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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 1.1908

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Nr. 6 (Nov. u. Dez.)
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Schliz, Alfred: Neue Grabfunde aus der Kultur der Schnurkeramik in Südwestdeutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.24878#0086

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mit Warzenkranz unter dem Rand, wie der bei Götze 3) Tafel Nr. ig von Dölau abgebildete
(Nr. 3), eine den Gebrauchszwecken angepasste kleine Amphore (Nr. 5) und eine weite
Schüssel mit schmalem Randwulst und Kerbreihen unterhalb desselben. Eine weitere
Eigenart ist die Durchlochung des Randes (Nr. 8), die in zahlreichen Bruchstücken sich
vorfindenden kreisrunden meist 1,5 cm dicken mit Tupfenreihen im ausgekehlten Rand
versehenen Backteller (Nr. 9) und grosse Mahlsteine mit ganz ebener nicht ausge-
arbeiteter Fläche.

Wenn wir nach Analogien für diese Formen suchen, so finden wir sie
in zwei recht auseinanderliegenden Kulturkreisen. Nach Nordwestdeutschland
weist Abb. 19, 6 und 18, 5, (Schale von Mützlitz)4), dann die Durch-
lochung und Warzenverzierung des Randes, die Gefässdeckel und Backteller,
die Amphorenform, sowie die steilwandigen weitmündigen Töpfe (Gräber von
Flieth und Dedelow))5, andererseits ist aber auch die Analogie mit den Formen
des Michelsbergtypus mit denselben Backtellern und steilwandigen Töpfen,
ihren krenelierten Tupfenleisten und Stichreihen unterhalb des Randes, sowie
der Verwendung von Warzenreihen als Zierlinie nicht abzulehnen.

Rechnen wir zu der Verwandtschaft dieser Gruppen noch den Parallelis-
mus der keramischen Formen der baltischen Kjökken möddinger mit denen
der Michelsberger Kultur, so erscheint die Vorstellung einer alteinheimischen
in verwandter Kultur sich von der Ostsee bis zum Nordrand der Alpen aus-
breitenden Urbevölkerung, deren Persistenz gegenüber die Kolonisation der
Lössgebiete Südwest- und Mitteldeutschlands durch die Bevölkerung der
Donaukultur mit ihren eigenartigen bandkeramischen Kunstformen mehr als
Episode in der neolithischen Besiedlungsgeschichte Deutschlands erscheint,
eine immer deutlichere Gestalt zu gewinnen.

Den weiten Kreis, den diese schnurkeramischen Gräber um die band-
keramischen Siedlungen des unteren Neckargaus bilden, schliesst nun im
Nordosten ein neuer Grabfund.

18) Das Grab von Ödheim. In einem an der Staatsstrasse Neckar-
sulm-Ödheim auf einem Hügel, dem
„Lauterbacher Berg“ gelegenen Wein-
berg fand der Besitzer bei Tiefgraben
60 cm tief in einer 1,20 m langen
Grube ein auf der rechten Seite liegen-
des von Osten nach Westen, Kopf im
Osten situiertes, nach Norden schauen-
des Skelett in Hockerstellung und ober-
halb des Kopfes ein rotes Gefäss „wie
ein Blumentopf“, dessen Bruchstücke
in meinen Besitz kamen. Eine Nach-
grabung durch mich ergab genügend
weitere Stücke, um die Zusammen-
setzung zu ermöglichen Dieselbe ergab
ein becherförmiges Gefäss mit kleinem
abgesetzten Standfuss aus rotem Ton
mit schwarzem Kern, um das sich vom
Halse bis zur Bauchweite 20 schur-
artige Rillen zogen. Unterbrochen wird
dieses Horizontalsystem durch ein
schwarz gefärbtes I cm breites Hori-
zontalband, dem 4—5 weitere Schnurreihen folgen. Die Form ist eine aus-

3) Gefässformen und Ornamente der schnurverzierten Keramik im Flussgebiet
der Saale.

*) K. Brunner, Die steinzeitliche Keramik der Mark Brandenburg, Abb. 17.

5) Hugo Schumann, Die Steinzeitgräber der Uckermark.
 
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