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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 6.1932

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Nr. 37 (11. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44980#0213
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!1. SEPTEMBER 1932

VI. J AHRGANG. Nr. 37

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WOCHENSCHRIFT

ILLUSTRIERTE

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LMONDE^AKES

DAS INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst -V erlag, G. m. b. H.,
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WERTHEIM- BIBLOGRAPHIKON
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„Schluß mit dem Kunstbetrieb!"

^ine Abwehr

Von Wilhelm Waetzoldt, Generaldirektor der Staatlichen Museen, Berlin

, Im Septemberheft der Zeitschrift „Die Tat“
Dr. Ferdinand Eckhardt unter obigem Titel
Jjlhen Aufsatz veröffentlicht, in dem er neben
’6m Preußischen Kultusministerium, dem
D'chäologischen Institut des Deutschen
Riehes, der Notgemeinschaft der deutschen
Wissenschaft und den Universitäten, „diesen
°ehst problematischen Fremdkörpern im
;Mernen Staate“, auch die Staatlichen Museen
'"'■greift. Es darf den erstgenannten Behörden
j"d Instituten überlassen bleiben, sich selbst
pit den Eckhardtschen Angaben auseinander
setzen. Hier sei nur für die Museumsver-
''Mtung zu ihnen Stellung genommen.
Der Eckhardtsche Aufsatz erweckt durch
'mführung reichen Zahlenmaterials den An-
s?hein besonders sorgfältiger Arbeit. Schon
p'hige Stichproben zeigen aber, daß der Ver-
'‘Sser sich nicht die geltenden Zahlen zu ver-
schaffen gewußt oder zumindesten den
C'eußi sehen Haushaltsplan nicht zu lesen ver-
banden hat. Zuerst also die Irrtümer:
die Staatlichen Museen in Berlin und
?assel waren als „laufende Ausgaben“
^geworfen: im Jahre 1929 = 3 910 900,
*»30 = 4 233 180, 1931 = 4 143 780 RM.; für 1932
‘.'"d vorgesehen nur noch 3 489120 RM. Von
?eser gegen das Vorjahr um 654 660 RM. ge-
WWkten Summe „verschlingen“ die Staatlichen
b'aseen in Berlin und die Nationalgalerie z u -
?#imen 3 328 510 RM., und nicht etwa wie
*'%hardt meint: 3 718 460 RM. Gemessen
t B den Gesamtausgaben des K u 1 -
?sministeriums sind das 0,54 %!
5.ckhardt vergißt auch, daß die Museen
/ht nur Geld kosten, sondern auch Geld
'"bringen — nach dem Etatsansatz sind
" Einnahmen 260 000 RM. für 1932 vor-
gehen. Dieser Betrag müßte daher von den
j "seumskosten abgesetzt werden. Der Aufsatz
? der „Tat“ behauptet ferner, für die Museums-
j,6übauten seien im laufenden J ahre
7? 000 RM. ausgesetzt — in Wirklichkeit ist
Mark bewilligt. Es ist richtig, daß seit
C* die Verwaltung der Museen sich etwa
^"doppelt hat — nicht wie Eckhardt sagt ver-
'"facht —. Dazu verschweigt Eckhardt noch,
seit damals hinzugekommen sind: das
^"iser-Friedrich-Museum, die riesigen Mu-
^"isneubauten in Berlin mit allein 300 000 cbm
^"bauten Raumes, das Gebäude in Dahlem
k" das Zeughaus. Sammlungen, wie die
tj "thische Kunstabteilung, die Vorderasia-
^"he Abteilung und die Ostasiatische Kunst-
ii^ilung, gab es 1899 noch gar nicht. Eck-
h rdt erklärt, die Besucherzahl der Museen sei
7. b e r den Stand von 1929 gesunken, tat-
(l7hhch liegt sie 29% höher. Der Jahres-
<j(7chsclinitt ist nicht 800 000 Personen, son-
" rd. eine Million usw. usw.
I^/ach den Irrtümern die Widersprüche:
ijj. "ardt stellt den Berliner, aus öffentlichen
n erhaltenen Museen gegenüber das
t^^Politan-Museum in New York, das zu
ktjjj drei Vierteln der Kosten von Sammlern
Händlern erhalten wird, betont aber etwas.
^Or>er> daß in Deutschland nicht nur die
eri Sammler vergangener Zeiten, sondern
die kleinen fortfallen. Also bleibt es
bei der Verpflichtung des Staates zur

Unterhaltung seiner Museen? Unbekannt
dürfte Eckhardt sein, daß man in Amerika
jetzt bemüht ist, aus äußeren und inneren
Gründen die Museumspflege den privaten
Händen zu entziehen und der öffentlichen

