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DIE WELTKUNST
Jahrg. VI, Nr. 3 vom 17. Januar 1932
N&AiaftUkfeife von Uebesr&ü
Gefährdung
der Wartburg-Kunstschätze?
Als die Wartburg aus dem Besitz des wei-
marischen Fürstenhauses in den der Wart-
burgstiftung überging, wurde den Mitgliedern
des großherzoglichen Hauses bis zu dessen
Erlöschen ein Wohnrecht für bestimmte Räume
der Burg und ein Verfügungsrecht über alle
beweglichen Sachen zugestanden, die zur Aus-
stattung dieser Räume dienen. Auf Grund
dieser Abmachung hat das großherzogliche
Haus vor einiger Zeit einen sehr wertvollen
gotischen Wandteppich veräußert, der sich
dann in Frankreich, in Stücke zerschnitten,
wiederfand und, nur noch unvollständig und
entwertet zurückgebracht werden konnte. Da
das großherzogliche Haus sich nach dem
Wortlaut des Vertrags zu diesem Vorgehen
berechtigt glauben konnte, dieses aber weder
einer sinngemäßen Auslegung der Abmachun-
gen noch dem Willen des Großherzogs Karl
Alexander entspricht, der die Wartburg samt
ihrem Inhalt zum Besitztum des gesamten
deutschen Volkes bestimmte, beschäftigt sich
die Wartburgstiftung gegenwärtig mit der
Frage, wie der Wiederholung eines solchen
Falles vorgebeugt werden kann.
Ein Kubin-Archiv
In jahrelanger Sammelarbeit hat Dr. Kurt
Otte in Hamburg ein Kubin-Archiv zu-
sammengebracht, das nach vorhergehender An-
meldung zugänglich ist. Die Sammlung,
deren Katalogisierung im Gange ist, umfaßt
außer den Buchillustrationen und Mappen-
werken des Künstlers die Literatur über ihn,
biographisches, photographisches, grapholo-
gisches und sogar astrologisches Material und
in einer eigenen Abteilung an Kubin be-
gangene Plagiate.
Sammlung
Henry Walters für Baltimore
Der kürzlich verstorbene Henry Walters,
einer der Eisenbahnkönige der U. S. A., hat
seine gesamten, riesigen Sammlungen zusam-
men mit dem von ihm errichteten museums-
artigen Gebäude und einem Legat von zwei-
einhalb Millionen Dollar der Stadt Baltimore
hinterlassen. Bereits der Vater Walters’,
Freund von Corot, Millet und Barye, war ein
leidenschaftlicher Sammler, und die von dem
Sohne mit großem Aufwand ausgebauten
Sammlungen reichen von der ägyptischen
Kunst bis zur Moderne. Eine der bekanntesten
Erwerbungen Henry Walters’ war die der
Sammlung Marcello Massaranti für 1 Million
Dollar im Jahre 1902, — einer der letzten
Fälle, in denen Italien die Ausfuhr einer ge-
schlossenen Sammlung ohne Gegenleistung be-
willigte. Walters war außerdem Vizepräsident
des New-Yorker Metropolitan Museum, dem er
ebenfalls $ 200 000 hinterlassen haben soll.
Neuordnung des Bargello
Das Florentiner Museo del Bargello
ist neu geordnet worden. Der Plan dieser Sy-
stematisierung reicht weit zurück und stammt
noch von dem jetzigen Sopraintendenten für
Toskana, Comm. P o g g i ; die Durchführung
des Planes aber ist dem verstorbenen Prof,
de Nicola und vor allem Dr. Rossi zu
verdanken. Die Neuordnung hat den reichen
Besitz des Museums endlich so einwandfrei
durch Neugruppierung, Beleuchtungsverbesse-
rungen und kleine Umbauten präsentiert, daß
man von der Schaffung eines ganz neuen Mu-
seums sprechen kann. Das Bargello besitzt
als wichtigsten Besitz nunmehr einen Salon
des Donatello, eine „saletta“ des Michelangelo,
einen Salon des Verrocchio, einen Saal der
Majoliken und einen sehr reizvollen Korridor,
welcher die Arbeiten Cellinis vereint. Wenn
der Michelangelosaal auch klein ist, so ist seine
Anordnung doch nunmehr mustergültig. Der
Kamin von Benedetto da Rovezzano ist ent-
Ostasiatische
Kunst
CHINA-BOHLKEN
BERLIN W 9
Potsdamer Straße 16
fernt, ein sehr schöner, aber neutraler Floren-
tiner Gobelin hängt an seiner Stelle und schafft
einen guten Hintergrund für den Bacchus, der
aus dem Hof hierhergebracht worden ist. Der
Donatellosaal ist die gelungenste Schöpfung,
die gelungenste, weil hier der Museumsbesitz
am reichsten war. Das erste Stockwerk um-
faßt nunmehr noch die Sammlungen Reßmann
und Carrand; in einem der Säle der letzteren
Sammlung hat man eine neue Entdeckung
untergebracht, eine Reliefstickerei siziliani-
scher Arbeit aus dem XIV. Jahrhundert, welche
die Geschichte Tristan und Isoldes erzählt.
