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D I E


4 DEZEMBER 1932

VI. JAHRGANG, Nr. 49

ART////(WORLD

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT LMONDE^AKES

DAS INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE UND IHREN MARKT

Erscheint jeden Sonntag im Weltkunst-Verlag, G. m. Jb. H.,
Berlin W62, Kurfürstenstr. 76-77. Telegramm-Adresse: «Weltkunst Berlin».
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Man abonniert beim Verlag, bei der Post oder bei den Buchhändlern.
Einzel-Nummer 50 Pfennig. Quartal für Deutschland inklusive Postzustellung
Mark 4,50; Lieferung durch den Verlag im Umschlag Mark 5,50; für das
Ausland (nur im Umschlag) Mk.5,50; oder: Tschechoslowakei Kc 45; Frank-
reich und Belgien fr. Frs. 35; Holland hfl. 3,25; Schweiz und die nicht ange-
führten Länder sfrs. 7; Übersee $ 1,50; Sammelmappen pro Jahrgang Mk. 4,50

WERTHEIM-BIBLOGRAPHIKON
Inh. Dr. Hans Wertheim Alte Graphik / Gotik biS Biedermeier Berlin W9, Lennestr. 7. Lützow 4512

Zur Reform der Kunstauktion
Von Karl Haberstock, Berlin

Sueton, ein Zeitgenosse des Tacitus, berich-
tet in seinen Kaiserbiographien „Die 12 Cä-
saren“, daß Cajus Caligula, wenn er Geld
brauchte, eine Auktion ansetzte, um Gegen-
stände aus seinem Besitz zum Verkauf zu brin-
gen. „Er machte selbst die Preise und stei-
gerte dieselben dergestalt, daß manche, ge-
zwungen, solche Dinge für ungeheuren Preis
und mit Hingebung ihres ganzen Vermögens zu
erstehen, sich die Adern aufschnitten. Es ist
eine bekannte Tatsache, daß, als Aponius Sa-
turninus einmal auf der Käuferbank einnickte,
der Ausrufer von Caligula die Weisung erhielt,
er solle doch den vornehmen Mann von präto-
rischem Range, der ihm so häufig mit dem
Kopfe zunickte, nicht außer acht lassen, worauf
denn das Bieten solange fortgesetzt wurde, bis
dem Manne, der von nichts wußte, für 9 Mil-
lionen Sesterzien (1% Millionen M.) zuge-
schlagen wurde.“
Diese kleine Anekdote mag sine ira et
studio zeigen, daß damals schon auf Auktionen
solche Mätzchen üblich waren und denjenigen
Versteigerern, die ohne diese nicht auszu-
kommen glauben, sei empfohlen, als Schutz-
patron den Cäsar Caligula sich zu nehmen.
Da dieses Kopfnicken heutzutagen so selten
von den Käufern getätigt wird, so haben
manche Auktionatoren es übernommen, ihrer-
seits ständig mit dem Kopf zu nicken und dabei
Zahlen zu murmeln, ohne daß jemand im Saale
auch nur Miene macht, ein Gebot abzugeben.
Und damit kommen wir schon zu einem der in
letzter Zeit vielfach gerügten „Schönheitsfehler
der Auktionen“, nämlich zu den Luftgeboten.
Die Bilder werden durch diese Machenschaften
von manchen Auktionatoren hinaufgeboten bis
zum Limit. Die Verordnung, die den „Ge-
schäftsbetrieb der Versteigerer in Preußen“
regelt, schreibt in § 37 S. 59 vor: „der Verstei-
gerer hat das Mindestgebot, das der Auf-
traggeber festgesetzt hat, vor der Auf-
forderung zum Bieten anzugeben.“
Manche Versteigerungsfirmen scheinen sich
hartnäckig zu weigern, dieser Vorschrift nach-
zukommen. „Kunst und Künstler“ wies kürz-
lich darauf hin, daß „bei der viel beredeten
Auktion Kappel endlich einmal mit gewissen
Gewohnheiten gebrochen worden ist. Klipp
und klar ist erklärt worden, daß Stück um
Stück zurückging, weil die Limite zu hoch
Waren. Die Öffentlichkeit hat der versteigern-
den Firma einmütig zugestimmt, befriedigt
darüber, daß einem oft empfundenen Mißbrauch
nun ein Ende gemacht werden solle. Gleich-
bedeutend mit der Einhaltung
dieser Vorschrift ist selbstver-
ständlich die Erklärung der

Rückkäufe. Es kann nicht, geduldet
werden, daß eine völlig gescheiterte Auktion
„durch geschickte Verschleierung der Rück-

käufe in einen Bombenerfolg umgefälscht
werden kann.“
Dr. G. Ring hat kürzlich in der „Welt-

