VI. JAHRGANG, Nr. 24/25
D I E
'9' JUNI 1932
ART./rttWORLD
ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT
Nsr
LMONDErfaARIS
früher:
VVERTHEIM - BI BLOGRAPHI KON
Dr. Hans Wertheim
Alte Graphik / Gotik bis Biedermeier
Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk. 5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50
Berlin W 9, Lennestr. 7. Lützow 4512
Redaktion, Verlag und Leses aal:
Berlin W62, Kurfürstenstr.76-77 • Tel. B 5 Barbarossa 7228
Herausgeber Dr. J. I. von Saxe
INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
kpC^eint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
^t^W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
b Skonto: Deutsche Bank u. Disconto - Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
|| W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 1180 54; Den
145512; Paris 118732; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159
SER BÜRO : 23, rue Claude-Pouillet, Paris 17e, Tel.: Wagram 91-60
Picasso
Paris
Pablo Picasso, Mere avec enfant
Collection Dr. Reber, Lausanne
Ausstellung -— Exposition — Exhibition:
Galerie Georges Petit, Paris
man nicht mehr beobachtend Gefrierfleisch
verpacken, sondern die Realität wächst aus
dem Okkulten, man zerbricht die Vorurteile
von der fixierten Person (späte Erwerbung)
und den stabilen Objekten, Zeichen eines ster-
benden Gestirns. Also Kunst wäre nun nicht
mehr elende Konservenbüchse, sondern mit ihr
bewirkte man die Failliterklärung der bürger-
lich etablierten Patentwirklichkeit: Kunst ein
Mittel zum Selbstmord.
in mißglückter deformierender Photo-
der früheren. Solch minderwertiger
Vorurteile vom Menschen zu erhalten. Tech-
nik war ein Mittel, solch faulen Bluff zu
sichern.
Fixierte Realität ungefähr eine Zwangs-
jacke, doch der Mensch verspürte endlich sich
komplexer als die Mirage vom vollendeten und
stabilen Wirklichen. Nun war es zu Ende mit
Harmonie und Kongruenz; man sprang aus der
Gummizelle der Vernunft ins Leere und ver-
spürte, daß Vision und Mythe nicht Fiktionen,
Nun wiederholt man nicht mehr; der Un-
sterblichkeitsrummel bricht um, Bilder starren
nicht mehr als metaphysische Biblots, sondern
arbeiten als praktische Werkzeuge. Jetzt ver-
spürt man, daß der fixierte Mensch nur eine
Hemmung ist, sexuelle Monotonie des balzen-
den Auerhahns, und die geschätzte Technik ein
Fluchtversuch ist, ein Truc, das Erfinden zu
vermeiden. Man ist nicht mehr der Dupe des
Ebenbildes Gottes, dessen Defekte man ver-
zweifelt und farbig verbarg. Das Märchen von
der Perfektion verfällt.
Wie atmete man erleichtert auf, als Pi-
casso fand, daß der Schatten keine Wieder-
holung ist. Endlich statt der Reproduktion
ein erfreulicher Hang zur Perversion.
Malerei hatte gedient gegen alle Ahnung, die
besteht
graphie
Paraphrasenbetrieb hält erstaunlich lange an.
Wie aber, wenn Bilder Tod und Wachstum
des Realen bewirkten, und Vision und Mythus
erste Phasen des Wirklichen sind. Dann darf
L’lder sind parti pris und letzten Endes
6ü der Todesangst. Man fixiert um jeden
und nagelt das absinkende Leben in
V1 Fetzen Leinwand. Form ist eine Grenze,
L Ermüdung, umgürtet von einer tödlichen
der Anästhesie.