Das Werk trägt das Wappen der Familie Guic-
ciardini. Der kleine Korridorsaal des Cellini
befindet sich im zweiten Stock, er vereint die
beiden Entwürfe zum Perseus in Wachs und
in Bronze, das Perseusrelief, den Ganymed,
und die Büste Cosimos I. Im zweiten
Stock sind ferner die beiden Säle der Della
Robbia untergebracht. Auch die nicht gleich
reichen Sammlungen der weniger gut ver-
tretenen Florentiner haben eine wohltuende
Neuordnung erhalten. Das Museum des Bar-
gello kann heute mit zu den übersichtlichsten
Sammlungen von Florenz gezählt werden.
—th
Friedrichs II.
Falkenjagdbuch geborgen
Eine außerordentlich aufregende Bergungs-
arbeit ging im Vatikan jetzt vor sich,
eine Bergungsarbeit, die in ihren Ueber-
raschungen noch die Sensationen wichtiger
gobelins sind ohnehin nicht mehr in dem
Kapellenbau untergebracht. Doch macht man
darauf aufmerksam, daß die Seiten- und
Tragewände vor einigen Jahren eine sorgsame
Stützungsarbeit erhalten haben. Nichtsdesto-
weniger hat der Papst weitere Vorkehrungen
angeordnet. Nach den Untersuchungen be-
steht Gefahr für die Fresken durch die neue
elektrische, in der Nähe untergebrachte Zen-
trale, deren Vibrationen die Mauern erschüt-
tern. Man fürchtet, die Vibrationen mögen
Teile aus der Michelangelo-Arbeit loslösen und
herabstürzen lassen. Es soll eine Stoß- und
Erschütterungsisolierung des ganzen Kapellen-
baues versucht werden. Der Papst hat bereits
Auftrag für diese schwierigen Bauvor-
haben gegeben. Ob eine technische Möglich-
keit für eine solche Absicht besteht, ist bis zur
Stunde nicht geklärt. So wie die Dinge liegen,
sind die Michelangelo-Fresken gefährdet und
mit der Zeit fraglos einem Untergang preis-
gegeben. G. R.
