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Römisch-germanisches Korrespondenzblatt: Nachrichten für römisch-germanische Altertumsforschung — 1.1908

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Nr. 2 (März u. April)
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Vereine
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https://doi.org/10.11588/diglit.24878#0035

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23

VEREINE.

14. DerVerband der bayerischen Geschichts-
und Urgeschichtsvereine hat es für seine
Pflicht erachtet, dem K. Staatsministerium
des Innern für Kirchen- und Schulange-
legenheiten eine Denkschrift zu überreichen,
welche die Notwendigkeit eines gesetzlichen
Schutzes aller Bodenaltertümer und Boden-
funde in Bayern darlegen soll.

Aus den allgemeinen Vorbemerkungen
über die Bedeutung der Bodendenkmäler, die
geschichtliche Entwicklung des Schutzge-
dankens und die Notwendigkeit des Schutz-
gesetzes für Bayern, sei der am io. Juli
1906 vom bayrischen Landtage einstimmig
angenommene Antrag Reeb-Lerno her-
vorgehoben : die Kgl. Staatsregierung sei
zu ersuchen, noch dem gegenwärtig ver-
sammelten Landtag einen Gesetzentwurf
vorzulegen, wonach in das Polizeistrafge-
setzbuch eine Bestimmung über Anzeige
und Ausführung von Ausgrabungen u. s. w.
aufgenommen werde.

Dieser Beschluss des Landtages hat allei -
dings bisher keine praktische Folge gehabt.

Für einen Gesetzentwurf zum Schutz
aller vor- und frühgeschichtlichen Boden-
altertümer und Funde hat der Verband
folgende Grundsätze und Gedanken
entwickelt, die von so allgemeinem Inter-
esse sind, dass wir gern von der Erlaubnis
Gebrauch machen, sie an dieser Stelle
mitzuteilen:

„Ein bayerisches Gesetz hat von dem
Grundsätze auszugehen, dass dem Staate
zusteht:

a) die Pflicht des Schutzes,

b) das Recht der wissenschaftlichen
Untersuchung,

c) das Recht der Enteignung und des
Vorkaufs, jedoch auch

d) die Pflicht, die Besitzer schadlos zu
halten.

Nach den in anderen Staaten gemachten
Erfahrungen und geltenden Bestimmungen
dürfte sich dieses Schatzgesetz in folgende
Abschnitte .gliedern:

1. Unbewegliche Bodendenkmäler.

2. Bewegliche Bodenaltertümer u. Funde.

3. Ausgrabungen.

4. Organisation des Denkmalschutzes.

5. Strafbestimmungen.

I. Unbewegliche Bo'dendenkmäler.

a) Genehmigungspfi cht. Umge-.j
bung des Bodenaltertums. Ein im Be- j
sitze des Staates .oder einer juristischen :
Person des öffentlichen Rechtes oder einer |
Privatperson befindliches Bodendenkmal, j
dessen Erhaltung im öffentlichen Interesse j
hegt, darf ohne vorgängige Genehmigung
dei zuständigen Behörde weder ganz oder
teilweise beseitigt noch veräussert oder
verändei t werden. In besonders gelager-
ten Fällen soll sich der Schutz des Denkmals

auch auf dienächsteUmgebun gerstrecken

b) Schutz m assregeln. Den vom Staate
zur Erhaltung oder Untersuchung der Bo-
dendenkmäler veranlassten Massregeln
darf sich der Eigentümer oder Besitzer
nicht widersetzen. Er ist für jeden dadurch
entstandenen Schaden voll zu entschädigen.

c) Enteignungsrecht. Ein Boden-
denkmal, dessen Erhaltung dauernd gefähr-
det ist, kann auf Antrag des Konservators
nach den Bestimmungen des Enteignüngs-
gesetzes enteignet werden.

d) Bewertung. Entsteht ein Streit
über die Höhe des durch staatliche Mass-
nahmen veranlassten Schadens irgend wel-
cher Art, so hat ein Schadenfeststel-
lungsverfahren, bei dem der Konser-
vator zuzuziehen ist, binnen vier Wochen
stattzufinden.

e) Anzeigepflicht. Beabsichtigt der
Besitzer selbst eine Veränderung an einem
Bodenaltertum, so ist dem zuständigen Kon-
servator längstens vierzehn Tage vorher
Anzeige zu machen. Erfolgt nach Ablauf
dieser vierzehntägigen Frist weder E;n-
spruch noch Anordnung des Staates, so ist
der Besitzer in der Ausführung der geplan-
ten Veränderung nicht weiter behindert.

II. Bewegliche Bodenaltertümer.

a) Anzeigepflicht. Verwahrungs-
pflicht. Werden in einem Grundstück ver-
borgene Gegenstände von vorgeschicht-
licher oder frühgeschichtlicher Bedeutung
gelegentlich gefunden, so hat der Eigen-
tümer des Grundstückes oder der sonst
Verfügungsberechtigte oder der Finder oder
der Leiter der Arbeiten von diesem Funde
unverzüglich dem Bürgermeister oder dem
Bezirksamt oder dem Konservator bezw.
dessen Vertreter Anzeige zu erstatten
und den Anordnungen der zuständigen Be-
hörde Folge zu leisten. In einem solchen
Falle darf der Anzeigepflichtige die be-
gonnenen Arbeiten nicht vor Ablauf von
drei Tagen von Erstattung der Anzeige ab
fortsetzen, es sei denn, dass ihre Fort-
setzung weder die bereits gefundenen Gegen-
stände noch zu erwartende Funde gefährdet
oder dass die Unterbrechung der Arbeit
nur mit unverhältnismässigem Nachteil mög-
lich ist. Für die sichere Verwahrung
der gefundenen Gegenstände ist der Ver-
fügungsberechtigte verantwortlich.

b) Besichtigungsrecht. Den mit der
Nachforschung nach verborgenen Gegen-
ständen von vorgeschichtlicher und frühge-
schichtlicher Bedeutung durch den Staat
beauftragten Personen ist seitens der Ver-
fügungsberechtigten die Besichtigung et-
waiger Fundstätten zu gestatten.

c) Vorkaufsrecht. Falls der Besitzer
gelegentlicher Funde sich derselben auf
irgend welche Art entäussern will, so hat
der Staat das Vorkaufsrecht. Wenn dem
 
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