unfreiwillige Gründer des akademischen
V1Srnus war Adam, dieses mißglückte Foto
us boshaften Gottes. Dem Hermaphroditen
k?1 fiel nur eine Eva ein, er bildete sie
Selbstteilung und idealisierte, in seine
VeKtion verliebt, monoton seine perte rose;
’lJ1 geht es über die Spatzen des Zeuxis, das
V^equin des Pygmalion und die aristote-
V? Imitation zu den Vollkommenheiten des
> Crevin.
wiederholte zähneklappernd, war stolz
der flinke Affe der verkrachten Götter
und zementierte eine verkrüppelte,
■1'^ dßt vorgestellte“ Realität. Malerei ein
konservatives Mittel, Lehmann und
d Besitz zu sichern. Im besten Fall trifft
den failliten Objekten ein Arrange-
? j/ dann macht man Stil, ein Vergleich zu
Ä/ozent. Doch damit türmte man in das
\ ab, wobei irgendein Partner zur Fik-
U urePierte- Bald das Bild, ein andermal
/^“otiv. Erfand man tatsächlich etwas, so
M düs Verlegenheit. Bald galt Realismus,
%. Vision für einen Defekt. Die beiden
% d dualistisch auseinandergeplatzt, wie eine
, WHose-
lrklichkeit, Objekt und der schöne Emil
K 11 blöden Reproduktionsbetrieb zu parti
'^Verdichtet worden, denen man Unsterb-
erschrocken fabrizierte. Waren jene
, Waimt, so galt es unentwegt zu beobachten,
*^5 aber war das Sehen kastriert. Man be-
'V6 in den Frigidaires. der Ateliers die
(\7jd Schenkel der Urmutter Eva, geregelte
tat idealte in Madonnen, Schulze ado-
/hff Oelfarbe. Man war mit der Realität
"kj. ^amtlich verheiratet, repetierte eitel
S -Verzweifelt den schönen Menschen, damit
>11 ®den Preis man sich bestätige, statt end-
abzuschaffen (jedes wahre Gedicht
ptg n Mord des Bestehenden voraus). Das
A }var konservatives Variantenspiel, wobei
technisches Championat gekämpft
JF'r größte Teil aller Kunst ist eben
inferior und Schulbank. Einige
^V’hinielte Titanen sitzen auf Gletscher-
FW Un<^ die samtenen Schüler versuchen
, •kJ't'adene Leistung lakaienhaft nachzu-
jp • Man kämpft um das Championat der
dUkommensten ausgeführten Imitation;
Watz der menschlich unbemittelten, wobei
r15 116 mit seinem Tizian auf den Velasquez
uiig^deren einhaut. Erbenwirtschaft mit
Rente; der größte Teil aller Bilder
sondern frühe Phase und Beginn des Wirk-
lichen sind. Gleichzeitig bedeuten sie uns un-
leugbare Zeichen der Differenz zwischen dem
Menschen und dem erstarrt Wirklichen.
Letzten Endes wachsen Bilder aus dem Un-
sichtbaren und Okkulten, und alle fixierte Re-
alität, das Ich und die Objekte, sind vielleicht
ergreiste Petrefakte, Exkremente des sterben-
den Gestirns.
Narzissus alterte über gefrorener Spiege-
lung in die Akademie. Genug der Wieder-
holung. Man ist von sich degoutiert und ver-
zichtet auf Abbilder. Ursprung aller Schöp-
fung ist letzten Endes die Perversion. Doch
die Vision erzeugt Ironie gegenüber der ver-
krachten Fixiertheit. Gleichzeitig mag man
mit jener gegen eigene Besessenheit sich ver-
teidigen.
Warum sollte eine Pflanze nicht erotisch
leidenschaftlicher agieren, als alle Venusse von
Milo? Genug der anatomischen Grammatik,
die an der Perversion ihre Niederlage erleidet.
Zu Ende der Reproduktionsbetrieb, Schöpfung
beginnt. Voraussetzung hierzu: Ironische Bru-
talität gegen sich selbst, um metamorphotisch
sich zu wandeln. Man vergißt sich wie einen
alten Regenschirm und greift nicht immer
feige nach dem Personalausweis. Dies das Er-
staunliche an Picasso, wie er unerschrocken,
unablässig sich enteignet.