Kunstgewerbe in Venedig
Die Biennale hatte bereits 1930 ihr Pro-
gramm der reinen Kunst durchbrochen und
Kunstgewerbe, allerdings nur für ein Sonder-
gebiet, zugelassen. Bei der Wiederholung 1932
sind weitere Kunsthandwerkssalons beabsich-
tigt, ohne daß man damit jedoch der Triennale
eine Konkurrenz machen wollte. Für das Jahr
1932 sind Salons für Spitzen, für Mosaik und
Kunstschmiedeeisen vorgesehen. Mit diesen
drei Gruppen hat man gerade die in Venetien
Nicolas Poussin, Erziehung des Jupiter
L’edueation de Jupiter —■ The nurture of Jupiter
95 : 118 cm — Dulwich Gallery
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Burlington House, London
Ausgrabungen übertrifft. Man weiß — selbst
im Vatikan —- gar nicht, was eigentlich alles
unter den Trümmern des Bibliothekspalastes
begraben liegt. Außerdem fürchtet man den
Regen. Als der Palast einstürzte, herrschte
jenes kalte sonnige Winterwetter Roms, wel-
ches den begrabenen Schätzen kaum einen
Schaden zufügen konnte, aber ehe noch ein Be-
helfsdach errichtet werden konnte, setzte der
regenbringende Südwind ein, und drei Tage
hindurch regnete es nahezu unaufhörlich auf
die unbedeckten Trümmer. Die Hoffnung,
wenigstens noch halbzerschlagene, aber sonst
nicht verwaschene Bücher aus dem Schutt be-
freien zu können, ist damit auf ein Minimum
gesunken. Noch ehe der Regen aber einsetzte,
hat man ein Unikum aus dem Gestein hervor-
ziehen können, dessen Verlust überhaupt noch
nicht bemerkt war. Es handelt sich um den
im 12. Jahrhundert geschriebenen Kodex
„Caccia al falcone“, der dem Staufenkaiser
und König beider Sizilien Friedrich dem Zwei-
ten gehörte und der nachträglich im Besitz
der anjouanischen Könige mit Miniaturen illu-
striert worden ist. Die Illustrierungen sind
wahrscheinlich in der Mitte des 13. Jahrhun-
derts vorgenommen worden. Dieser Kodex ist
nahezu heil zum Vorschein gekommen und gibt
berechtigte Hoffnung, daß noch andere seltene
Werke gerettet werden könnten, sofern das
Behelfsdach noch zur rechten Zeit den Regen
abzuhalten in der Lage ist. Andererseits hat
aber die Auffindung des friderizianischen
Kodex die Vermutung aufkommen lassen, daß
in dem Schutt noch andere Bibliotheksteile
vergraben sind, deren Verlust man noch gar
nicht bemerkt hat, und daß damit ein Schaden
über das zunächst geglaubte Maß hinaus ent-
standen ist. Eine genaue Kontrolle ist nicht
möglich, da das ganze Katalogmaterial der
Vatikanbibliothek verloren ist.
Im Vatikan herrscht zur Zeit die größte
Besorgnis, daß sich weitere Einstürze ereignen
könnten, und es sind bereits Befürchtungen
für die Sixtinische Kapelle mit ihren kostbaren
Fresken ausgesprochen worden. Die Raffael-
*
besonders ausgebildeten Kunstgewerbe erfaßt,
und zwar außerdem diejenigen, welche inner-
halb der letzten drei Jahre durch die intensive
Arbeit des „Istituto Veneto per il lavoro“ eine
vollkommene stilistische Erneuerung erfahren
haben. Namentlich auf die neuen Leistungen
in der italienischen Schmiedeeisenkunst wird
man die Aufmerksamkeit der hohen Originali-
tät der Arbeiten wegen lenken müssen. Die
venezianische Spitze hat sich dank der Be-
mühungen der Spitzenschule von Burano mit
ihrem verständnisvollen Leiter Graf Girolamo
Marcello nicht nur im Vollbesitz der alten
reichen Technik erhalten, sondern vor allem
stilistisch neue und erfreuliche Wege zu gehen
versucht. Was die Mosaikwerkstätten — unter
der Führung der hochmodernen und glänzen-
den Schule von Spilimbergo — zu zeigen in
der Lage sein werden, wird man freilich erst
abwarten müssen.
Preise auf der Biennale
Für die Biennale von Venedig, an der
Deutschland bekanntlich nicht teilnehmen
wird, sind soeben eine Reihe von Preisen aus-
geschrieben worden. Unter ihnen befinden sich
ein 50 000-Lire-Preis für ein Gemälde, ein
50 000-Lire-Preis für eine Statue, je ein 10 000-
Lire-Preis für die gleichen Arbeiten, ein
10 000-Lire-Preis für eine Medaille und ein
10 000-Lire-Preis für ein Porträt, sei es als
Gemälde oder als Büste. Die Preise sind von
den Ministerien, von der italienischen Jugend-
organisation, von dem Rotaryklub und von dem
Grafen Volpi gestiftet. Bedingung für alle
konkurrierenden Bilder oder Statuen ist die
Festlegung des Themas: Sämtliche Kunstwerke
haben die zehnjährige Herrschaft des Faschis-
mus zu verherrlichen. Der Wettbewerb ist nur
für italienische Künstler offen und die Be-
stimmung der Kunstwerke in ihrer Verwen-
dung ist bereits festgelegt. Sie werden in ver-
schiedenen Ministerien und ähnlichen öffent-
lichen Gebäuden untergebracht werden, haben
infolgedessen z. T. vorgeschriebene Ausmaße.
