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Studien und Skizzen zur Gemäldekunde — 3.1917/​1918

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Nr. 3
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Aus Büchern uns Zeitschriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.52767#0096

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AUS BÜCHERN UND ZEITSCHRIFTEN.
Rudolf Artur Peltzer: Hans Rottenhammer. (Jahrbuch der
kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses. Band XXXIII,
Heft 5. — Mit 7 Tafeln und 37 Textbildern.)
Der Verfasser hat bereits in dem seit lange berühmten Jahrbuch
die Ergebnisse seiner Studien über bisher wenig beachtete Maler aus der
Zeit vom Ende des 16. Jahrhunderts bis zum Beginn des Dreißigjährigen
Krieges (H. v. Aachen, Lambert Sustris) veröffentlicht. Eine überaus dankens-
werte, lange vorbereitete Arbeit ist auch die nun vorliegende ausführliche
und reichillustrierte kunstgeschichtliche Würdigung nebst Zusammenstellung
der Arbeiten des früher verkannten, ja oft geschmähten Malers Hans
Rottenhammer (1564 bis 1626). Wer den heillosen Wirrwarr ratloser,
durch keine Sachkenntnis getrübter Zuschreibungen an die wenigen deut-
schen Künstler der genannten Epoche in den Gemäldegalerien und Kupfer-
stichkabinetten kennt — man denke etwa an die zahllosen angeblichen
Bilder und Zeichnungen des Christoph Schwarz —, wird die von Peltzer
liebevoll zusammengestellten Verzeichnisse der echten und unechten Arbeiten
Rottenhammers gern durchsehen und sich, nachdem nun die Schlacken
gleichsam abgefallen sind, schon bei Betrachtung der vielen Abbildungen
überrascht gestehen, daß es wohl lohnt, die echten Bilder dieses wirk-
lichen Malers zu würdigen. Wie so viele Künstler hatte auch den Münchner
Rottenhammer die Enge kleinstädtischer Verhältnisse und die Sehnsucht
nach dem Paradies der Maler, nach Venedig und Rom, getrieben. In
Venedig, wo er bis 1606 blieb, hatte er die für seine Kunst entscheidenden
Jahre verlebt, dann wandte er sich nach Augsburg, dessen Beziehungen zu
Venedig damals ganz besonders lebhaft waren. In Augsburg, wo alles, was
schön, gut und teuer war, aus Venedig kommen mußte, blieb er bis zu
seinem Tode, 1626, wohnhaft. Schon in Rom (vor 1598) waren seine kleinen,
subtil, aber durchaus nicht pedantisch auf Kupfer gemalten Madonnenbilder
bekannt und beliebt geworden. Diese verklärt schönen Frauen und Engel
in einer idealen Landschaft in tizianischen Farben, das war, was damals die
vornehme Welt, was die vielen deutschen Italienfahrer, die Augsburger
Patrizier, die Fugger und Welser schätzten und kauften. Solche Bildchen
sind die heiligen Familien in Schwerin, Kassel oder in der Pinakothek in
München. Doch dieser italienische Deutsche, der sich eine Venezianerin zur
Gattin wählte, konnte mehr, er konnte komponieren, ein Gewimmel von
Menschen und Engeln auf Erden und im Himmel darstellen; dazu gaben
biblische Vorwürfe, die Hochzeit zu Cana oder das Jüngste Gericht, er-
wünschte Gelegenheit. Den Jubel und Trubel der Engelchöre und Putten aus
Tizians Assunta spürt man in seinem lieblichen Engelreigen der Mailänder
Ambrosiana. Man hat seine Arbeiten eine Ummünzung der großen italieni-
schen Kunst in ein kleines Format genannt, aber wie reimt sich das mit
der Tatsache zusammen, daß er in Augsburg, wohin er, wie es scheint,
durch bedeutende Aufträge gezogen wurde, mehrere Häuser außen und
innen mit großen Fresken geschmückt hat, die allerdings samt den Häusern
alle untergegangen sind? — Noch mehr solche große Aufträge hat er wohl
nur deshalb nicht bekommen, weil den meisten Bürgern dort seine Arbeit
zu teuer war. Der bekannte Hainhofer sagt: „er macht nit vil umb Reichs-
 
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