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Schulz, Heinrich Wilhelm; Quast, Ferdinand von [Editor]
Denkmäler der Kunst des Mittelalters in Unteritalien (Band 1) — Dresden, 1860

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https://doi.org/10.11588/diglit.22893#0292
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270

gehörig, ist gegenwärtig durchaus verfallen, und dient, soweit es noch möglich ist, fremdartigen
Zwecken. Dieselbe hat nur zwei Kreuzgewölbe mit Gurten dazwischen und hinten eine kleine Ab-
sis. Es befindet sich noch ein altes griechisches Bild hier, den h. Nicolaus im Brustbilde darstel-
lend. Er erhebt segnend die eine Hand und hält in der andern ein Buch. Darüber steht OAT N
d. i. o ajrtog NixoXaog. —

Etwa drei Mighen von der Stadt ab liegt der kleine Ort Jordignano
mit der vor nicht langer Zeit erst wiederentdeckten alten Felsenkirche, welche
an die von Gravina erinnert. Dieselbe hat einen ganz regelmäfsigen byzantini-
schen Plan (s. Holzschnitt Nr. 54.). Vier kleine [ins Quadrat gestellte] mit
Halbsäulchen versehene Pfeiler sind aus dem Felsen geschnitten. Von jedem
dieser Halbsäulchen, deren Capitäle mit sehr einfachen wulstartigen Capitälen
geschmückt sind, gehn Bögen, welche sämmtlich mit doppelten Linien profilirt sind, nach allen
Richtungen aus, wodurch die kleine Kirche in neun gleich grofse [fast quadratische] Felder getheilt
wird. Hinten schliefst die Kirche mit drei Absiden ab, deren mittlere [etwas gröfser ist und] noch
Reste altbyzantinischer Malerei zeigt. An den östlichsten, hart vor denselben liegenden Gewölbe-
feldern sind flache Kuppeln angedeutet. Die übrigen sechs Abtheilungen der Decke sind sparren-
artig ausgehauen, so dafs jedes Quadrat in vier Kreuzgewölbe zu zerfallen scheint. An der Front
sind den drei Schiffen und Absiden entsprechend ebenso viele Eingänge angebracht. Der Altar steht
unter der mittleren der östlichen Kuppeln. Das Ganze bildet eine zwar nur kleine, aber in ihrer
Art vollständig abgerundete Kirche. — —

T Aß E N T.

Das alte berühmte Tarent, an das sich eine so reiche Fülle geschichtlicher Erinnerungen
knüpft, hat seinen Namen auf eine Stadt vererbt, welche in einiger Entfernung davon auf einer
Insel zwischen einem von nicht sehr hohen bewaldeten Ufern umgebenen Meerbusen, dem s. g.
kleinen Meere, und dem grofsen d. i. dein Golfe von Tarent liegt, durch eine Brücke und Wasser-
leitung mit dem Festlande verbunden. Einen herrlichen Anblick gewährt die Stadt von dem ent-
gegengesetzten Ufer des kleinen Meeres gesehen, einen herrlichen auch der grofse Halbmond der
Ufer des Golfes, über denen die blauen Gebirge von Calabrien sich erheben.

Die Stadt hat einige schöne Strafsen, so besonders auf der inneren Seite, dann auch am
grofsen Meere; die mitten durchgehende Hauptstrafse ist nicht gerade und wird von einer Menge
kleiner winkliger Gassen durchschnitten.

Die Bewohner von Tarent haben in weitem Umkreise einen schlechten Ruf als verweichlicht
und charakterlos; besonders der seiner Frauen ist nicht der beste.
 
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