Moskauer Chronik
Künstlerbesuche aus Amerika scheinen in
Moskau permanent zu werden, und wiederum
ist von einem solchen zu berichten. Durch
Vermittlung der „Gesellschaft für kulturelle
Verbindung der Sowjetunion mit dem Aus-
lande“ machten -wir die Bekanntschaft der
interessanten amerikanischen Bildhauerin
Minna R. H a r k a v y , deren Werke zu einer
kleinen, aber gewählten Schau im „Museum
moderner westlicher Kunst“ vereinigt waren.
— Die Künstlerin stammt aus Dorpat, kam
jedoch bereits in Kindesjahren nach Amerika,
wirkte dort anfänglich als Schullehrerin und
erst später widmete sie sich ganz der Plastik,
wobei sie ihre künstlerische Ausbildung in
Paris unter der Leitung Bourdelles vollendete.
Die in Moskau ausgestellten Skulpturen
Minna R. Harkavys zeugen von starkem, fast
mannhaftem Talent, und das Frauenhafte
kommt vielleicht nur in dem Vorwiegen von
Masken, Charakter- und Porträtköpfen zum
Ausdruck, wie ja überhaupt das Bildnis stets
zum Besten gehört hat, was Frauenkunst ge-
schaffen. Miß Harkavy behandelt ihre Köpfe
in einer breiten Manier mit weiten Flächen,
und ihre Vorliebe für Bronzeguß, im be-
sonderen auch für poliertes Messing, verleiht
diesen Bildwerken oft auch eine apparte de-
korative Wirkung. Ganz ausgezeichnet war
u. a. die Bronzebüste eines singenden Negers.
P. E.
Personalien
Julius Goldschmidt f. Der Seniorchef des
bekannten Frankfurter Antiquitätenhauses
J. & S. Goldschmidt, Herr Julius Goldschmidt,
ist im Alter von 74 Jahren gestorben. Der
Verstorbene gehörte zu den international be-
kannten und hervorragendsten Gestalten des
deutschen Kunsthandels der Vorkriegszeit und
hat der Firma ihre heutige Bedeutung ge-
sichert.
Alfred Hess f. Mit Alfred Hess, der in
Erfurt im Alter von 51 Jahren unerwartet ver-
starb, verliert Deutschland einen der fein-
sinnigsten und tatkräftigsten Sammler
moderner Kunst. Hess gehörte zu den ersten,
die Lehmbruck, Marc, Kokoschka, Klee und die
Meister der Brücke gesammelt haben.
Robert Sterl f. Der bekannte Dresdener
Maler Robert Sterl, einer der Führer des deut-
schen Impressionismus, ist am 10. Januar auf
seinem Landsitz Naundorf verstorben. Als
Landschafter wie als Porträtist gleich ange-
sehen, sind die Hauptwerke des Künstlers
längst fester Besitz der verschiedenen deut-
schen Museen. Für den Katalog der ersten
Kollektivausstellung des Meisters in Chemnitz
1928 schrieb Max Liebermann das Vorwort.
UNTER KOLLEGEN
Was die Jüngsten träumen . . .
— Sag, Mutti, wann bin ich denn endlich
alt genug, um auch lange Hosen tragen zu
dürfen ?
W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennöstr. 12
B 2 Lützow 4739
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
Antiquitäten
KUNSTHAUS MALMEDE
vormals Malmede & Geissendörfer, gegr. 1897
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbeln,
Antiquitäten
Direktion und Schriftleitung: Dr. J. I. von S a x e. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch. Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Fritz-Eduard Hartmann, Berlin-Friedenau. — Erscheint im:
Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf
Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwor-
tung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H., Berlin SW 19
DIE WELTKUNST
Jahrg. VI, Nr. 3 vom 17. Januar 1932
N&AiaftUkfeife von Uebesr&ü
Gefährdung
der Wartburg-Kunstschätze?