Kunst als Tierschutzverein ist zu Ende. Man
gebraucht Rasiermesser und schneidet die
Stricke durch. Der Hygienebetrieb vom edlen
Maß hat abgewirtschaftet.
Nachbildender Realismus ist lediglich feige
Hörigkeit. Unsere Freiheit war allzulange in
Bildern kompromittiert, die schmeichlerisch
der Erhaltung des Typs dienten, statt seine
tatsächliche Verwandlung zu bewirken. August
sah sich in sämtlichen Zeussen garantiert.
Todesängstliche Gestaltfixierung war Doktrin.
Statt daß man die chaotische Drohung- ge-
steigert und mit Bildern in das absterbende
Wirkliche kräftigen Gestaltzuwachs einge-
platzt hätte.
Statt dessen versuchte man malend ein miß-
glücktes Geschäft zu sanieren; im besten Fall
interpretierte man und Bilder blödeten als
Fiktionen. Bilder bedeuten uns nur, wann
durch sie Wirklichkeit zerstört und neu er-
zeugt wird. Also Bilder sind Werkzeuge, die
Krise zu verstärken. Sie sollen nicht dar-
stellen, sondern sein- Zu Ende die dekorativen
Apparencen und die „höhere Wirklichkeit“
ALFRED GOLD
GEMÄLDE NEUER UND ALTER MEISTER
PARIS (9e)
12 RUE GODOT DE MAUROY
(IM HAUSE DER GALERIE GEORGES PETIT)
J. & S. GOLDSCHMIDT
INC.
BERLIN
Viktoriastr. 3-4
NEW YOBE
730, Fääth Avenue
FRANKFURT
Kaiserstr. IS
PARIS
11 bis, Rue Boissy d’Angla*
NEW-YORK
55, East 57th Street
. je jKä
Kaiser
taUMNER QA LEHV
D I E
'9' JUNI 1932
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LMONDErfaARIS
früher:
VVERTHEIM - BI BLOGRAPHI KON
Dr. Hans Wertheim
Alte Graphik / Gotik bis Biedermeier
Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk. 5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50
Berlin W 9, Lennestr. 7. Lützow 4512
Redaktion, Verlag und Leses aal:
Berlin W62, Kurfürstenstr.76-77 • Tel. B 5 Barbarossa 7228
Herausgeber Dr. J. I. von Saxe
INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT
kpC^eint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. b. H.,
^t^W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
b Skonto: Deutsche Bank u. Disconto - Gesellschaft, Depositen - Kasse M,
|| W 62, Kurfürstenstr. 115. Postscheckkonti: Berlin 1180 54; Den
145512; Paris 118732; Prag 59283; Wien 114783; Zürich 8159
SER BÜRO : 23, rue Claude-Pouillet, Paris 17e, Tel.: Wagram 91-60
Picasso
Paris
Pablo Picasso, Mere avec enfant
Collection Dr. Reber, Lausanne
Ausstellung -— Exposition — Exhibition:
Galerie Georges Petit, Paris
man nicht mehr beobachtend Gefrierfleisch
verpacken, sondern die Realität wächst aus
dem Okkulten, man zerbricht die Vorurteile
von der fixierten Person (späte Erwerbung)
und den stabilen Objekten, Zeichen eines ster-
benden Gestirns. Also Kunst wäre nun nicht
mehr elende Konservenbüchse, sondern mit ihr
bewirkte man die Failliterklärung der bürger-
lich etablierten Patentwirklichkeit: Kunst ein
Mittel zum Selbstmord.
in mißglückter deformierender Photo-
der früheren. Solch minderwertiger
Vorurteile vom Menschen zu erhalten. Tech-
nik war ein Mittel, solch faulen Bluff zu
sichern.
