. Besonders
wohlgelungen ist das sitzende Mädchen (Taf. 1, 2); die kleinen Eroten dürften
etwas klarer sein. Eine billigere Ausgabe des Katalogs entbehrt dieses Tafel-
schmuckes. 7A. Michaelis.
 
Annotationen