Als die Wartburg aus dem Besitz des wei-
marischen Fürstenhauses in den der Wart-
burgstiftung überging, wurde den Mitgliedern
des großherzoglichen Hauses bis zu dessen
Erlöschen ein Wohnrecht für bestimmte Räume
der Burg und ein Verfügungsrecht über alle
beweglichen Sachen zugestanden, die zur Aus-
stattung dieser Räume dienen. Auf Grund
dieser Abmachung hat das großherzogliche
Haus vor einiger Zeit einen sehr wertvollen
gotischen Wandteppich veräußert, der sich
dann in Frankreich, in Stücke zerschnitten,
wiederfand und, nur noch unvollständig und
entwertet zurückgebracht werden konnte. Da
das großherzogliche Haus sich nach dem
Wortlaut des Vertrags zu diesem Vorgehen
berechtigt glauben konnte, dieses aber weder
einer sinngemäßen Auslegung der Abmachun-
gen noch dem Willen des Großherzogs Karl
Alexander entspricht, der die Wartburg samt
ihrem Inhalt zum Besitztum des gesamten
deutschen Volkes bestimmte, beschäftigt sich
die Wartburgstiftung gegenwärtig mit der
Frage, wie der Wiederholung eines solchen
Falles vorgebeugt werden kann.
Ein Kubin-Archiv
In jahrelanger Sammelarbeit hat Dr. Kurt
Otte in Hamburg ein Kubin-Archiv zu-
sammengebracht, das nach vorhergehender An-
meldung zugänglich ist. Die Sammlung,
deren Katalogisierung im Gange ist, umfaßt
außer den Buchillustrationen und Mappen-
werken des Künstlers die Literatur über ihn,
biographisches, photographisches, grapholo-
gisches und sogar astrologisches Material und
in einer eigenen Abteilung an Kubin be-
gangene Plagiate.
Sammlung
Henry Walters für Baltimore
Der kürzlich verstorbene Henry Walters,
einer der Eisenbahnkönige der U. S. A., hat
seine gesamten, riesigen Sammlungen zusam-
men mit dem von ihm errichteten museums-
artigen Gebäude und einem Legat von zwei-
einhalb Millionen Dollar der Stadt Baltimore
hinterlassen. Bereits der Vater Walters’,
Freund von Corot, Millet und Barye, war ein
leidenschaftlicher Sammler, und die von dem
Sohne mit großem Aufwand ausgebauten
Sammlungen reichen von der ägyptischen
Kunst bis zur Moderne. Eine der bekanntesten
Erwerbungen Henry Walters’ war die der
Sammlung Marcello Massaranti für 1 Million
Dollar im Jahre 1902, — einer der letzten
Fälle, in denen Italien die Ausfuhr einer ge-
schlossenen Sammlung ohne Gegenleistung be-
willigte. Walters war außerdem Vizepräsident
des New-Yorker Metropolitan Museum, dem er
ebenfalls $ 200 000 hinterlassen haben soll.
Neuordnung des Bargello
Das Florentiner Museo del Bargello
ist neu geordnet worden. Der Plan dieser Sy-
stematisierung reicht weit zurück und stammt
noch von dem jetzigen Sopraintendenten für
Toskana, Comm. P o g g i ; die Durchführung
des Planes aber ist dem verstorbenen Prof,
de Nicola und vor allem Dr. Rossi zu
verdanken. Die Neuordnung hat den reichen
Besitz des Museums endlich so einwandfrei
durch Neugruppierung, Beleuchtungsverbesse-
rungen und kleine Umbauten präsentiert, daß
man von der Schaffung eines ganz neuen Mu-
seums sprechen kann. Das Bargello besitzt
als wichtigsten Besitz nunmehr einen Salon
des Donatello, eine „saletta“ des Michelangelo,
einen Salon des Verrocchio, einen Saal der
Majoliken und einen sehr reizvollen Korridor,
welcher die Arbeiten Cellinis vereint. Wenn
der Michelangelosaal auch klein ist, so ist seine
Anordnung doch nunmehr mustergültig. Der
Kamin von Benedetto da Rovezzano ist ent-
Ostasiatische
Kunst
CHINA-BOHLKEN
BERLIN W 9
Potsdamer Straße 16
fernt, ein sehr schöner, aber neutraler Floren-
tiner Gobelin hängt an seiner Stelle und schafft
einen guten Hintergrund für den Bacchus, der
aus dem Hof hierhergebracht worden ist. Der
Donatellosaal ist die gelungenste Schöpfung,
die gelungenste, weil hier der Museumsbesitz
am reichsten war. Das erste Stockwerk um-
faßt nunmehr noch die Sammlungen Reßmann
und Carrand; in einem der Säle der letzteren
Sammlung hat man eine neue Entdeckung
untergebracht, eine Reliefstickerei siziliani-
scher Arbeit aus dem XIV. Jahrhundert, welche
die Geschichte Tristan und Isoldes erzählt.