Fixierte Realität ungefähr eine Zwangs-
jacke, doch der Mensch verspürte endlich sich
komplexer als die Mirage vom vollendeten und
stabilen Wirklichen. Nun war es zu Ende mit
Harmonie und Kongruenz; man sprang aus der
Gummizelle der Vernunft ins Leere und ver-
spürte, daß Vision und Mythe nicht Fiktionen,
Nun wiederholt man nicht mehr; der Un-
sterblichkeitsrummel bricht um, Bilder starren
nicht mehr als metaphysische Biblots, sondern
arbeiten als praktische Werkzeuge. Jetzt ver-
spürt man, daß der fixierte Mensch nur eine
Hemmung ist, sexuelle Monotonie des balzen-
den Auerhahns, und die geschätzte Technik ein
Fluchtversuch ist, ein Truc, das Erfinden zu
vermeiden. Man ist nicht mehr der Dupe des
Ebenbildes Gottes, dessen Defekte man ver-
zweifelt und farbig verbarg. Das Märchen von
der Perfektion verfällt.
Wie atmete man erleichtert auf, als Pi-
casso fand, daß der Schatten keine Wieder-
holung ist. Endlich statt der Reproduktion
ein erfreulicher Hang zur Perversion.
Malerei hatte gedient gegen alle Ahnung, die
besteht
graphie
Paraphrasenbetrieb hält erstaunlich lange an.
Wie aber, wenn Bilder Tod und Wachstum
des Realen bewirkten, und Vision und Mythus
erste Phasen des Wirklichen sind. Dann darf
L’lder sind parti pris und letzten Endes
6ü der Todesangst. Man fixiert um jeden
und nagelt das absinkende Leben in
V1 Fetzen Leinwand. Form ist eine Grenze,
L Ermüdung, umgürtet von einer tödlichen
der Anästhesie.
unfreiwillige Gründer des akademischen
V1Srnus war Adam, dieses mißglückte Foto
us boshaften Gottes. Dem Hermaphroditen
k?1 fiel nur eine Eva ein, er bildete sie
Selbstteilung und idealisierte, in seine
VeKtion verliebt, monoton seine perte rose;
’lJ1 geht es über die Spatzen des Zeuxis, das
V^equin des Pygmalion und die aristote-
V? Imitation zu den Vollkommenheiten des
> Crevin.
wiederholte zähneklappernd, war stolz
der flinke Affe der verkrachten Götter
und zementierte eine verkrüppelte,
■1'^ dßt vorgestellte“ Realität. Malerei ein
konservatives Mittel, Lehmann und
d Besitz zu sichern. Im besten Fall trifft
den failliten Objekten ein Arrange-
? j/ dann macht man Stil, ein Vergleich zu
Ä/ozent. Doch damit türmte man in das
\ ab, wobei irgendein Partner zur Fik-
U urePierte- Bald das Bild, ein andermal
/^“otiv. Erfand man tatsächlich etwas, so
M düs Verlegenheit. Bald galt Realismus,
%. Vision für einen Defekt. Die beiden
% d dualistisch auseinandergeplatzt, wie eine
, WHose-
lrklichkeit, Objekt und der schöne Emil
K 11 blöden Reproduktionsbetrieb zu parti
'^Verdichtet worden, denen man Unsterb-
erschrocken fabrizierte. Waren jene
, Waimt, so galt es unentwegt zu beobachten,
*^5 aber war das Sehen kastriert. Man be-
'V6 in den Frigidaires. der Ateliers die
(\7jd Schenkel der Urmutter Eva, geregelte
tat idealte in Madonnen, Schulze ado-
/hff Oelfarbe. Man war mit der Realität
"kj. ^amtlich verheiratet, repetierte eitel
S -Verzweifelt den schönen Menschen, damit
>11 ®den Preis man sich bestätige, statt end-
abzuschaffen (jedes wahre Gedicht
ptg n Mord des Bestehenden voraus). Das
A }var konservatives Variantenspiel, wobei
technisches Championat gekämpft
JF'r größte Teil aller Kunst ist eben
inferior und Schulbank. Einige
^V’hinielte Titanen sitzen auf Gletscher-
FW Un<^ die samtenen Schüler versuchen
, •kJ't'adene Leistung lakaienhaft nachzu-
jp • Man kämpft um das Championat der
dUkommensten ausgeführten Imitation;
Watz der menschlich unbemittelten, wobei
r15 116 mit seinem Tizian auf den Velasquez
uiig^deren einhaut. Erbenwirtschaft mit
Rente; der größte Teil aller Bilder
sondern frühe Phase und Beginn des Wirk-
lichen sind. Gleichzeitig bedeuten sie uns un-
leugbare Zeichen der Differenz zwischen dem
Menschen und dem erstarrt Wirklichen.