kunst“ zum Problem der Auktion vom Stand-
punkt der Versteigerungshäuser aus Stellung
genommen. Auch sie gibt zu, „daß Mißstände
bestehen, und daß ihre Ausmerzung wichtig
und im allgemeinen Interesse erforderlich
wäre, und daß der Ruf nach einer Neuregelung
nicht ohne Berechtigung ist“. Sie berührt da-
bei auch die Frage der Garantie seitens der
Auktionshäuser. In letzter Zeit sind mehrere
Fälle bekannt geworden,
in denen Privatleute,
die sich auf die An-
gaben in Katalogen ver-
lassen hatten, schwere
Verluste erlitten haben.
Mehrere haben ver-
sucht, im Prozeßwege
ihr Geld zu retten.
Durch die von den
Auktionshäusern in den
Vorworten der Kataloge
vorgedruckte Ablehnung
jeder Haftung haben
diese Privatleute regel-
mäßig die Prozesse ver-
loren. An anderer Stelle
ist kürzlich gesagt wor-
den, „der Käufer wird
durch die Angaben des
Kataloges, die den An-
schein wissenschaft-
licher Zuverlässigkeit
erwecken mußten, in
Sicherheit gewiegt. In
Wahrheit ist die Kata-
log-Expertise noch ge-
fährlicher als der im
freien Handel verwen-
dete Echtheitszettel.
Denn hier trägt trotz
des Gutachtens der Ver-
käufer die Verantwor-
tung für die Vollwertig-
keit der Ware, und auf
der Auktion schaltet
jede Verantwortung
aus“. Es würde zu weit
führen, einzelne dieser
Vorkommnisse, die ge-
radezu grotesk sind,
hier aufzuführen. Es
mag dahingestellt blei-
ben, • ob eine reichs-
gerichtliche Entschei-
dung in solchen Fällen
nicht eine „sitten-
widrige Haftungsbe-
schränkung“ erblicken
würde. Diese haben
sich in letzter Zeit
so gehäuft, daß die
Dinge so nicht weiter gehen können. Durch
die Einführung neuer Bestimmungen müssen
die Auktionshäuser angehalten werden, mit

Valdes Leal, Madonna
Lwd. - 205 : 145 cm
Galerie Dr. Schäffer, Berlin


den Anpreisungen in ihren Katalogen künftig
vorsichtiger zu sein. Man sehe sich die Pariser
Versteigerungskataloge an, mit welcher Ge-
wissenhaftigkeit und Vorsicht sie abgefaßt
sind. Immer wieder stößt man darin auf Be-
zeichnungen wie: ecole de ... oder attribue ä ...
Auf manche Fälle dürfte der § 13 der Verord-
nung zutreffen, der den Versteigerern „insbe-
sondere das trügerische Anpreisen der zu ver-
steigernden Sachen“ verbietet. Das Gesetz
setzt dabei nicht etwa positive Kenntnis vor-
aus, Sondern sieht Fahrlässigkeit schon als aus-
reichend an.
Zwischen einem radikalen Verbot der Haf-
tungsbeschränkung einerseits und der Be-
stimmung des bürgerlichen Gesetzbuchs an-
dererseits, daß jeder Gewerbetreibende für die
Eigenschaften seiner Ware 6 Monate lang
haftet, würde sich ein Kompromiß empfehlen,
das die Garantie von 6 Monaten für Auktions-
häuser auf 6 Wochen beschränkt. Diese Be-
schränkung gäbe dann den Auktionshäusern die
Möglichkeit, nach 6 Wochen endgültig mit
ihren Auftraggebern abzurechnen.
Der Vorschlag, den Dr. G. Ring macht, daß
ähnlich wie in Frankreich für jedes Spezial-
gebiet ein Expert zu benennen ist, ist sehr be-
achtenswert. Damit sich die Käufer selbst ein
Urteil über die Qualität der Zuschreibungen im
Katalog bilden können, empfiehlt es sich, auf
einer der ersten Seiten desselben Namen und
Adressen dieser Experts mit ihren Spezial-
gebieten anzugeben.
Ein vielfach gerügter Mißstand wird in der
Verschleierung der Besitzangaben gesehen, die,
gleichviel, ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt,
auf eine Täuschung des Publikums hinausläuft.
So wird z. B. unter Voranstellung des Namens
eines bekannten Sammlers der Versteigerung
alles mögliche Versteigerungsgut beigegeben,
was durch die klein gedruckte Bemerkung „u. a.
B.“ möglichst unauffällig angedeutet ist. Ähn-
lich sind die Fälle zu beurteilen, in denen auf
dem Titelblatt sich in großer Aufmachung die
Angabe findet: „aus dem Besitz des Fürsten ..“,
möglichst noch mit der Abbildung des betref-
fenden Schlosses. Ganz klein ist an einer
Stelle, über die wohl die meisten Leute hinweg-
sehen, die Bemerkung, daß die mit Pünktchen
versehenen Gegenstände aus anderem Besitz
stammen, wobei sie in manchen Fällen einen
recht erheblichen Teil des Versteigerungsgutes
darstellten.
Man kann sich des Eindrucks nicht immer
erwehren, daß das betr. Auktionshaus dabei
dem Umstand Rechnung trägt, daß mancher
Sammler mit Recht Wert auf die Provenienz
legt und für manchen Privatmann es zweifellos
einen großen Reiz hat, Gegenstände aus ehe-
maligem Besitz einer hohen Persönlichkeit zu
erwerben. Der Gesetzgeber sieht auch eine
Täuschung des Publikums darin, „wenn über
den Ursprung der Ware unrichtige oder irre-
führende Angaben gemacht werden“ (S. 31)

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AUS VERSCHIEDENEM PRIVATBESITZ AM 7. DEZEMBER 1932, AB 10 UHR VORMITTAGS
VORBESICHTIGUNG: 3., 5. und 6. DEZEMBER
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