Das Werk trägt das Wappen der Familie Guic-
ciardini. Der kleine Korridorsaal des Cellini
befindet sich im zweiten Stock, er vereint die
beiden Entwürfe zum Perseus in Wachs und
in Bronze, das Perseusrelief, den Ganymed,
und die Büste Cosimos I. Im zweiten
Stock sind ferner die beiden Säle der Della
Robbia untergebracht. Auch die nicht gleich
reichen Sammlungen der weniger gut ver-
tretenen Florentiner haben eine wohltuende
Neuordnung erhalten. Das Museum des Bar-
gello kann heute mit zu den übersichtlichsten
Sammlungen von Florenz gezählt werden.
—th
Friedrichs II.
Falkenjagdbuch geborgen
Eine außerordentlich aufregende Bergungs-
arbeit ging im Vatikan jetzt vor sich,
eine Bergungsarbeit, die in ihren Ueber-
raschungen noch die Sensationen wichtiger
gobelins sind ohnehin nicht mehr in dem
Kapellenbau untergebracht. Doch macht man
darauf aufmerksam, daß die Seiten- und
Tragewände vor einigen Jahren eine sorgsame
Stützungsarbeit erhalten haben. Nichtsdesto-
weniger hat der Papst weitere Vorkehrungen
angeordnet. Nach den Untersuchungen be-
steht Gefahr für die Fresken durch die neue
elektrische, in der Nähe untergebrachte Zen-
trale, deren Vibrationen die Mauern erschüt-
tern. Man fürchtet, die Vibrationen mögen
Teile aus der Michelangelo-Arbeit loslösen und
herabstürzen lassen. Es soll eine Stoß- und
Erschütterungsisolierung des ganzen Kapellen-
baues versucht werden. Der Papst hat bereits
Auftrag für diese schwierigen Bauvor-
haben gegeben. Ob eine technische Möglich-
keit für eine solche Absicht besteht, ist bis zur
Stunde nicht geklärt. So wie die Dinge liegen,
sind die Michelangelo-Fresken gefährdet und
mit der Zeit fraglos einem Untergang preis-
gegeben. G. R.
Kunstgewerbe in Venedig
Die Biennale hatte bereits 1930 ihr Pro-
gramm der reinen Kunst durchbrochen und
Kunstgewerbe, allerdings nur für ein Sonder-
gebiet, zugelassen. Bei der Wiederholung 1932
sind weitere Kunsthandwerkssalons beabsich-
tigt, ohne daß man damit jedoch der Triennale
eine Konkurrenz machen wollte. Für das Jahr
1932 sind Salons für Spitzen, für Mosaik und
Kunstschmiedeeisen vorgesehen. Mit diesen
drei Gruppen hat man gerade die in Venetien
Nicolas Poussin, Erziehung des Jupiter
L’edueation de Jupiter —■ The nurture of Jupiter
95 : 118 cm — Dulwich Gallery
Ausstellung — Exposition — Exhibition:
Burlington House, London
Ausgrabungen übertrifft. Man weiß — selbst
im Vatikan —- gar nicht, was eigentlich alles
unter den Trümmern des Bibliothekspalastes
begraben liegt. Außerdem fürchtet man den
Regen. Als der Palast einstürzte, herrschte
jenes kalte sonnige Winterwetter Roms, wel-
ches den begrabenen Schätzen kaum einen
Schaden zufügen konnte, aber ehe noch ein Be-
helfsdach errichtet werden konnte, setzte der
regenbringende Südwind ein, und drei Tage
hindurch regnete es nahezu unaufhörlich auf
die unbedeckten Trümmer. Die Hoffnung,
wenigstens noch halbzerschlagene, aber sonst
nicht verwaschene Bücher aus dem Schutt be-
freien zu können, ist damit auf ein Minimum
gesunken. Noch ehe der Regen aber einsetzte,
hat man ein Unikum aus dem Gestein hervor-
ziehen können, dessen Verlust überhaupt noch
nicht bemerkt war. Es handelt sich um den
im 12. Jahrhundert geschriebenen Kodex
„Caccia al falcone“, der dem Staufenkaiser
und König beider Sizilien Friedrich dem Zwei-
ten gehörte und der nachträglich im Besitz
der anjouanischen Könige mit Miniaturen illu-
striert worden ist. Die Illustrierungen sind
wahrscheinlich in der Mitte des 13. Jahrhun-
derts vorgenommen worden. Dieser Kodex ist
nahezu heil zum Vorschein gekommen und gibt
berechtigte Hoffnung, daß noch andere seltene
Werke gerettet werden könnten, sofern das
Behelfsdach noch zur rechten Zeit den Regen
abzuhalten in der Lage ist. Andererseits hat
aber die Auffindung des friderizianischen
Kodex die Vermutung aufkommen lassen, daß
in dem Schutt noch andere Bibliotheksteile
vergraben sind, deren Verlust man noch gar
nicht bemerkt hat, und daß damit ein Schaden
über das zunächst geglaubte Maß hinaus ent-
standen ist. Eine genaue Kontrolle ist nicht
möglich, da das ganze Katalogmaterial der
Vatikanbibliothek verloren ist.
