Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Sturm: Monatsschrift für Kultur und die Künste — 12.1921

DOI issue:
Sechstes Heft
DOI article:
Walden, Herwarth: Unter den Sinnen, [2]: Dichtung zwischen Menschen
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.47209#0136

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Sie ist so sanft in ihrer Wildheit. Sie ist
so wild in ihrer Sanftmut. Jedem Mann
fällt sie zum Raube.
Lass ihr doch ihr Vergnügen.
Du hast Talent zum lieben Gott.
Ist das Deine Freundschaft.
Also gut, ich werde mal mit ihr sprechen,
trotzdem es verrückt ist.
Sie ist verschwunden.
Auf der lumpigen Erde wird man sie doch
wiederfinden.
Ich weiss keinen Weg.
Das ist doch höchst einfach. Ich lasse ein
Mädchen bei ihren Alten anrufen, eine gute
Freundin, verstehst Du, und die Sache ist
gemacht.
Und wenn man keine Auskunft gibt
Da wird eben ein Auskunftsbüro beauftragt.
Mensch, Deine Sorgen möchte ich haben.
Sieh mal die beiden Mädchen. Hübsche,
frische Gesichter, aber saumässig angezogen.
Du bist hinter jedem Mädchen her
Was man nimmt, hat man. Nun meine
Damen, fürchten Sie sich nicht.
Lassen Sie uns zufrieden.
Diese Bank ist gerade für zwei Paare ge-
schaffen. Siegfried, wo rennst Du hin.
Belästigen Sie uns nicht.
Dumme Gänse.
Der hat sich aber geärgert, nicht Erna.
Ob das nicht Friedels Primaner war.
Der war doch nicht mehr auf der Schule.
Der andere, der fortlief. Er schrie ihm
doch Siegfried nach.
Wie kann man sich um Gymnasiasten
kümmern. Bei mir fängt der Mensch erst
mit dem Künstler an.
Friedel hat doch Mut.
Was das für ein Mut ist. Wenn es darauf
ankommt, ich laufe jeden Tag fort, wenn
er es will.
Zu Haus ist es nicht mehr auszuhalten.
Immerzu liegen sich die Alten in den
Haaren.
Vater ist jetzt ziemlich bescheiden.
Wenn Mutter nur nicht immer heulen würde.
Das macht mich ganz nervös.
Jedenfalls habe ich meine Schuhe durch-
gesetzt. Erna, es ist doch herrlich, geliebt
zu werden.
Ob er merken wird, dass Du neue Schuhe
anhasl??
Er merkt alles. Er hat ein so scharfes Auge.
Wenn er sich doch nur erklären wollte.
108

Du denkst immer nur ans Heiraten. Ich
will nur geliebt werden.
Ich glaube, er verdient ganz schön.
Wie kannst Du glauben, dass er an so etwas
denkt, er ist durch und durch Künstler.
Man muss doch etwas praktisch sein.
Lass mich an der Ecke sitzen. Da spiegelt
sich der Lack ‘schön. Fällt das Kleid so
gut.
Man sieht Deine ganzen Beine.
Aber in der Stellung wirkt es doch ganz
natürlich, oder sieht es gemacht aus
Der linke Strumpf hat ein kleines Loch.
Das macht nichts. Er wird doch nicht alles
sehen.
Mich würde das genieren.
Immer noch besser als gestopft. Ich finde,
so ein kleines Loch wirkt ganz natürlich.
Vielleicht wäre es ganz klug, wenn ich Euch
eine Weile allein liesse. Vielleicht erklärt
er sich dann schneller.
Du bist wirklich noch ziemlich dumm, Erna.
Es reizt ihn doch gerade, dass er mich nie
allein haben kann.
Du bist fabelhaft überlegen Martha.
Überlegen. Darauf kommt es im Leben an.
Wenn Du in der richtigen Umgebung wärst,
ich glaube, alles würde Dir zu Füssen liegen.
Sprich recht intim weiter. Wir wollen so
tun, als ob wir ihn nicht bemerken. Das
macht sich gut.
Was soll ich denn sprechen.
Das ist doch ganz gleich, Du bist zu dumm.
Sag meinetwegen die Glocke auf.
Nun, meine Damen, in so angeregtem Ge-
spräch
Wo kommen Sie plötzlich her. Wir haben
Sie garnicht bemerkt.
Beinah wäre es mir nicht möglich gewesen
zu erscheinen. Unser politischer Redakteur
ist erkrankt und ich muss ihn vertreten.
Sie leben doch nur der Kunst.
Politik ist so einfach. Gehirn und die Sache
ist gemacht. Ich bin energisch für den
Pazifismus eingetreten.
Das wird wohl grosses Aufsehen machen,
ich sehe alles geistig. Darf ich Sie auf et-
was aufmerksam machen, ohne dass Sie
mir böse sind.
Ihnen kann ich nicht böse sein.
Sie haben ein grosses Loch in Ihrem Strumpf.
Die Seide ist jetzt so schlecht. Ich habe
die Strümpfe gerade gekauft.
Zu schade, dass ich mich nicht beherrschen
 
Annotationen