Fland allein anzuvertrauen. — Eckhardt möchte
beweisen, daß die Museen zu hohe Preise für
Kunstwerke bezahlt haben, als Beispiel wählt
er Greco. Darüber müßte er sich aber mit
den Bayern auseinandersetzen, denn: da wir


Tanzender Shiva. Südindien, 12. — 15. Jahrhundert
Collection Baron von der Heydt

leider keinen Greco besitzen, können wir viel-
leicht für die Unterlassung des rechtzeitigen
Ankaufs eines Werkes dieses großen Meisters,
nicht aber für Überzahlung eines Bildes zur
Verantwortung gezogen werden. Wenn der
Marktwert eines Meisters sinkt, will Eckhardt
den Direktor für frühere Ankäufe zu höherem
Preise, also wegen Wertminderung bestrafen.
Sollte es nicht billig sein, den Direktoren
solchen vereinzelten Fällen gegenüber die so
viel häufiger eintretenden späterer Wert-
Steigerung der von ihnen rechtzeitig und
billig erworbenen Objekte zugute zu halten ? —
Schließlich: wie soll nun eigentlich er-
worben werden? Liebermann sagt, „das ein-
zige Kriterium sei die Qualität“, Eckhardt
sagt, das einzige Kriterium sei „der unersetz-
bare künstlerische und nationale Wert“.
Gegensätze oder zwei Formulierungen für ge-
nau die gleiche Sache? Eckhardt meint, die
Museen treiben Raubbau an der modernen
Kunst, weil sie nur die Werke von ein paar
Dutzend Künstlern pflegen, alle übrigen aber
ostentativ übersehen. So muß man also auf
breiterer Basis und weniger anspruchsvoll in
den Museen sammeln? Ganz im Gegenteil,
sagt derselbe Eckhardt: der Staat soll „das
Sammeln lebender Kunst, sofern er es nicht
abschaffen kann“, „restlos den Privaten über-
lassen“. Arme lebende Kunst! Auch die alte
Kunst soll möglichst lange „am Leben“ er-
halten bleiben, „zu dem Zweck, zu dem sie ge-
schaffen wurde“. Wir glaubten bisher, daß
für zahllose Werke alter Kunst die rechtzeitige
Verbringung in den sicheren Hafen eines
Museums die einzige Möglichkeit sei, sie „am
Leben“ und damit der Welt zu erhalten.
Denkmalspflege zu üben ist die
Uraufgabe jedes Museums.
Eckhardt ist Kunsthistoriker — er sieht
nichts als „Kunst“ in den Museen, er glaubt,
die Museumsbeamten hätten sich nur mit
„ästhetischen“ Problemen abzugeben. Bei
weniger Voreingenommenheit würde er wissen,
daß in dem großen Gebiet der Völker-, volks-
kundlichen und kulturgeschichtlichen Museen
noch andere als kunsthistorische Gesichts-
punkte gelten und daß etwa die Hälfte des
wissenschaftlichen Museumsstabes aus Nicht-
Kunstgelehrten besteht.
Der Berliner Museumsleitung wird von
Eckhardt vorgeworfen, sie sei zu einer „Stätte
der Gelehrsamkeit“ geworden, sie predige dem
Volke eine Kunst, die nicht die seine sei und
bediene sich eines Maßstabes, der in erster
Linie die händlerische Bewertung im Auge hat.
Der Tatsache, daß die Berliner Museen nicht
nur Schauhäuser, sondern auch Forschungs-
stätten sind, verdanken sie es, daß sie den
Vorsprung älterer und reicherer europäischer
Sammlungen im Laufe einer über hundert-
jährigen Geschichte haben einholen können.
Die weltberühmte Kennerschaft eines Bode,
die wissenschaftliche Forschungs- und
Grabungstätigkeit unserer Völkerkundler, Prä-
historiker und Archäologen haben dem
preußischen Staat Millionenwerte zugeführt,
an denen gemessen die Gehälter dieser Be-
amten federleicht wiegen. Ein einziger
dilettantischer Ankauf kann die Steuerzahler
mehr kosten als die Besoldung von einem
Dutzend Fachgelehrter. In den traditionellen
wissenschaftlichen Grundlagen der deutschen
Museumsarbeit erblickt das gesamte Ausland,
besonders Amerika, einen nachahmenswerten
Vorzug, der sogar bis zu einem gewissen
Grade unsere finanzielle Unterlegenheit aus-
geglichen hat. Eckhardt behauptet, die „Aus-
wirkung der Privatambitionen“ von Wissen-
schaftlern käme „höchstens einem ver-

Brunner oi-Rv new-york
55, East 57,h Street
 
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