Im Vatikan herrscht zur Zeit die größte
Besorgnis, daß sich weitere Einstürze ereignen
könnten, und es sind bereits Befürchtungen
für die Sixtinische Kapelle mit ihren kostbaren
Fresken ausgesprochen worden. Die Raffael-
*
besonders ausgebildeten Kunstgewerbe erfaßt,
und zwar außerdem diejenigen, welche inner-
halb der letzten drei Jahre durch die intensive
Arbeit des „Istituto Veneto per il lavoro“ eine
vollkommene stilistische Erneuerung erfahren
haben. Namentlich auf die neuen Leistungen
in der italienischen Schmiedeeisenkunst wird
man die Aufmerksamkeit der hohen Originali-
tät der Arbeiten wegen lenken müssen. Die
venezianische Spitze hat sich dank der Be-
mühungen der Spitzenschule von Burano mit
ihrem verständnisvollen Leiter Graf Girolamo
Marcello nicht nur im Vollbesitz der alten
reichen Technik erhalten, sondern vor allem
stilistisch neue und erfreuliche Wege zu gehen
versucht. Was die Mosaikwerkstätten — unter
der Führung der hochmodernen und glänzen-
den Schule von Spilimbergo — zu zeigen in
der Lage sein werden, wird man freilich erst
abwarten müssen.
Preise auf der Biennale
Für die Biennale von Venedig, an der
Deutschland bekanntlich nicht teilnehmen
wird, sind soeben eine Reihe von Preisen aus-
geschrieben worden. Unter ihnen befinden sich
ein 50 000-Lire-Preis für ein Gemälde, ein
50 000-Lire-Preis für eine Statue, je ein 10 000-
Lire-Preis für die gleichen Arbeiten, ein
10 000-Lire-Preis für eine Medaille und ein
10 000-Lire-Preis für ein Porträt, sei es als
Gemälde oder als Büste. Die Preise sind von
den Ministerien, von der italienischen Jugend-
organisation, von dem Rotaryklub und von dem
Grafen Volpi gestiftet. Bedingung für alle
konkurrierenden Bilder oder Statuen ist die
Festlegung des Themas: Sämtliche Kunstwerke
haben die zehnjährige Herrschaft des Faschis-
mus zu verherrlichen. Der Wettbewerb ist nur
für italienische Künstler offen und die Be-
stimmung der Kunstwerke in ihrer Verwen-
dung ist bereits festgelegt. Sie werden in ver-
schiedenen Ministerien und ähnlichen öffent-
lichen Gebäuden untergebracht werden, haben
infolgedessen z. T. vorgeschriebene Ausmaße.
Moskauer Chronik
Künstlerbesuche aus Amerika scheinen in
Moskau permanent zu werden, und wiederum
ist von einem solchen zu berichten. Durch
Vermittlung der „Gesellschaft für kulturelle
Verbindung der Sowjetunion mit dem Aus-
lande“ machten -wir die Bekanntschaft der
interessanten amerikanischen Bildhauerin
Minna R. H a r k a v y , deren Werke zu einer
kleinen, aber gewählten Schau im „Museum
moderner westlicher Kunst“ vereinigt waren.