Letzten Endes wachsen Bilder aus dem Un-
sichtbaren und Okkulten, und alle fixierte Re-
alität, das Ich und die Objekte, sind vielleicht
ergreiste Petrefakte, Exkremente des sterben-
den Gestirns.
Narzissus alterte über gefrorener Spiege-
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die Vision erzeugt Ironie gegenüber der ver-
krachten Fixiertheit. Gleichzeitig mag man
mit jener gegen eigene Besessenheit sich ver-
teidigen.
Warum sollte eine Pflanze nicht erotisch
leidenschaftlicher agieren, als alle Venusse von
Milo? Genug der anatomischen Grammatik,
die an der Perversion ihre Niederlage erleidet.
Zu Ende der Reproduktionsbetrieb, Schöpfung
beginnt. Voraussetzung hierzu: Ironische Bru-
talität gegen sich selbst, um metamorphotisch
sich zu wandeln. Man vergißt sich wie einen
alten Regenschirm und greift nicht immer
feige nach dem Personalausweis. Dies das Er-
staunliche an Picasso, wie er unerschrocken,
unablässig sich enteignet.
Kunst als Tierschutzverein ist zu Ende. Man
gebraucht Rasiermesser und schneidet die
Stricke durch. Der Hygienebetrieb vom edlen
Maß hat abgewirtschaftet.
Nachbildender Realismus ist lediglich feige
Hörigkeit. Unsere Freiheit war allzulange in
Bildern kompromittiert, die schmeichlerisch
der Erhaltung des Typs dienten, statt seine
tatsächliche Verwandlung zu bewirken. August
sah sich in sämtlichen Zeussen garantiert.
Todesängstliche Gestaltfixierung war Doktrin.
Statt daß man die chaotische Drohung- ge-
steigert und mit Bildern in das absterbende
Wirkliche kräftigen Gestaltzuwachs einge-
platzt hätte.
Statt dessen versuchte man malend ein miß-
glücktes Geschäft zu sanieren; im besten Fall
interpretierte man und Bilder blödeten als
Fiktionen. Bilder bedeuten uns nur, wann
durch sie Wirklichkeit zerstört und neu er-
zeugt wird. Also Bilder sind Werkzeuge, die
Krise zu verstärken. Sie sollen nicht dar-
stellen, sondern sein- Zu Ende die dekorativen
Apparencen und die „höhere Wirklichkeit“
ALFRED GOLD
GEMÄLDE NEUER UND ALTER MEISTER
PARIS (9e)
12 RUE GODOT DE MAUROY
(IM HAUSE DER GALERIE GEORGES PETIT)
J. & S. GOLDSCHMIDT
INC.
BERLIN
Viktoriastr. 3-4
NEW YOBE
730, Fääth Avenue
FRANKFURT
Kaiserstr. IS
PARIS
11 bis, Rue Boissy d’Angla*
NEW-YORK
55, East 57th Street
. je jKä
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