— Die Künstlerin stammt aus Dorpat, kam
jedoch bereits in Kindesjahren nach Amerika,
wirkte dort anfänglich als Schullehrerin und
erst später widmete sie sich ganz der Plastik,
wobei sie ihre künstlerische Ausbildung in
Paris unter der Leitung Bourdelles vollendete.
Die in Moskau ausgestellten Skulpturen
Minna R. Harkavys zeugen von starkem, fast
mannhaftem Talent, und das Frauenhafte
kommt vielleicht nur in dem Vorwiegen von
Masken, Charakter- und Porträtköpfen zum
Ausdruck, wie ja überhaupt das Bildnis stets
zum Besten gehört hat, was Frauenkunst ge-
schaffen. Miß Harkavy behandelt ihre Köpfe
in einer breiten Manier mit weiten Flächen,
und ihre Vorliebe für Bronzeguß, im be-
sonderen auch für poliertes Messing, verleiht
diesen Bildwerken oft auch eine apparte de-
korative Wirkung. Ganz ausgezeichnet war
u. a. die Bronzebüste eines singenden Negers.
P. E.
Personalien
Julius Goldschmidt f. Der Seniorchef des
bekannten Frankfurter Antiquitätenhauses
J. & S. Goldschmidt, Herr Julius Goldschmidt,
ist im Alter von 74 Jahren gestorben. Der
Verstorbene gehörte zu den international be-
kannten und hervorragendsten Gestalten des
deutschen Kunsthandels der Vorkriegszeit und
hat der Firma ihre heutige Bedeutung ge-
sichert.
Alfred Hess f. Mit Alfred Hess, der in
Erfurt im Alter von 51 Jahren unerwartet ver-
starb, verliert Deutschland einen der fein-
sinnigsten und tatkräftigsten Sammler
moderner Kunst. Hess gehörte zu den ersten,
die Lehmbruck, Marc, Kokoschka, Klee und die
Meister der Brücke gesammelt haben.
Robert Sterl f. Der bekannte Dresdener
Maler Robert Sterl, einer der Führer des deut-
schen Impressionismus, ist am 10. Januar auf
seinem Landsitz Naundorf verstorben. Als
Landschafter wie als Porträtist gleich ange-
sehen, sind die Hauptwerke des Künstlers
längst fester Besitz der verschiedenen deut-
schen Museen. Für den Katalog der ersten
Kollektivausstellung des Meisters in Chemnitz
1928 schrieb Max Liebermann das Vorwort.
UNTER KOLLEGEN
Was die Jüngsten träumen . . .
— Sag, Mutti, wann bin ich denn endlich
alt genug, um auch lange Hosen tragen zu
dürfen ?
W. Grote-Hasenbalg
Berlin W 9, Lennöstr. 12
B 2 Lützow 4739
Islamische Kunst
Alte Teppiche und Stoffe
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KUNSTHAUS MALMEDE
vormals Malmede & Geissendörfer, gegr. 1897
Köln a. Rhein
Unter Sachsenhausen 33
Antike Kunst
in Gemälden, Plastik, Gobelins, Möbeln,
Antiquitäten
Direktion und Schriftleitung: Dr. J. I. von S a x e. Redaktion: Dr. Werner Richard Deusch. Verantwortlich für Inhalt und Anzeigen: Fritz-Eduard Hartmann, Berlin-Friedenau. — Erscheint im:
Weltkunst-Verlag G. m. b. H., Berlin W 62. — Zuschriften sind an die Direktion der Weltkunst, Berlin W 62, Kurfürstenstraße 76—77, zu richten. Anzeigenannahme bis Donnerstag beim Weltkunst-Verlag. Inseratentarif auf
Verlangen. Abdruck von Artikeln nur mit Einverständnis des Verlags, auszugsweiser Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet. Haftung für unverlangt eingesandte Manuskripte wird nicht übernommen und jegliche Verantwor-
tung, auch hinsichtlich des Veröffentlichungstermins und der Rücksendung, abgelehnt. Der Verlag übernimmt durch Erwerbung eines Manuskripts alle Verlagsrechte für dasselbe. Druck H. S. Hermann G. m. b. H., Berlin SW 19